Falschparker-Ärger: So wehrt sich Nürnbergs Feuerwehr

27.11.2020, 08:37 Uhr
Es wird eng: Muss die Feuerwehr zu Einsatzorten fahren, stößt sie nicht selten auf Fahrzeuge, die verbotswidrig abgestellt wurden. Neue Rangierhilfen wurden jetzt angeschafft, mit denen falsch abgestellte Pkw in Handumdrehen versetzt werden können.

© Michael Matejka Es wird eng: Muss die Feuerwehr zu Einsatzorten fahren, stößt sie nicht selten auf Fahrzeuge, die verbotswidrig abgestellt wurden. Neue Rangierhilfen wurden jetzt angeschafft, mit denen falsch abgestellte Pkw in Handumdrehen versetzt werden können.

Die Feuerwehrleute haben es eilig, ein silbergrauer VW Caddy steht im Halteverbot und versperrt den Weg. Was also tun, wenn jede Minute zählt, um rasch an den Brandort zu kommen? Es ist schon vorgekommen, dass Einsatzkräfte Autos mit Körperkraft auf die Seite geruckelt haben, erinnert sich Wachleiter Horst Gillmeier. Auch Schaufeln wurden zu Hilfe genommen, um die falsch geparkten Fahrzeuge wenigstens um ein paar Handbreit auf die Seite zu heben.

Diesmal ist es kein Ernstfall. Es ist eine Demonstration der Feuerwehr auf der Wache 4 am Nürnberger Hafen. Die Einsatzkräfte gehen zum Kleinalarmfahrzeug (KLAF) und ziehen vier Rangierhilfen mit Rollen heraus – es sind neue Errungenschaften der Berufsfeuerwehr. "Jedes Kleinalarmfahrzeug ist damit jetzt ausgestattet", berichtet Gillmeier.

Schlinge für gefährliche Tiere

Und so wird‘s gemacht: Vier Einsatzkräfte schieben je eine Rangierhilfe unter einen Reifen. Dann wird wie bei einem Wagenheber gepumpt, die Reifen des Caddys verlieren den Kontakt zur Fahrbahn und hängen in der Luft. Mit einem vergleichsweise geringen Kraftaufwand schieben die Feuerwehrleute den Wagen mehrere Meter auf die Seite. In nur rund zwei Minuten ist der Weg frei, der Löschzug kann weiterfahren.


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Die Berufsfeuerwehr Nürnberg hat in diesem Jahr fünf neue Kleinalarmfahrzeuge der Firma Iveco/Ziegler in den Dienst gestellt. In jedem dieser Fahrzeuge befinden sich die Rangierhilfen. Aber nicht nur die. Zur Ausrüstung im Transporter zählen unter anderem auch Werkzeuge, um Türen zu öffnen, Staubsauger, Akkulüfter, Stabblitzleuchten zur Absicherung im Straßenverkehr, ein Käfig und Kartons mit der Aufschrift "Vorsicht! Lebende Tiere", Ölbinder und eine Teleskopstange mit Schlinge – damit können die Kräfte gefährliche Tiere wie Giftschlangen einfangen.

Löschzug ausgebremst

Die neuen Rangierhilfen sind für Gillmeier aber wesentlich. Seit Jahren kämpft die Stadt gegen das Falschparken in Feuerwehreinfahrtzonen oder Zufahrten für alle Arten von Einsatzfahrzeugen. Besonders die Altstadt mit ihren engen Straßen und Gassen bereitet den Kräften in ernsten Situationen Kopfzerbrechen.

Fahrbahnen wie die Agnesgasse, die Stöpselgasse oder die Obere und Untere Krämersgasse sind so schmal gebaut, dass große Einsatzfahrzeuge wie die Drehleiter nur mit Mühe durchkommen.

Stehen hier Autos, obwohl diese da nicht parken dürften, ist die Fahrt eines Löschzuges vorerst einmal ausgebremst. Schon aus diesem Grund rückt die Feuerwehr in der Altstadt grundsätzlich mit zwei Löschzügen aus, bleibt der eine stecken, kommt wenigstens der andere schnell zum Einsatzort.

Vor zwei Jahren kam es schließlich zu einem Einsatz, der in der Stadtspitze die Alarmglocken schrillen ließ: Am 29. Oktober 2018 wird der Rettungsdienst alarmiert, in der Sperberstraße muss eine Frau reanimiert werden. Die Wohnung liegt in einer oberen Etage, das Treppenhaus ist eng. Die Rettungskräfte schaffen es nicht, die schwergewichtige Frau (120 Kilo) zu transportieren.

Die Feuerwehr wird verständigt. Doch die kommt mit der Drehleiter nicht an die Fassade heran, weil ein Lieferwagen in der Feuerwehreinfahrt steht. Mit einer speziellen Trage schaffen sechs Feuerwehrleute bei laufender Reanimation die Frau umständlich nach unten. Dabei verletzt sich ein Träger und ist nicht mehr dienstfähig. Fazit. Die Feuerwehr hat für den Einsatz ohne die Drehleiter 40 Minuten länger gebraucht. Es stand Spitz auf Knopf, die Frau konnte aber noch wiederbelebt werden.

Höhere Strafen im Bußgeldkatalog festgelegt

Was dann folgte? Die Stadt startete eine Kampagne unter dem Motto "Falschparken kostet Leben!", es gab zudem Schwerpunktkontrollen der kommunalen Verkehrsüberwachung und der Polizei. In einem dringenden Appell wand sich Bürgermeister Christian Vogel (SPD) über den Deutschen Städtetag an die Bundesregierung, dass die Gebühren und Verwarnungen für Falschparker deutlich angehoben werden müssten.

65 Euro und ein Punkt in Flensburg waren ihm zu wenig, wenn es um Menschenleben ging.
Tatsächlich wurde die Strafe im Bußgeldkatalog auf über 100 Euro angehoben. Aufgrund eines Formfehlers musste das Verkehrsministerium den überarbeiteten Katalog aber zurücknehmen. Derzeit gelten wieder die alten Strafen. Christian Vogel: "Jetzt wird ein neuer Bußgeldkatalog erarbeitet. Wir hoffen, dass es darin bei den höheren Strafen für Falschparker in Feuerwehrzufahrten bleibt."

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