Kundgebung bei Haftantritt

Eskalation am Jamnitzerplatz: Linksautonome beklagen ein "Skandalurteil"

17.9.2021, 12:15 Uhr
Eskalation am Jamnitzerplatz: Linksautonome beklagen ein

© Roland Fengler, NNZ

Die umstrittene Tat liegt mittlerweile zwei Jahre zurück: Am 28. Juni 2019 wurde am Jamnitzerplatz gefeiert. Gegen 23 Uhr gerieten Linksautonome und Polizisten bei einer Kontrolle aneinander. Die Situation eskalierte - und über die Ursachen gehen die Meinungen auseinander. Nach Verhandlungen am Amtsgericht und in zweiter Instanz am Landgericht Nürnberg-Fürth wurden zwei Männer (52 und 33 Jahre alt) als besonders aggressiv auftretende Teilnehmer identifiziert und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verurteilt. Zehn Monate Freiheitsstrafe, deren Vollstreckung ausgesetzt zur Bewährung, erhielt der Ältere. Der 33 Jahre alte Angeklagte musste am 15. September zu einer Haftstrafe von 14 Monaten antreten - und dieser Gang wurde von einer Kundgebung begleitet.

Eskalation am Jamnitzerplatz: Linksautonome beklagen ein

© Michael Matejka

Die "Klassenjustiz" und ihre "uniformierten Lakeien" haben einmal mehr einen Unschuldigen hinter Gitter gebracht - so der Tenor der Redebeiträge vor den Toren der Justizvollzugsanstalt (JVA). Am angrenzenden Gebäude der Staatsanwaltschaft öffneten sich einige Fenster, Kundgebungen nahe der Justizgebäude sind selten. Musik und Redebeiträge wechselten sich ab, linke Aktivisten verabschiedeten sich von ihrem Freund "Jan" und wollten die Öffentlichkeit über das "Skandalurteil" informieren. Im Behördengebäude schlossen die Zuhörer ihre Fenster bald wieder. Ein Mannschaftsbus der Polizei stand vor Ort.

Zu viel Krach, zu wenig Kontrollen

Am Jamnitzerplatz, nur wenige Minuten von der JVA entfernt, stehen sich Aktivisten und Polizisten seit Jahren gegenüber - und auch dort ist man über die Vorkommnisse in der 9300 Quadratmeter großen Gostenhofer Grünanlage geteilter Meinung. Einige Anwohner klagen über zu viel Krach und zu wenig Kontrollen, andere über zu viel Polizei. Und nun geht "Jan in den Knast, nur weil er die Cops angeschrien hat", so der Tenor der Kundgebung.

Polizisten kapitulierten

In der Linken Szene ist man der Meinung, dass die Polizeikräfte an jenem 28. Juni 2019 allenfalls ein wenig laut und unfreundlich aufgefordert wurden, abzuziehen und die Parknutzer in Frieden zu lassen. Daher wurden auch die Strafverfahren übertrieben hoch gehängt. Überdies hat die damalige Beweisaufnahme die Szene nicht überzeugt. Eine junge Polizistin versicherte, "Jan" identifiziert zu haben, dagegen bestätigte ein Alibizeuge aus der Szene, dass "Jan" an jenem Abend gar nicht vor Ort war.

Die Deutung der Strafgerichte - der Fall ging durch alle Instanzen - fiel anders aus: Dem Alibizeugen wurde kein Glauben geschenkt, die Gerichte zeigten sich davon überzeugt, dass die Polizisten so massiv bedroht wurden, dass sie in jener Nacht ihre Kontrollen abbrachen.

Musik aus tragbaren Boxen

Damals saßen mehrere Grüppchen am Jamnitzerplatz zusammen und beschallten die Grünanlage mit Musik aus tragbaren Boxen. Anwohner beschwerten sich über die Ruhestörung, die Polizei kontrollierte - bis aus Richtung des Szenetreffs "Schwarze Katze" 50 bis 60 Personen angerannt kamen und die Beamten einkreisten. Aggressiv wurde "Bullen raus" skandiert und "Ganz Nürnberg hasst die Polizei". Laut Urteil hielt "Jan" eine Holzlatte in der Hand und titulierte eine Polizistin als "Bullenschlampe". Die Polizisten zogen ab - und mussten sich am nächsten Tag von Anwohnern vorwerfen lassen, kapituliert zu haben.

Polizist wechselte die Stelle

Die Linksaktivisten sind heute überzeugt: Der Abzug glich einer Demütigung - und deshalb verlor "die Staatsmacht" vor lauter Verfolgungseifer Maß und Ziel aus den Augen. In der Kundgebung wurde auch beklagt, dass die Ereignisse der Juninacht aufgebauscht wurden. Doch fest steht auch: nach jenem Abend am Jamnitzerplatz fühlte sich ein Polizist so bedroht, dass er sich auf eine andere Stelle bewarb.