Gefährdete Art: So schützt Nürnberg Kreuzottern

8.5.2021, 12:15 Uhr
Zwei männliche Kreuzottern kämpfen an der Schleuse Eibach um Weibchen. Dabei richten sich die Rivalen auf und versuchen, den Gegner zu Boden zu drücken.

© Günter Distler, NN Zwei männliche Kreuzottern kämpfen an der Schleuse Eibach um Weibchen. Dabei richten sich die Rivalen auf und versuchen, den Gegner zu Boden zu drücken.

Sonnige Plätzchen, Unterschlupfmöglichkeiten und genug zu futtern: An den Dämmen entlang des Main-Donau-Kanals zwischen Eibacher Schleuse und Sauerbruchstraße findet die selten gewordene Kreuzotter ideale Lebensbedingungen. Nach Schätzungen von Experten leben dort zwischen 50 und 70 Exemplare, sie bilden damit deutschlandweit die einzige stabile innerstädtische Kreuzotter-Population.

Heftige Diskussion

Nicht jeden freut das. Vor einigen Jahren entbrannte eine heftige Diskussion, angestoßen von beunruhigten Anwohnern, Hundehaltern und Spaziergängern. Sie sahen in den Reptilien eine potentielle Gefahr, die Angst vor Schlangenbissen, ja sogar Angriffen machte sich breit. Behörden und Naturschützer versuchten aufzuklären und zu beruhigen. Einen Menschen von sich aus attackieren würden die scheuen Vipern nie. Sie beißen nur, wenn sie angegriffen werden oder in Bedrängnis geraten und sie nicht mehr flüchten können. Ihre Giftdosis ist auf das Erlegen von Beutetiere ausgelegt, kann also Fledermäuse oder Eidechsen töten, nicht aber Menschen.

Wer ist der Stärkere?

Wer ist der Stärkere? © Günter Distler, NN

Der Konflikt spitzte sich zu, als 2013 am Nürnberger Kanal sieben erschlagene Kreuzottern gefunden wurden. Der Nürnberger Stadtrat hat daraufhin eine Kreuzotterschutzverordnung beschlossen: Zwischen Schleuse und Sauerbruchstraße dürfen Menschen und Hunde von März bis Oktober die Wege entlang des Kanals nicht verlassen. "Bei rücksichtsvollem Umgang mit den Schlangen sollte ein gutes Miteinander von Mensch und Natur möglich sein", hofft man bei der Stadt.

Hat es was gebracht? "Die Diskussion hat sich beruhigt, wird aber immer noch geführt", sagt Stefan Böger. Der Biologe betreut für die Regierung von Mittelfranken das Biotopverbundprojekt "Landgang" am Main-Donau-Kanal, das auch die Nürnberger Kreuzottern im Blick hat.

Seit 2010 werden in Zusammenarbeit mit lokalen Landschaftspflegeverbänden, dem Landesbund für Vogelschutz, den Staatsforsten und weiteren Partnern entlang der Wasserstraße unterschiedlich strukturierte Lebensräume für heimische Flora und Fauna geschaffen, rund 250 Biotope sind zwischenzeitlich entstanden. Was den Artenschutz in den Uferbereichen allerdings kompliziert macht, ist, dass gleichzeitig auch die Dammsicherheit gewährleistet werden muss. In der Noris ist dafür das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Nürnberg zuständig.

Mehr Struktur, mehr Artenvielfalt

Um beides zu verbinden, wurden gemeinsam Pflegekonzepte für die Flächen entwickelt, zum Beispiel wird der Magerrasen auf den Dämmen gemäht statt gemulcht, Mahdtermine abgesprochen und – wo möglich – Hecken und Sträucher stehen gelassen. "Je mehr Struktur, desto mehr Artenvielfalt", fasst Böger zusammen.


Eibach: Fußgänger müssen Kreuzottern weiter fernbleiben


Denn von den Maßnahmen profitiere nicht nur die auf der Roten Liste stehende Kreuzotter, sondern auch Insekten, Reptilien und Vögel. "Im Bereich der Eibacher Schleuse leben nun 40 bis 50 Prozent mehr Garten-, Dorn- und Klappergrasmücken", berichten die Projektinitiatoren.

Die Population der Kreuzottern sei in den letzten Jahren stabil geblieben. Ausgebreitet und extrem vermehrt – wie Kritiker befürchteten – habe sie sich dadurch nicht. Infos zum Biotopverbund-Projekt am Main-Donau-Kanal findet man hier.

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