Gegen Corona: "Epi-Shuttle" am Nürnberger Airport im Einsatz

28.5.2020, 05:44 Uhr
Gegen Corona:

© Foto: Alexander Brock

Nicole Zederer verzerrt sich, wenn sie sich über die gewölbte Plexiglasscheibe beugt – jedenfalls aus der Sicht des Patienten, der unter der Haube liegt. Ihre Arme steckt sie in Ports (englisch: Luke, Öffnung) und damit in lange Gummihandschuhe, die ins Innere der abgeschirmten Liege reichen. Jetzt kann die Notärztin den virulenten Patienten unter dem Plexiglas mit den Händen erreichen, geschützt, ohne sich selbst anzustecken.

Nicht nur wegen Corona wichtig

Der Patient ist aber kein echter Mensch, unter der Haube des neuen "Epi-Shuttles" liegt eine Puppe. Zederer demonstriert im Hangar am Nürnberger Flughafen, wie sie im Ernstfall den Erkrankten trotz isolierter Lage im Shuttle haptisch erreichen und versorgen kann. Seit kurzem hat die am Airport stationierte DRF Luftrettung so eine moderne, isolierte Liege für Menschen, die an Corona erkrankt sind und von einem ins nächste Krankenhaus per Hubschrauber transportiert werden müssen.

"Das Gerät eignet sich aber nicht nur für Corona-Patienten, auch wenn jemand an TBC oder Influenza erkrankt ist, kann hiermit geschützt durch uns verlegt werden", erklärt die leitende Ärztin. Das "Epi" im Namen des "Epi-Shuttles" steht für Epidemie. Entwickelt wurde es in Norwegen in der Zeit, als 2014 in Afrika das Ebola-Fieber ausbrach. "Die Norweger haben mit dieser Errungenschaft ihre Leute aus dem Epidemie-Gebiet ausfliegen lassen", erzählt Nicole Zederer.

Startklar für Abflug

Der Patient darf aber nicht kleiner als 1,40 Meter sein, sonst halten die Gurte nicht. Er oder sie darf aber auch nicht größer als 1,98 Meter sein, weil die Länge der Liege für alles, was darüber ist, nicht ausreicht. Am Fußende ist ein Motor eingebaut, der summt wie ein Föhn. Er saugt die Luft im Shuttle durch einen Virenfilter heraus und zieht zugleich frischen Sauerstoff für den Patienten von außen durch einen Filter am Kopfende in den Innenraum.

Sind der Patient und die Crew der DRF Luftrettung startklar, wird das Shuttle in den Bauch des Hubschraubers "Christoph Nürnberg" geschoben – sind das medizinische Team und der Pilot dann auch so weit, kann der Helikopter abheben.

40.000 pro Liege sind möglich

Nürnberg ist, neben Rheinmünster, Stuttgart, Regensburg, Rendsburg und Berlin, eine von momentan nur sechs Luftrettungsstationen in Deutschland, die mit so einem "Epi-Shuttle" ausgerüstet sind. Die Kosten für eine Liege belaufen sich auf rund 40 000 Euro. Möglich, so Zederer, ist damit auch die sogenannte Umkehrisolierung: Nicht die Umgebung wird vor dem Patienten, sondern der Patient vor der Umgebung geschützt.

Die Umkehrisolierung ist bei abwehrgeschwächten und infektgefährdeten Patienten nötig, schädliche Keime werden aus seiner Umgebung ferngehalten. Nicole Zederer: "Nach einer Knochenmarktransplantation etwa ist das Immunsystem sehr geschwächt und anfällig." Das "Epi-Shuttle" hat laut Zederer noch einen weiteren Vorteil: "Es muss nicht nach jedem Transport der komplette Hubschrauber desinfiziert werden."

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