Geflüchtete aus Moria: Nürnberger Sozialausschuss berät über Aufnahme

9.10.2020, 06:00 Uhr
Geflüchtete aus Moria: Nürnberger Sozialausschuss berät über Aufnahme

© Günter Distler

Am Ende der Debatte zitierte Sozialreferentin Elisabeth Ries (SPD) das Christkind: "Und wer da kommt, der soll willkommen sein." Sie wollte im Sozialausschuss des Stadtrats
den Eindruck zerstreuen, dass die Stadt Nürnberg nicht bereit ist, bei Bedarf auch mehr als zehn geflüchtete Menschen aus dem abgebrannten Flüchtlingslager Moria aufzunehmen.

300 Geflüchtete seien "angebracht"

Stadträtin Marion Padua (Linke Liste) hatte dies massiv kritisiert und die Aufnahme von 300 Flüchtlingen für "angebracht" erklärt. Ries sagte, dass die Stadt gegenüber dem Freistaat signalisiert habe, auch mehr Menschen aufzunehmen; es sei aber derzeit schwierig, mit konkreten Zahlen zu operieren. "Wir entscheiden das nicht, die staatlichen Stellen werden tätig."

Im April hatte der Stadtrat beschlossen, zehn unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen. Nach dem Brand im Lager Moria auf der griechischen Insel Lesbos im September sagte Oberbürgermeister Marcus König (CSU) auf der Basis dieses Beschlusses, dass Nürnberg zehn Flüchtlinge aufnehmen werde.

Neben der Linken Liste hatte sich daraufhin auch die SPD via Antrag an die Verwaltung zu Wort gemeldet und deutlich gemacht, dass sie "in Anbetracht der Notlage" bereit wäre, auch mehr als den besagten zehn Personen zu helfen. Mindestens aber wolle man "einem entsprechenden Verteilungsschlüssel des Bundes" folgen.

Deutschland wolle 1553 Menschen aufnehmen

Die Sozialverwaltung machte in ihrem Bericht für die Stadträte deutlich, dass die Bundesrepublik angekündigt habe, 1553 Menschen aufzunehmen, darunter vorwiegend Familien. Die Zahl der nach Bayern kommenden Personen ist laut Bericht noch unklar, würde aber nach dem Berechnungsverfahren des Königsteiner Schlüssels bei 240 liegen. Wenn dieser Verteilungsschlüssel bei den griechischen Flüchtlingen zur Anwendung käme, "entfielen auf Nürnberg neun bis zehn Personen", heißt es in dem Bericht.

"Grundsätzliche Bereitschaft" statt konkreter Zahlen

Neben Ries sagten auch Bürgermeister Christian Vogel, Diana Liberova (beide SPD) und Rita Heinemann (CSU), dass es schwierig sei, über Zahlen zu reden. Es gehe eher darum, die grundsätzliche Bereitschaft zu erklären, dass Nürnberg helfen will.

Das fand Padua ärgerlich – immerhin stehe die "Zehn" in dem Bericht, deswegen müsse auch über sie diskutiert werden. Titus Schüller (Die Linke) sprang seiner früheren Mitstreiterin aus gemeinsamen Linke-Liste-Zeiten bei: Die Zahl sei "lächerlich" und der Bericht "sehr unglücklich" formuliert. Catrin Seel (CSU) bemühte sich um die Glättung der Wogen und forderte ein "bisschen Zuversicht" ein: "Wir haben die Kapazitäten und die Bereitschaft. Wir werden mehr aufnehmen, weil wir es können und wollen." Für die Grünen erinnerte Andrea Friedel daran, dass die Flüchtlinge momentan ohnehin nicht aus Griechenland ausreisen dürften.

Wie im Bericht für die Stadträte betont wird, handelt es sich bei den Geflüchteten aus dem Lager Moria nicht um Asylbewerber, "sondern um in Griechenland anerkannte Personen, die im Wege einer humanitären Aufnahme einreisen und eine Aufenthaltserlaubnis bekommen würden". Streng genommen dürften sie daher gar nicht in den Gemeinschaftsunterkünften leben. Ries denkt aber, dass sie angesichts des angespannten Wohnungsmarktes dort untergebracht werden müssten. "Es sind mehr als zehn willkommen"


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