Fußball-Akademie-Chef Günter Joschko hört auf

21.4.2014, 06:00 Uhr
Fußball-Akademie-Chef Günter Joschko hört auf

© Harald Sippel

„Ich muss nicht so im Vordergrund stehen“, sagt Joschko. Wenn die Fußball-Akademie Programme und Preisträger vorstellt, gehört die Bühne denn auch anderen: Etwa Oberbürgermeister Ulrich Maly, immerhin ist die Einrichtung im städtischen Kulturamt angesiedelt, sowie Vertretern des „kicker-Sportmagazins“ und der Teambank, die die Akademie inhaltlich und finanziell unterstützen.

Die praktische Arbeit, zum Beispiel die Organisation der jährlich im Oktober stattfindenden Preisgala und der Programmreihen (Lesungen, Diskussionsabende) erledigt indes ein kleines Team um Günter Joschko – bisher jedenfalls, denn nun hat der 59-Jährige die Leitung an seine langjährige Mitarbeiterin, die Kulturwissenschaftlerin Birgitt Glöckl, übergeben. Zehn Jahre – 2004 wurde die schon länger vorbereitete Institution letztlich gegründet – seien genug, findet Joschko: „Es ist ein ewiges Projekt.“

Aber eines, das sich etabliert hat. Die Akademie war vor allem im Hinblick auf die auch in Nürnberg stattfindende Fußball-WM ins Leben gerufen worden, doch der Ansatz der Einrichtung überdauerte das Großereignis: „Der Fußball in Deutschland hat vielfältige Bezüge, weit über das 1:0 hinaus“, heißt es in einem Konzeptpapier, das Joschko gemeinsam mit dem damaligen Kulturamtsleiter Uli Glaser im Jahr 2004 vorlegte. „Man ging in dieser Zeit in den Zeitungen weg von reiner Ergebnisberichterstattung und hat den Fußball in einen größeren Zusammenhang gestellt“, erinnert sich Joschko. „Wir sind gut im Wind gelegen.“

Bei OB Maly oder dem inzwischen verstorbenen „kicker“-Herausgeber Karl-Heinz Heimann hätten Glaser und Joschko mit ihren Vorstellungen offene Türen eingerannt. Etwas skeptischer sei zunächst Jürgen Markwirth gewesen, der dem ins Sozialreferat gewechselten Glaser bald als Chef des Kulturamts nachfolgte und damit nach wie vor für die Akademie zuständig ist: „Ich bin ihm sehr dankbar, dass er das anfangs nicht übermäßig geliebte Kind dann doch adoptiert hat“, sagt Joschko schmunzelnd.

Den Namen der Einrichtung hat sich der scheidende Leiter ausgedacht, wobei es anfangs schon Diskussionen um den Begriff „Deutsche Akademie“ gegeben habe. Sicherlich, sagt Joschko, ergebe es keinen Sinn, zur Diskussionsreihe mit Fußball-Legenden im Kulturzentrum „Südpunkt“ einen Vertreter von Fortuna Köln einzuladen, dort stehen dann schon die lokalen Repräsentanten im Vordergrund. Aber über die 2006 erstmals vergebenen, bundesweit ausgeschriebenen Preise (etwa für das beste Fußball-Buch oder das überzeugendste Fußball-Bildungsprojekt), habe die Einrichtung eben eine Ausstrahlungskraft, die keineswegs auf Nürnberg beschränkt bleibt.

Die Akademie legt den „Finger in die Wunde“, wie es OB Maly einmal formulierte – Joschkos Team holte Ausstellungen zu Sexismus, Homophobie und Rassismus im Fußball nach Nürnberg und schreckte auch sonst nie vor brisanten Themen zurück: erst kürzlich war der frühere Bundesliga-Schiedsrichter Babak Rafati zu Gast, den das harte Profigeschäft beinahe in den Suizid getrieben hätte.

Joschko agierte als Alterspräsident einer noch sehr jungen Mannschaft (neben Birgitt Glöckl gehören Christoph Zitzmann, Andreas Schade und Christian Schirmer dazu), die aber schon seit Jahren zusammenarbeitet, insofern kann er sich unbesorgt in den Ruhestand zurückziehen. Zumal es der frühere freie Texter, der zeitweise auch einen Tagesabreißkalender mit markanten Fußball-Weisheiten herausgab, wegen gesundheitlicher Probleme künftig ruhiger angehen lassen möchte.

Die Fußball-Akademie solle die Schnittstelle zwischen Sport und Feuilleton besetzen, erklärte Joschko einmal. Die Mission ist geglückt.

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