Keine Verkleidung an Fasching in der Kita - Erzieherin erklärt, warum

26.2.2020, 17:21 Uhr
Keine Verkleidung an Fasching in der Kita - Erzieherin erklärt, warum

© Friso Gentsch/dpa

Die Verkleidungen könnten den Kleinen Angst und Schrecken einjagen, sagt der Psychologe Malte Mienert. Wie die Erfahrungen in der Praxis mit dem Thema sind, weiß Andrea Seuß, Gründerin und Leiterin der Krippe "Murrhäuschen" in Gostenhof.

Frau Seuß, haben Verkleidungen in einer Krippe tatsächlich nichts zu suchen oder sind hier pädagogische Spaßbremsen am Werk?

Andrea Seuß: Nein, das würde ich nicht sagen. Für viele kleinere Kinder sind Kostüme tatsächlich furchteinflößend. Sie begreifen nicht, dass im Dino-Kostüm die Mama steckt oder sich hinter der Nikolaus-Maske der Onkel verbirgt. Das liegt daran, dass Kinder ein sehr magisches Denken haben. Sie sehen dich und die Handpuppe und glauben trotzdem, dass die Handpuppe lebendig ist. Deshalb kommt Kindertheater oft auch mit wenigen Requisiten aus. Die kleinen Zuschauer haben einfach sehr viel Vorstellungsvermögen. Neulich hat sich ein Kind sogar erschreckt, weil es mich in einem ungewohnten Outfit sah, nicht sportlich-lässig wie sonst, sondern im eher eleganten Mantel. Ich musste den Mantel tatsächlich ausziehen, um die Kleine zu beruhigen. Sie hat mich einfach nicht erkannt.


Warum heißt der Fasching eigentlich Fasching?


In Ihrer Krippe ist Fasching dann also tabu?

Andrea Seuß: Nein, gar nicht, wir feiern jedes Jahr. Aber wir verkleiden uns nicht, sondern machen Farbentage. Das heißt, wir kommen alle in Gelb oder Rot oder Schwarz-Weiß und dekorieren auch die Räume dazu passend. Schon allein das hat eine enorme Wirkung und kann für manche Kinder verstörend sein. Die bleiben dann zunächst an der Türschwelle stehen und trauen sich nicht hinein. Natürlich werden sie in so einem Fall von uns gut begleitet.

Aber eigentlich macht es den Kindern doch Spaß, mal in andere Rollen zu schlüpfen?

Andrea Seuß: Kinder verkleiden sich in selbst ausgedachten Rollenspielen sehr gerne, an Fasching aber nicht unbedingt. Und auf eine völlig verkleidete Welt zu treffen, kann Angst machen. Die Maske vom Federhannes, die ich als Kind bei der schwäbisch-alemannischen Fasnet in meiner Heimatstadt Rottweil gesehen habe, hat mich lange in all meinen Alpträumen verfolgt. Damals war ich knapp zwei Jahre alt, also genau im Alter meiner Krippenkinder. Meiner Meinung nach ist es gut, mit dem Karneval nicht zu früh zu beginnen. Wenn sie älter werden, können die Kleinen besser zwischen Fantasie und Wirklichkeit unterscheiden. Und dann haben sie immer noch Zeit, sich zu verkleiden. Zuvor kann ich so etwas wie unsere Farbentage nur empfehlen, die sind nämlich auch sehr lustig und man kann die Farben gleich zum Lernthema machen. So findet der Fasching trotzdem statt und niemand ist verängstigt.

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