Frankens Amerikaner vor US-Wahl: "Wie Bürgerkrieg ohne Waffen"

2.11.2020, 05:38 Uhr
Trafen sich zum Austausch im Deutsch-Amerikanischen Institut – und nur für das Foto auf Abstand und ohne Maske (v.li.n.re.): Tim Ortez, Solana Stone, Dawn Ehrhart und Wayne Lempke, Sprecher der Regionalgruppe von Democrats Abroad.  

© Stefan Hippel, NN Trafen sich zum Austausch im Deutsch-Amerikanischen Institut – und nur für das Foto auf Abstand und ohne Maske (v.li.n.re.): Tim Ortez, Solana Stone, Dawn Ehrhart und Wayne Lempke, Sprecher der Regionalgruppe von Democrats Abroad.  

Die Spannung steigt - auch hierzulande verfolgen US-Bürger den Wahlkampf um den Chefsessel im Weißen Haus mit wachsender Nervosität. Allen voran politisch Interessierte wie die Mitglieder der Organisation "Democrats Abroad".

Um sich an dem Urnengang zu beteiligen, müssen Landsleute im Ausland selbst aktiv werden und sich in einem Bundesstaat registrieren, zu dem sie eine nachweisbare Beziehung haben. Freilich sind die Fristen inzwischen verstrichen – allein für den Postweg sind zwei bis drei Wochen einzukalkulieren.


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"Ich wusste ursprünglich nicht einmal, dass das überhaupt geht", gesteht Tim Ortez. Als Fotograf war er in verschiedenen europäischen Ländern unterwegs. "Irgendwann habe ich angefangen zu vergleichen und zu fragen, ob das eine oder andere nicht besser wäre als bei uns in den Vereinigten Staaten". So ist er eines Tages auf die "Democrats Abroad" aufmerksam geworden.

Andere schätzen deren Hilfestellung bei der richtigen Registrierung. "Unser System macht es den Leuten nicht leicht", meint der Musiker Wayne Lempke. Aber das wichtigste sei, dass die Leute überhaupt wählen. "Das ist unser Hauptziel." Mit seinen Mitstreitern will er gerade auch diejenigen motivieren, die das Vertrauen verloren haben, überhaupt etwas in ihrem Sinne Wichtiges bewirken zu können.

Mails und Social Media - und Anrufe

Lempke spricht für gut 700 registrierte Mitglieder der Auslandsorganisation der amerikanischen Demokraten, der "Democrats Abroad", in Nordbayern, einschließlich der Oberpfalz. Erst vor ein paar Monaten haben sie sich aus dem gesamtbayerischen Verbund gelöst und eine eigene Sektion gebildet. Um ihre Landsleute anzusprechen, setzten sie auf Mails und Social Media ebenso wie ganz klassisch auf Telefonanrufe und Informationsstände, vor allem rund um die US-Militärbasen.

Und erst wenn sie grundsätzlich Offenheit spüren, bringen sie auch Joe Biden als ihren Favoriten ins Spiel. Das sei, hat Dawn Ehrhart beobachtet, gerade auch bei Jüngeren gar nicht so leicht. "Viele erwarten jetzt so eine Art Messias, und das ist er nicht, sondern auch für die Demokraten eher ein Kompromisskandidat." Auf der anderen Seite sieht es übrigens nicht viel besser aus: Viele Trump-Wähler, heißt es jedenfalls, fänden den selbstherrlichen "Dealmaker" als Person keineswegs sympathisch, mögen aber, was er tut.

Riss durch die Gesellschaft

Die Konfrontation der politischen Blöcke fasst Solana Stone aus New Jersey in ein drastisches Bild: Der tiefe Riss, der sich durch die ganze amerikanische Gesellschaft zieht, komme ihr schon vor wie ein "Bürgerkrieg ohne Waffen". Natürlich hält sie in diesen Tagen noch engeren Kontakt als sonst zu ihrer Familie und zu Freunden, von denen einer schon seinen Arbeitsplatz verloren hat.

Und viele Studenten plage die Sorge, wie sie jemals ihre Schulden – vor allem aus den hohen Studiengebühren – abzahlen sollen. "Unser ganzes ökonomisches und soziales System ist instabil", meint sie. Am Herzen liegt ihr, dass jeder und jede Gruppe gleichen Zugang zu einer umfassenden Gesundheitsversorgung erhält – gerade angesichts von Corona.

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Dabei verstehen sich die "Democrats Abroad" nicht etwa nur als "Wahlhelfer", wobei die Auslandsstimmen durchaus zum Zünglein an der Waage werden können. Sondern auch als Botschafter: Dass das Ansehen ihres Landes schwer gelitten hat, lässt sie nicht gleichgültig. Im Gegenteil: "Amerika ist viel diverser, als hierzulande viele meinen, ich will da auch etwas anderes und Positiveres vermitteln", sagt Solana Stone. Parallel zu den "Democrats Abroads", die auch ganz offiziell Bestandteil der Partei sind, gibt es auch die "Republicans overseas". Sie sind allerdings anders strukturiert und in Nordbayern nicht mit einem eigenen Ableger vertreten.

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