Frust in Nürnberg: Klärung des Taxi-Skandals dauert an

7.6.2019, 19:42 Uhr
Vorrang bei der Klärung der Vorgänge hat die Staatsanwaltschaft. Sie ermittelt gegen den hauptbeschuldigten IHK-Prüfer sowie seinen Kollegen wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit.

© Roland Fengler Vorrang bei der Klärung der Vorgänge hat die Staatsanwaltschaft. Sie ermittelt gegen den hauptbeschuldigten IHK-Prüfer sowie seinen Kollegen wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit.

"Ich bin mit der bisherigen Vorgehensweise unzufrieden", klagt Wolfgang Ziegler vom Vorstand der Nürnberger Taxi-Zentrale. Obwohl seine Genossenschaft, in der rund 300 Taxi-Unternehmen zusammengeschlossen sind, sowohl der Kripo als auch der IHK zahlreiche Informationen haben zukommen lassen, sei bisher noch nichts Konkretes passiert.

Anfang Oktober letzten Jahres hatte die IHK Nürnberg zwei Mitarbeitern fristlos gekündigt, nachdem sich bei internen Recherchen der Verdacht erhärtet hatte, dass sie die zum Erwerb einer Taxi-Unternehmenslizenz nötige betriebswirtschaftliche Fachkundeprüfung gegen Bestechungszahlungen als bestanden bestätigt hatten.


So kam der Skandal um die Taxi-Lizenzen ans Licht


Nicht ordnungsgemäß abgelaufen waren diese teilweise nicht turnusgemäß angesetzten Sonderprüfungstermine schon deshalb, weil neben dem als Haupttäter geltenden IHK-Prüfer der vorgeschriebene Beisitzer – das sind ehrenamtlich berufene örtliche Taxi-Unternehmer – nicht anwesend war und von ihm die Prüfungsbescheinigung nachträglich unterschrieben wurde.

Andrang aus Berlin

Für 208 Fälle, so IHK-Sprecher Kurt Hesse, sei dies von den Prüfern eingestanden worden. Ein Großteil der Prüflinge stammte aus Berlin, wo sich die betrügerischen Machenschaften offenbar schnell herumgesprochen hatten. Um das vorgeschriebene Wohnsitzproblem zu umgehen, hatten die Berliner Bewerber kurz vor der Prüfung ihren Wohnsitz in Nürnberg angemeldet – die meisten unter der gleichen Adresse. Schon kurze Zeit später meldeten sie sich wieder ab.

Für den Entzug einer unrechtmäßig erworbenen Lizenz sind die Ordnungsbehörden der jeweiligen Stadt oder des Landratsamts zuständig. Voraussetzung dafür ist wiederum die Aberkennung der Fachprüfungsbescheinigung. Und die wiederum setzt voraus, dass der Beschuldigte angehört wurde. An 47 Taxi-Unternehmer ging laut IHK-Sprecher Hesse inzwischen ein Anhörungsschreiben raus. "Alle weiteren folgen innerhalb der kommenden Wochen." Drei Taxi-Unternehmer haben ihre Bescheide bereits kommentarlos zurückgeschickt. Andere haben die Angelegenheiten einem Anwalt übergeben.

Über 200 Beschuldigte

Vorrang bei der Klärung der Vorgänge hat die Staatsanwaltschaft. Sie ermittelt gegen den hauptbeschuldigten IHK-Prüfer sowie seinen Kollegen wegen des Vorwurfs der Bestechlichkeit. Strafbar gemacht haben sich aber auch die zahlenden Taxi-Unternehmer. "Insgesamt ermitteln wir gegen mehr als 200 Beschuldigte", sagt die Sprecherin der Behörde, Antje Gabriels-Gorsolke. Wenn das Ermittlungsergebnis "gerichtsfest" sein solle, dauere das seine Zeit.

Ungeduldig wird man unterdessen auch in der Berliner Taxi-Szene. Der Vorsitzende der dortigen Taxi-Innung, Leszek Nadolski, kritisiert scharf, dass bisher noch keine Lizenzen zurückgegeben werden mussten. "Wir haben hier den Eindruck, die ganze Sache soll unter den Teppich gekehrt werden."

Nadolskis Vorwürfe richten sich vor allem gegen die Berliner Behörden und die dortige IHK. Die Abwanderung der Lizenz-Bewerber nach Nürnberg hätte allen auffallen müssen. Ebenso, dass bei der mittelfränkischen IHK die Quote derer, die die schwere Prüfung bestanden, "von 50 auf 99 Prozent anstieg".

Hintergrund des Bewerberandrangs sei der Umstand, dass in der Hauptstadt "organisierte Banden im Taxigeschäft aktiv" seien. Die Lizenznehmer würden als Geschäftsführer einer GmbH eingesetzt, die meist nach 18 bis 24 Monaten über das osteuropäische Ausland weiterverkauft werde. "Das ist pure Verschleierungstaktik", sagt Nadolski. Sie habe dazu geführt, "dass zwei, drei Leute hier 1000 Fahrzeuge laufen haben. Und die Behörden reagieren nicht."

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