Explosion in der Hosentasche: Nürnbergs Feuerwehr für Akkubrände gewappnet

7.4.2021, 05:59 Uhr
Einsatz mit schwerem Atemschutz und viel Wasser: Einsatzkräfte der Feuerwehr Landeck löschen auf der Arlberg-Autobahn ein in Brand geratenes Elektroauto. Nach einem Unfall kann der Akku des Wagens die Ursache für so ein Feuer sein.

© e-arc-tmp-20210210_100631-1.jpg, NNZ Einsatz mit schwerem Atemschutz und viel Wasser: Einsatzkräfte der Feuerwehr Landeck löschen auf der Arlberg-Autobahn ein in Brand geratenes Elektroauto. Nach einem Unfall kann der Akku des Wagens die Ursache für so ein Feuer sein.

Wer sich in seiner Wohnung oder in seinem Haus umsieht, kann sicher einige Geräte aufzählen, in denen Akkus verbaut ist: Laptop, Handy, Kopfhörer, E-Bike, Staubsauger, Rasenmäher oder E-Zigaretten. Auf den Markt werden immer mehr elektronische Geräte geworfen, die ohne Stromkabel auskommen, bis der Speicher auf dem Nullpunkt ist. Doch die Stromspeicher sind nicht ungefährlich, sie können unter bestimmten Umständen explodieren und in Brand geraten.

Zugegeben: Im Vergleich zur Masse akkubetriebener Geräte hält sich die Zahl der Meldungen über explodierte Akkus in Grenzen. Dennoch kommen diese Fälle vor – und das nicht nur an ferneren Orten. So kam es am Ostersonntag im oberfränkischen Kulmbach zu einem Hausbrand, weil der Akku eines Akkuschraubers explodierte. Der 37-jährige Bewohner wollte das Gerät aufladen. Die Folgen: Der Mann und seine beiden Kinder kamen in eine Klinik, weil sie während des Brandes Rauchgas eingeatmet hatten. Der Hund der Familie überlebte nicht, er starb durch eine Rauchgasvergiftung.

Akku explodierte in der Hosentasche

Eineinhalb Monate zuvor, am 16. Februar 2021, schlugen Flammen aus einem E-Auto, das in Bamberg abgestellt war. Der Pkw war an einem Ladekabel angeschlossen. Sachschaden: rund 10.000 Euro. Schlimm erging es am 20. Dezember 2018 auch einem Mann in Amberg in der Oberpfalz: Er hatte zwei Ersatzakkus für seine E-Zigarette in seiner Hosentasche. Einer der Energiespeicher explodierte und setzte die Hose und die Jacke des 32-Jährigen in Brand. Er kam mit schweren Verletzungen in eine Klinik.

Von solchen Einsätzen weiß auch Axel Topp von der Berufsfeuerwehr Nürnberg zu berichten. Der Sachgebietsleiter ist spezialisiert auf Akkus. Eine Brandmeldung kam einmal aus der Nürnberger Uni für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (WiSo). "Eine Studentin hat ihr Smartphone während der Vorlesung geladen, das Gerät explodierte, dann wurden wir gerufen", erzählt er. Der Akku wurde in ein Wasserbad gelegt, um ihn zu kühlen. Überhitzt war der Akku eines E-Rollers, der wie viele andere in der Stadt herumstand und darauf wartet, gemietet zu werden. Auch dieser Akku kam in ein Wasserbad. Gerufen wurde die Nürnberger Feuerwehr auch einmal in eine Wohnung, in der ein Akku für ein E-Bike an einem Ladekabel hing, sich schon gefährlich blähte und zu explodieren drohte. "Auch dieser Akku kam in ein Wasserbad."

Mehr Löschwasser wird benötigt

Doch was passiert da im Inneren eines Speichers eigentlich? Kracht ein Gerät auf den Boden, kann der Akku und sein Inneres Schaden nehmen. "Ist zum Beispiel eine Zelle des Lithium-Ionen-Akkus kaputt, kann es durch Überhitzung zu einem Dominoeffekt kommen, bei dem weitere Zellen Schaden nehmen", so der Fachmann. Im schlimmsten Fall kommt es dann zu einer Verpuffung oder Explosion des Akkus.

Die Hose des Verletzten: In der Tasche war der Akku für seine E-Zigarette explodiert.

Die Hose des Verletzten: In der Tasche war der Akku für seine E-Zigarette explodiert. © Polizeiinspektion Amberg

"Selbst wenn der nicht mehr am Netz hängt und mit Wasser gelöscht ist, kann er bis zu 72 Stunden danach wieder entflammen." Um das auszuschließen, müsse der Speicher lange Zeit gekühlt werden, beispielsweise in einem Wasserbad.

Gerät ein E-Auto in Brand, weil starke mechanische Kräfte auf die Batterie wirkten, etwa durch einen Aufprall des Fahrzeugs, benötigen die Einsatzkräfte zur Kühlung auch erheblich mehr Löschwasser als für einen konventionellen Brand. Die Feuerwehren müssen sich daher mit neuen Methoden der Brandbekämpfung beschäftigen, bei der Berufsfeuerwehr Nürnberg gibt es dafür einen eigenen Arbeitskreis, den Axel Topp führt.

Prüfung auf Herz und Nieren

Der Tüv Rheinland, mit seinem Sitz in Nürnberg an der Tillystraße 2, befasst sich ebenfalls mit Risiken, die von Lithium-Ionen-Akkus ausgehen können. Hier prüfen Fachleute Akkus, die auf den Markt kommen sollen oder bereits im Handel erhältlich sind, auf "Herz und Nieren". Auftraggeber sind Hersteller oder auch Verbraucherschützer.

"Das Erste woran viele denken, wenn ihr Handy auf den Boden knallt, ist: ,Oh Gott! Jetzt ist das Display zersplittert.‘ Besser wäre aber die Frage: ,Was ist mit meinem Akku passiert?‘", sagt Rainer Weiskirchen vom Tüv Rheinland. Bei solchen mechanischen Wirkungen oder auch wenn das Handy zu lange einer Hitze von außen ausgesetzt ist, kann der Akku einen Schaden davontragen, der beim Laden für ein böses Erwachen sorgen kann. So würde Weiskirchen niemals sein Handy nachts neben dem Bett aufladen - schon gleich gar nicht, wenn das Smartphone bereits heruntergefallen war. "Wenn etwas passiert, bekomme ich das nicht mit." Bläht sich so ein Akku auf, sei das ein klares Zeichen für einen Defekt. "Das bedeutet, diesen Akku darf man nicht mehr an eine Steckdose hängen."

"Akku muss zum Ladegerät passen"

Weiskirchen empfiehlt, sobald ein Akku ungewöhnlich warm wird, diesen auszutauschen. Der Tüv-Sprecher rät auch ab, nur nach dem billigsten Speicher zu suchen. Denn so passieren Unfälle, die vermieden werden können: "Wichtig ist nicht das günstigste Produkt, der Akku muss technisch zum Ladegerät passen."

Es gehe ihm nicht darum Angst, zu schüren, sondern den Blick darauf und das Bewusstsein dafür zu schärfen. "Denn die elektronischen Produkte sind erst einmal sicher."