Freude für alle - Fall 21: In der Kreativszene "fallen manche durch alle Raster"

8.12.2020, 07:42 Uhr
Luna Mittag ist seit mehr als 25 Jahren in der Nürnberger Kulturszene aktiv - unter anderem als Gründerin des Act Center Nürnberg. Die aktuellen Nöte sind ihr, auch dank intensiver Vernetzung, in allen Facetten vertraut.

© Michael Matejka Luna Mittag ist seit mehr als 25 Jahren in der Nürnberger Kulturszene aktiv - unter anderem als Gründerin des Act Center Nürnberg. Die aktuellen Nöte sind ihr, auch dank intensiver Vernetzung, in allen Facetten vertraut.

Das Kulturleben ist ausgebremst. Nach der Zwangspause im Frühjahr trifft das viele Akteure jetzt noch härter.

Frau Mittig, es gibt doch Hilfsprogramme. Reicht das nicht zum Überleben?

Luna Mittig: Generell sind die Förderungen verwirrend, unübersichtlich und wenig praktikabel. Und die wichtigsten schließen sich gegenseitig aus. Grundsicherung zum Lebensunterhalt reicht nie auch noch etwa für die Miete von Probenräumen oder andere Betriebskosten. Wer dagegen Geld aus den dafür konzipierten Programmen erhält, darf nicht auch noch Brot und Milch davon kaufen – aber nebenher auch keine anderen Quellen anzapfen. So fallen nicht wenige durch alle Raster.

Betroffen sind längst nicht nur Musiker, Tänzer und Schauspieler... Das Spektrum ist riesengroß. Dazu gehören zum Beispiel auch Fotografen, Bühnentechniker, Kulturpädagogen und, und, und...Die Programme decken nur ein Segment ab. Offenkundig sind die Politiker und Entscheider überfordert.


Freude für alle - Fall 20: Wenn der Lohn einfach nicht reicht


Was sollten sie besser machen?

Mittig: Wie die Kreativszene behandelt wird, zeigt sich schon daran, dass der jüngste Lockdown innerhalb kürzester Zeit in Kraft trat, die gleichzeitig in Aussicht gestellten Hilfen aber wochenlang auf sich warten lassen. Was sollen wir eigentlich machen, wenn uns, trotz sorgfältiger Vorplanung, plötzlich und unverschuldet alle Einnahmen wegbrechen?

Wie halten sich die Betroffenen dann über Wasser?

Mittig: Die einen nehmen simple Jobs an, die gerade zu bekommen sind, im Supermarkt oder an der Fiebermess-Station. Andere müssen Verwandte und Freunde anpumpen. Und ich kenne viele, die längst begonnen haben, nicht nur Ersparnisse aufzubrauchen, sondern sogar das verkaufen, was sie eigentlich für ihre Arbeit benötigen – vom Auto bis zum Musikinstrument. Für Angestellte gibt es wenigstens Kurzarbeit, davon kann unsereins nur träumen.

Geht überhaupt noch irgendwas?

Mittig: Teilweise wohl noch Unterricht, aber nur einzeln. Ich kann noch Sprechtraining mit Maske anbieten und Audioproduktionen wie für Hörbücher einspielen. Aber das reicht nicht zum Leben.


"Freude für alle" 2020: So funktioniert die Spendenaktion


Sind Spenden die letzte Rettung?

Mittig: Im Einzelfall wird jeder dankbar sein. Doch wir wollen ja arbeiten, leider ist es uns verboten, obwohl es überall gute Schutzkonzepte gab und gibt. Und wenn die Stadt nur zehn Prozent des für die Kulturhauptstadt eingeplanten Budgets zur Überbrückung bereitstellen würde, wäre viel geholfen.

Die "Freude für alle"-Spendenkonten:

Spk. Nürnberg: DE63 7605 0101 0001 1011 11;

Spk. Fürth: DE96 7625 0000 0000 2777 72;

Spk. Erlangen: DE28 7635 0000 0000 0639 99;

Postbank Nürnberg: DE83 7601 0085 0400 0948 54.

Für zweckgebundene Spenden genügt die Angabe der Fallnummer (bitte keine Namen!). Alle Spendernamen werden veröffentlicht (außer bei dem Vermerk "anonym"). Barspenden sind in den Geschäftsstellen der Zeitung in der Nürnberger Mauthalle, in Fürth (Schwabacher Straße 106) und Erlangen (Hauptstraße 38) möglich.

Verwandte Themen


1 Kommentar