Keine schnelle Lösung

Frust und Ärger: Nürnbergs Gymnasien am Rande ihrer Kapazitäten

17.7.2021, 18:11 Uhr
Bald beginnen die Ferien, für viele Kinder endet die Grundschulzeit. Wer sich auf sein Wunschgymnasium gefreut hat, hatte nicht immer das Glück, einen Platz zu bekommen.

© Arne Dedert, dpa Bald beginnen die Ferien, für viele Kinder endet die Grundschulzeit. Wer sich auf sein Wunschgymnasium gefreut hat, hatte nicht immer das Glück, einen Platz zu bekommen.

Es war ein schwieriges Schuljahr, für Lehrerinnen und Lehrer, für Kinder und Eltern. Und es geht für eine ganze Reihe von Familien mit einer Enttäuschung zu Ende. 256 Schülerinnen und Schüler haben an ihrem Wunschgymnasium keinen Platz gefunden. Sie mussten "umgeleitet" werden, wie es in der Sprache der Schulverwaltung heißt. Die Situation beschäftigte nun auch den Schulausschuss des Stadtrats.

1580 Kinder sind für das Schuljahr 2021/22 an einem Nürnberger Gymnasium angemeldet worden. Deutlich mehr als in den Jahren zuvor. 2020/21 waren es 1457. "Diese Zahl hat uns überrascht", sagt Caroline Merkel, die Leiterin des Amts für allgemeinbildende Schulen der Stadt.

Verständnis für Familien

Die Situation bekümmert nicht nur die Familien, sondern auch die Politik. In der Sitzung des Schulauschusses äußerten die Stadträtinnen und Stadträte ihr Verständnis für Ärger und Frust. "Das Problem ist ja nicht ganz neu", sagt Catrin Seel von der CSU. Sie erinnert daran, dass das Schuljahr für die Kinder ohnehin sehr belastend war. "Und jetzt kommt auch noch die Enttäuschung hinzu, nicht ans Wunschgymnasium gehen zu können. Die großen Verschickungen quer durch Nürnberg müssen wir vermeiden."

Sonja Bauhus vom Amt für allgemeinbildende Schulen skizziert, was für die Zukunft geplant ist. So entsteht an der Breslauer Straße in Langwasser ein komplett neues Gymnasium. Das Neue Gymnasium Nürnberg (NGN) im Süden bekommt künftig einen musischen Zweig. Dadurch werde das städtische Labenwolf-Gymnasium im Norden entlastet und damit auch das städtische Johannes-Scharrer-Gymnasium, weil es derzeit zwei Klassenzimmer an das Labenwolf-Gymnasium abgeben muss. Mehr Platz habe künftig auch das Martin-Behaim-Gymnasium direkt neben dem Neuen Gymnasium, wenn der Neubau fertig ist.

Vor allem an den Gymnasien im Norden der Stadt ist die Raumnot groß. Sie soll gelindert werden, indem die älteren Schülerinnen und Schüler ausgelagert werden. An der Rollnerstraße soll ein "Oberstufencampus" entstehen.

Aus Sicht der CSU-Politikerin Seel sind diese Pläne nicht zufriedenstellend. "Das Behaim-Gymnasium ist für Kinder aus dem Norden keine wirkliche Lösung. Die Stadt brauche dort ein weiteres Gymnasium."

Verschiebebahnhof

Auch Gabriele Klaßen, Schulexpertin der Grünen, übt Kritik. "Ausbau gut und schön, aber für die Kinder, die jetzt ans Gymnasium wechseln, kommt er zu spät. Jedes Jahr haben wir wieder diesen Verschiebebahnhof." Da es in diesem Jahr weniger Anmeldungen an Realschulen gegeben habe, könne man doch dort Räume für Gymnasiasten zur Verfügung stellen, schlägt sie vor, stößt damit aber nicht auf Gegenliebe.

Klaßen hat vor allem das Scharrer im Blick. Die vielen Absagen, die die Schule erteilen musste, seien einem früheren Stadtratsbeschluss geschuldet. Das Gymnasium habe durchaus noch Kapazitäten für weitere Eingangsklassen, so Klaßen.

Die Kontingentierung gehe auf das Sparpaket zurück, das der Stadtrat in den Haushaltsberatungen im November 2007 geschnürt hat, sagt Schulreferentin Cornelia Trinkl (CSU). Damals sei die maximale Anzahl von Kindern festgelegt worden, die in die fünften Klassen aufgenommen werden. Würden am Scharrer-Gymnasium zwei weitere Eingangsklassen gebildet, ergäben sich hohe zusätzliche Personalkosten. Trinkl demonstriert das an einem Beispiel: Für zwei Klassen mit insgesamt 56 Schülern wären drei Vollzeitlehrer nötig, die rund 280.000 Euro pro Jahr kosteten. Bis zum Abitur kämen 2,5 Millionen Euro zusammen. Ziehe man die staatlichen Zuschüsse ab, fielen für die Stadt immer noch 1,2 Millionen Euro für zwei Klassen und neun Schuljahre an. Mit der diesjährigen Situation habe die Kontingentierung jedoch nichts zu tun, betont Trinkl.

Anja Prölß-Kammerer, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, springt der Schulreferentin bei. "Es ist für jede Familie eine schwierige Situation. Aber die Verwaltung hat sich bemüht, Lösungen zu finden. Es ist in diesem Jahr keine Frage der Kontingentierung, sondern der wachsenden Stadt."

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