Fall 18 der Aktion "Freude für alle"

"Fall in ein großes Loch": Chronisch kranke Nürnbergerin soll ihre geliebte Wohnung räumen

Wolfgang Heilig-Achneck

Lokalredaktion

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2.12.2022, 14:25 Uhr
Für Ingrid Z. ist der Alltag oft überschattet von düsteren Bildern und Gedanken. Jetzt hofft sie, wenigstens ihre Wohnung zu behalten, weil ihr das Sicherheit gibt. (Symbolbild)

© Julian Stratenschulte/dpa, NNZ Für Ingrid Z. ist der Alltag oft überschattet von düsteren Bildern und Gedanken. Jetzt hofft sie, wenigstens ihre Wohnung zu behalten, weil ihr das Sicherheit gibt. (Symbolbild)

Wie Menschen in psychische Krisen geraten, ist von außen häufig kaum zu verstehen. Traumatische Erlebnisse, vor allem Gewalterfahrungen, spielen nicht selten eine Schlüsselrolle. Aber manchmal liegt die Ursache buchstäblich im Dunkeln. So auch bei Ingrid Z. (alle Namen geändert). „Das hat mich von einem Tag auf den anderen gepackt, ohne dass ich mir erklären konnte, woher das kommt“, sagt sie. Damals absolvierte sie, nach ersten Jobs in der Gastronomie, gerade eine Ausbildung im Friseurhandwerk - hielt aber unter den Panikattacken nicht mehr lange durch. Dazu gesellten sich im Laufe der Jahre noch massive Depressionen.

Doch täuscht sich, wer sie für nicht mehr belastbar hält: Aufopferungsvoll kümmerte sie sich in den vergangenen drei Jahren um die Pflege ihrer Mutter Sophie. Die war, mit gerade mal 70 Jahren, nach einer Wirbelbruch nie mehr richtig auf die Beine gekommen - zugleich verschlimmerte sich laufend ihre Atemwegs- und Lungenerkrankung COPD. "Ursprünglich hatte es immer geheißen, sie habe Asthma", erzählt die 33-Jährige. "Es war dann schon ein Schock zu erfahren, dass alles viel schlimmer ist."

So entwickelte sie eine beinahe panische Verlustangst - und sie ließ die Mutter nur noch ungern allein. Sie gab dafür sogar ihre eigene kleine Wohnung auf und zog wieder zurück in ihr einstiges Zimmer. Umso schlimmer war die erzwungene Trennung, als die Mutter in der Hochphase der Pandemie erneut ins Krankenhaus musste. "Besuche waren ja leider nicht erlaubt." Und als sie erfuhr, dass der Mutter keinCortison mehr verabreicht wurde und sie deshalb rapide an Gewicht verlor, fürchtete sie noch mehr um das Leben ihrer liebsten Angehörigen. Zu recht: Vor bald einem Jahr erhielt Ingrid Z. die Todesnachricht, ohne dass sie sich von ihrer Mutter hätte würdig verabschieden können.

Mietverhältnis "geerbt"

Das Drama hatte allerdings eine ungeahnte Fortsetzung, die bis heute nicht ausgestanden ist: Umgehend flatterte ihr die Kündigung ins Haus. In dem Wohnhaus der Mutter waren in den vergangenen Jahren alle Einheiten in Eigentumswohnungen umgewandelt worden, der Mietvertrag der Mutter blieb freilich bestehen. Zwar versuchte der neue Besitzer, sie über eine Eigenbedarfskündigung loszuwerden. Doch das scheiterte daran, dass ihm der Nachweis nicht gelang. Die Auseinandersetzung ging bis vor Gericht, dort aber mochte niemand glauben, dass sich der Eigentümer mit seiner Frau und zwei Kindern tatsächlich mit der Zwei-Zimmer-Wohnung begnügt hätte.

Mit dem Tod von Sophie Z. hat sich die Lage indes geändert: Zwar hat die Tochter das Mietverhältnis quasi geerbt, zumal die beiden Frauen einen gemeinschaftlichen Haushalt geführt hatten. So deckte sie unter anderem auch mit ihrem Pflegegeld einen Teil der Mietkosten. Der Vermieter zog allerdings erneut vor Gericht und erwirkte diesmal tatsächlich eine Räumung. Die konnte bisher nur mit Müh und Not abgewendet werden.

"Müsste sie tatsächlich ausziehen, würde sie in ein großes Loch fallen", heißt es in dem Vorschlag des städtischen Sozialdienstes an die Weihnachtsaktion. Das bescheinigt auch ihr Facharzt. Sobald sie sich sicher fühlen kann, will Ingrid Z. auch versuchen, wenigstens stundenweise wieder eine Beschäftigung aufzunehmen und im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Ob ihr das gelingt, ist ungewiss, mit den neuen Fördermöglichkeiten im Zuge der Einführung des Bürgergelds aber könnten sich auch ihr neue Chancen eröffnen.


Am Beispiel von Ingrid Z. bittet "Freude für alle" um Hilfe für Menschen mit einer starken psychischen Erkrankung oder Behinderung. Die Spendenkonten des Vereins: Sparkasse Nürnberg: DE 63 7605 0101 0001 1011 11; Sparkasse Erlangen: DE 28 7635 0000 0000 0639 99; Sparkasse Fürth: DE 96 7625 0000 0000 2777 72. Alle Zuwendungen sind steuerlich abzugsfähig. Zur Ausstellung von Spendenbescheinigungen bitte bei Überweisungen vollständige Adresse mit angeben.

Für zweckgebundene Zuwendungen genügt die Angabe der jeweiligen Fallnummer. Alle Spendernamen werden veröffentlicht – wer das nicht wünscht, versieht seine Überweisung bitte mit dem Vermerk „anonym“. Barspenden nehmen gerne die Mitarbeiter in den Geschäftsstellen in der Nürnberger Mauthalle, in Fürth (Schwabacher Straße 106) und Erlangen (Hauptstraße 38 ) an.

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