Geldregen: Wo Nürnberg von der Europäischen Union profitiert

16.5.2019, 12:00 Uhr

Als es nach dem Aus von AEG und der Insolvenz von Quelle Nürnberg und Fürth wirtschaftlich sehr schlecht ging, profitierten beide Städte erheblich von den Förderprogrammen der EU: vom Europäischen Sozialfonds ESF und vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung EFRE. 2013 wurden allein in Nürnberg 54 Projekte gezählt. Insgesamt half die EU mit 70 Millionen Euro, bei Qualifizierungsmaßnahmen, Förderung von Innovationen, aber auch bei der Anlage von kleinen Parks in der Südstadt.

Das Leuchtturmprojekt ist sicherlich der Südpunkt. Gefördert wurde auch die Internationalität der beruflichen Ausbildung: Die Nürnberger Modeschule bot Praktika in Großbritannien an. Unter dem Namen "Weltreligionen für Integration in Nürnberg" (WIN) organisierte das Bildungszentrum Fortbildungsmaßnahmen für religiöses Personal.

Das Projekt "Bleib" unterstützte die berufliche Integration von Flüchtlingen, die gute Chancen hatten, zu bleiben. Die Noris-Arbeit half Flüchtlingsfrauen einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden. Zuletzt erfolgte die Sanierung des Z-Baus mit 2,3 Millionen Euro an Fördermitteln von der EU. 2016 flossen insgesamt 4,8 Millionen Euro von Brüssel nach Nürnberg. Die europäische Staatengemeinschaft ist aber nicht nur eine Ansammlung von Förderprogrammen.


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"Im Vergleich zu vor fünf Jahren gibt es auch viel mehr private Initiativen für Europa in Nürnberg", freut sich Sebastian Kramer, Leiter des Europabüros im städtischen Wirtschaftsreferat. Das liegt auch daran, dass in den Schulen viel mehr als früher über die EU informiert wird und Brüssel eine intensivere Öffentlichkeitsarbeit macht. Es gibt eine eigene Städteagenda, in der sich die Metropolen über Energiewende oder Wohnungsbau austauschen können. Für Firmen wurde ein umfangreiches Informationsangebot installiert, was Fördergelder anbelangt.

Die EU hat aber auch ein strategisches Interesse, die transeuropäischen Verkehrsnetze leistungsfähiger zu machen und die Länder damit besser miteinander zu verknüpfen. Nürnberg liegt im Korridor 2, der von Helsinki bis Palermo und Valletta reicht. In den nächsten Jahren soll dabei vor allem die Bahn-Infrastruktur ausgebaut werden. Außerdem ist Nürnberg Teil des Straßburg-Donau-Korridors. Hier soll ebenfalls vor allem die Bahn von Fördergeldern profitieren. Dazu gehört die Elektrifizierung der Strecke durch das Fichtelgebirge. "Die Stadt kann das nicht alles beeinflussen, aber davon profitieren", sagt Kramer. Das europäische Kernnetz soll bis 2030, das Gesamtnetz bis 2050 vollendet sein, was vor allem den Transport von Gütern auf der Schiene erleichtert.

Bei der EU stehen der Verbraucherschutz und damit das Umweltrecht sowie das Wettbewerbsrecht ganz weit oben. "Die Länder müssen die Vorgaben umsetzen. In Deutschland wird manchmal etwas mehr geregelt als nötig", so Kramer. Die EU-Regelungen betreffen oft Bereiche, mit denen der Verbraucher viel zu tun hat: Das Verbot von herkömmlichen Glühbirnen, der Schutz von typischen regionalen Lebensmitteln durch das EU-Herkunftssiegel für Lebkuchen, Karpfen und Bratwürste, die Begrenzung von Acrylamidwerten in Lebkuchen, Chips und Schäufele, das Verbot von Roaming-Gebühren beim Telefonieren im Ausland, der Schutz des Trinkwassers durch strenge Vorgaben.

Wenn es Ärger gibt, dann wird von hiesigen Politikern das gerne der EU zugeschoben, obwohl die einzelnen Länder für die Ausführungsbestimmungen zuständig sind. "Brüssel wird dann zum Sündenbock gemacht", sagt Kramer. Ein Beispiel: Die neuen Vorgaben für Schlachthäuser führten dazu, dass etliche Metzgereien aufgegeben haben, weil der finanziell Aufwand sich nicht rentiert hätte. "Es waren aber vor allem veraltete Betriebe, die zugesperrt haben", sagt Kramer. Der Prozess wurde allenfalls beschleunigt und die Details hat der Freistaat ausgearbeitet. Das Verbot der Glühbirnen, um Strom zu sparen, sei vielleicht etwas zu voreilig gewesen. "Das Einsparpotenzial ist aber riesig."

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