Explosion in Beirut: Ammoniumnitrat lagert auch am Nürnberger Hafen

11.8.2020, 14:35 Uhr
Das Übungsszenario der "Oleum": Wegen eines Brandes in unmittelbarer Nähe drohte ein Druckausgleichsbehälter zu explodieren und musste gekühlt werden. Zu sehen sind auf dem Foto Spezialisten der BayernOil aus Ingolstadt.

© Stefan Hippel Das Übungsszenario der "Oleum": Wegen eines Brandes in unmittelbarer Nähe drohte ein Druckausgleichsbehälter zu explodieren und musste gekühlt werden. Zu sehen sind auf dem Foto Spezialisten der BayernOil aus Ingolstadt.

Andreas Franke, Pressesprecher der Stadt Nürnberg, gibt auf Anfrage der Redaktion aber Entwarnung. Zwar werde bei zwei Firmen am Nürnberger Hafen durchaus Ammoniumnitrat gelagert und umgeschlagen. Allerdings in Form von ammoniumnitrathaltigem Düngemittel, einem Stoff, der von Unternehmen im Agrarbereich benötigt wird. Das Düngemittel, das am Hafen umgeschlagen wird, gehört einer ganz anderen Ammoniumnitratgruppe an, als der Stoff, der in Beirut zu der verheerenden Explosion geführt hat.

Ammoniumnitrat gibt es laut Franke in Gruppen von A bis E. Der Stoff, um den es am Nürnberger Hafen geht, gehört zur Gruppe C – und die ist bei weitem nicht so gefährlich wie das Ammoniumnitrat in Beirut, so Franke. "Die Düngemittel der Gruppe C sind nicht ,massenumsetzungsfähig‘ oder ,massenexplosiv‘ wie Ammoniumnitrat der Gruppe A", sagt er. "Das heißt, das ganze gelagerte Ammoniumnitrat kann nicht innerhalb von einem Bruchteil einer Sekunde auf einmal detonieren, wie in Beirut." Vielmehr erlösche bei Wegfall der Hitzequelle bei der Gruppe C auch sofort der Brand des Düngemittels. Überhaupt: Die Menge, die in Nürnberg lagert, ist auch viel kleiner als die in Beirut.

Viele Gefahrstoffe

Ammoniumnitrat ist jedoch nicht der einzige gefährliche Stoff, der in Nürnberg gelagert wird. In Nürnberg gibt es laut Franke derzeit insgesamt zwölf sogenannte Störfallbetriebe, zu denen auch die beiden Unternehmen am Hafen gehören – also Betriebe, für die die Störfall-Verordnung Anwendung findet, weil dort gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die bestimmte Mengenschwellen überschreiten, die in der Störfall-Verordnung vom Gesetzgeber definiert wurden.


Ist Bayern für eine solche Katastrophe gerüstet?


Vier der zwölf Betriebe gehören zur "oberen Klasse". Sie werden einmal im Jahr von der Feuerwehr, dem Umweltamt, dem Gewerbeaufsichtsamt und der Regierung von Mittelfranken überprüft. Die Gefahrenstoffe, mit denen die Betriebe dort zu tun haben können Chemikalien sein, oder auch Benzin oder Flüssiggas.

Die anderen acht Störfallbetriebe im Stadtgebiet gehören zur "unteren Klasse" – hier finden die Störfallbegehungen nur alle drei Jahre statt. Die Stoffe, um die es in dieser Klasse geht, können Flaschengas, Kleber und andere Gefahrgüter sein. In dieser Klasse sind zum Beispiel auch der Klärbetrieb (dort wird Methanol gelagert) oder das N-Ergie-Heizkraftwerk Sandreuth mit seinem Heizöl und Erdgas enthalten.


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Sorgen muss man sich jedoch nicht machen. "Es besteht keine Gefahr für die Bevölkerung", so Franke. Für den Umgang und die Lagerung mit all diesen Stoffen gebe es schließlich strenge Vorschriften, die auch überprüft werden. Außerdem finden regelmäßig Übungen der Feuerwehr statt, damit im Ernstfall jeder weiß, was zu tun ist.

So etwa im Mai vergangenen Jahres. Da absolvierten Feuerwehr, Rettungsdienste, das Technische Hilfswerk und auch die Kliniken die Katastrophenübung "Oleum" am Hafen. Das Szenario: ein Tanklager mit 55.000 Kubikmetern Heizöl brennt. 900 Beteiligte waren im Einsatz – die Profi-Beobachter zufrieden.

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