Folgen der Pandemie

Geldsorgen in Nürnberg: Stadt fordert Hilfen von Bund und Freistaat

9.6.2021, 17:19 Uhr
Corona und die Folgen: Die Stadt Nürnberg muss deutliche weniger Steuereinnahmen rechnen. 

© Stefan Hippel, NN Corona und die Folgen: Die Stadt Nürnberg muss deutliche weniger Steuereinnahmen rechnen. 

Es sind düstere Prognosen: Die jüngsten Steuerschätzungen gehen von einem deutlichen Rückgang der Einnahmen für die Kommunen aus. So mahnt Stadtkämmerer Harald Riedel: „Wir stehen vor sehr schwierigen Haushaltsberatungen für die Jahre 2022 und 2023.“ Der Finanzreferent und Oberbürgermeister Marcus König fordern daher – wie auch der Deutsche Städtetag – finanzielle Unterstützung durch Bund und Länder, wie bereits im Jahr 2020.

Dazu erklärt Marcus König: „Wir müssen in den nächsten Jahren enorme Investitionen in die städtische Infrastruktur stemmen. Wir brauchen neue Schulen, Brücken müssen saniert, Betreuungseinrichtungen und -angebote ausgebaut werden." Der CSU-Politiker weiter: "Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht einen attraktiven Nahverkehr von uns. Und wir müssen unsere Innenstadt für die Zeit nach Corona noch attraktiver machen, um den Geschäftsleuten, Gastronomen und Hoteliers eine Perspektive bieten zu können.“


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„Ohne schnelle Hilfen von Bund und Ländern können wir die großen finanziellen Herausforderungen nicht meistern. Einbrüche bei den Steuereinnahmen belasten den städtischen Haushalt über die nächsten Jahre enorm“, betont Kämmerer Harald Riedel, der auch Vorsitzender des Finanzausschusses des Deutschen Städtetags ist. Oberbürgermeister Marcus König und Finanzreferent Harald Riedel fordern daher, dass Bund und Länder die Gewerbesteuerausfälle „schnell und unkonventionell ausgleichen sollen, so wie im vergangenen Jahr“.

Dramatische Lage

Da hatten Bund und Länder die Städte und Gemeinden 12,4 Milliarden Euro unterstützt. So wurden die Haushalte erfolgreich stabilisiert und die Investitionen blieben auf hohem Niveau. Bislang aber seien seitens der Bundespolitik wenig Anzeichen zu erkennen, dass die dramatische Lage der kommunalen Haushalte in diesem Jahr wahrgenommen wird.

„Wir machen uns große Sorgen um die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen. Die Lage der Haushalte in diesem und im nächsten Jahr ist dramatisch“, warnt Burkard Jung, Präsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister von Leipzig.

Einbruch bei Steuereinnahmen

Ein Abgleich zwischen der Steuerschätzung vom November 2019 – der letzten Steuerschätzung vor der Corona-Pandemie – und der aktuellen Steuerschätzung vom Mai 2021 verdeutlicht den historisch einmaligen Einbruch der Erwartungen bundesweit. Das Volumen der Steuermindereinnahmen der Städte und Gemeinden beträgt in diesem Jahr 9,4 Milliarden Euro, dies entspricht etwa 110 Euro je Einwohner. Im kommenden Jahr ist mit Steuermindereinnahmen von gut zehn Milliarden Euro zu rechnen. Die Steuereinnahmen steigen zwar im Bundesdurchschnitt gegenüber dem katastrophalen Einbruch im vergangenen Jahr an. Aber die kommunalen Steuereinnahmen liegen sowohl in diesem als auch den kommenden Jahren noch deutlich unter dem ursprünglich erwarteten Niveau.

Dies zeigt auch der Vergleich zwischen der Haushaltsplanung aus dem Jahr 2019 (Stand 11/2019) und dem aktuellen Planungsstand auf Basis der jüngsten Steuerschätzung (Stand 05/2021). Während die Stadt Nürnberg vor der Corona-Pandemie in der mittelfristigen Planung für das Jahr 2021 noch mit einem Gewerbesteueraufkommen (brutto) von 481,95 Millionen. Euro rechnen konnte, müssen diese Erwartung um 18,95 Millionen Euro nach unten korrigiert werden. Und selbst dann bleiben Risiken, dass das Ergebnis schlechter ausfällt als erwartet.


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Ebenso verhält es sich im Planjahr 2022, für das die Gewerbesteuer ebenfalls deutlich nach unten korrigiert werden muss – von 494,95 Millionen Euro (Stand 11/2019) auf 476,00 Millionen Euro (Stand 05/2021).

Vergleichbares gilt für den Gemeindeanteil an der Einkommensteuer. Anstelle von ursprünglich 347,50 Millionen Euro in 2021 beziehungsweise 365,92 Millionen Euro in 2022 rechnet der Stadtkämmerer jetzt nur noch mit einem Aufkommen von 313,03 Millionen Euro (2021) beziehungsweise 327,15 Millionen Euro (2022) – ein Einbruch von 34,47 Millionen Euro im aktuellen Jahr, der sich in 2022 mit einem Rückgang um 38,77 Millionen Euro sogar noch verschärft.

Auch beim Gemeindeanteil der Umsatzsteuer kann das Planniveau aus 2019 nach Vorliegen der aktuellen bundesweiten Steuerschätzung nicht gehalten werden. Demnach wird der damalige Planansatz im laufenden Jahr um 3,41 Millionen Euro und in 2022 um 0,73 Millionen Euro unterschritten.

In der kumulierten Betrachtung wird das Ausmaß der Steuerrückgänge besonders deutlich. Laut den aktuellen Erkenntnissen muss die Stadt Nürnberg in 2021 einen Steuerrückgang (Gewerbesteuer, Einkommensteuer und Umsatzsteuer) in Höhe von 56,8 Millionen Euro hinnehmen, im Folgejahr 2022 erhöht sich das Gesamt-Defizit dieser drei Steuern sogar auf 58,5 Millionen Euro.

„Marshall-Plan für die Innenstädte“

Der lange Lockdown im Zuge der Corona-Pandemie hat besonders Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie in den Innenstädten stark belastet. Deshalb hat Oberbürgermeister Marcus König bereits im Januar 2021 einen „Marshall-Plan für die deutschen Innenstädte“ gefordert. Damit sollen betroffene Unternehmen finanziell unterstützt werden, um drohende Insolvenzen abzuwenden und negative Folgen beispielsweise durch hohen Leerstand in den Innenstädten zu vermeiden.

„Einzelhandel und Gastronomie sind zusammen mit der Kultur wesentliche Attraktivitätsfaktoren für unsere Innenstädte. Damit unsere Zentren in Folge der Corona-Pandemie nicht veröden, sondern lebendig bleiben, brauchen die Unternehmen zeitnah finanzielle Hilfe vom Bund“, sagt Marcus König.


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Zuletzt hatte Königs Vorschlag Eingang in einen Forderungskatalog des Deutschen Städtetags gefunden. Städtetags-Präsident Burkhard Jung drängt auf ein schnelles und unkompliziertes Förderprogramm des Bunds für die Zentren in Höhe von 2,5 Milliarden Euro. Oberbürgermeister König sagt: „Das nächste Ziel muss es sein, schnell mit Bund und Land in Verhandlungen zu kommen, wie ein Marshall-Plan für die Innenstädte umgesetzt werden kann.“

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