Gesundheitsamt kommt mit Einschulungs-Tests kaum hinterher

3.7.2019, 05:30 Uhr
Ist das Kind fit für die erste Klasse? Das Gesundheitsamt schafft es nur mit Mühe, diese wichtige Frage rechtzeitig zu beantworten.

© Foto: Markus Scholz/dpa Ist das Kind fit für die erste Klasse? Das Gesundheitsamt schafft es nur mit Mühe, diese wichtige Frage rechtzeitig zu beantworten.

An diesem Termin kommt kein Kind vorbei: Mit der Schuleingangsuntersuchung überprüft das Gesundheitsamt der Stadt, ob die Heranwachsenden gesundheitliche Beeinträchtigungen, Behinderungen oder Entwicklungsverzögerungen haben – ob also eine Förderung vor dem Start in die erste Klasse nötig ist. Doch der zuständige Kinder- und Jugendärztliche Gesundheitsdienst (KJÄD) kommt mit der Arbeit nicht nach. Ein Bericht zur schwierigen Lage des Fachdienstes wird am Mittwoch im Gesundheitsausschuss vorgelegt.

Für die Ärzte (insgesamt fünf Vollzeitstellen) sowie die Arzthelferinnen samt Kinderkrankenschwestern (5,6 Vollzeitstellen) ist dies eine unbefriedigende Situation. Auch der Chef des Gesundheitsamtes, Fred-Jürgen Beier, hadert mit der aktuellen Lage: "Es ist für uns bitter, dass wir nicht alle nötigen Aufgaben gut erledigen können." Mehrere Faktoren sorgen dafür, dass die Schuleingangsuntersuchungen zunehmend zum Problem werden: Wegen der steigenden Geburtenzahl und der anhaltenden Zuwanderung nimmt von Jahr zu Jahr die Arbeit zu. Im Jahr 2011 kamen 4078 Mädchen und Jungen zur Schuleingangsuntersuchung, 2018 wurden 4844 Kinder in Augenschein genommen. Für wenig Entlastung sorgt die Tatsache, dass "nur" 4300 Kinder in diesem Jahr am 20. März zur Schulanmeldung kamen.

Auch der Zeitaufwand wird höher: So wird im Vergleich zu früheren Jahren oft ein Förderbedarf in unterschiedlichen Entwicklungsbereichen festgestellt – anders als bei einem Kind mit altersgemäßer Entwicklung sind weitere Untersuchungen nötig. Und auch wegen der verstärkten Zuwanderung werden viele Eltern von Vorschulkindern beraten, die kaum Deutsch sprechen: Dafür müssen die Mitarbeiter deutlich mehr Zeit einplanen.

"Weit entfernt vom Ziel"

Eigentlich will das Gesundheitsamt etwa 80 Prozent der angehenden Erstklässler bis zum Tag der Schulanmeldung am 20. März untersuchen. Die Realität sieht anders aus: Nur etwa die Hälfte der betroffenen Kinder absolviert bis zum 20. März die Schuleingangsuntersuchung. "Wir sind weit entfernt von unserem Ziel", bedauert Amtsleiter Beier. Besonders bitter: Teilweise werden noch im August und September, also kurz vor Start des neuen Schuljahres, Kinder zum Pflichttermin eingeladen. Eine zeitgerechte Beratung zu Einschulung, Zurückstellungen oder Fördermöglichkeiten findet damit oft zu spät statt. Für Besorgnis sorgt zudem eine geplante Reform der Schuleingangsuntersuchungen, die künftig für noch mehr Arbeit sorgen wird.


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Am Staatlichen Schulamt Nürnberg ist man wenig glücklich über diesen Zustand. So sagt Heike Weißhart, die für den Bereich Grundschule zuständig ist: "Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert, dass die Schuleingangsuntersuchungen möglichst früh abgeschlossen sind. Uns ist aber klar, dass dieser Wunsch für das Gesundheitsamt schwer zu realisieren ist." Diese medizinische Untersuchung sei für die Schulleiter "sehr wertvoll". "Das ist für die Schulleiter ein wichtiger, aber nicht der einzige Baustein." Wegen der späten Untersuchungen Im August und September kann es vorkommen, dass einige von ihnen zurückgestellt werden. Dies betreffe allerdings nicht die große Masse der Kindern. "Es kam bislang noch nicht vor, dass deswegen Klassen nicht zusammen gekommen sind." Eine gewisse Fluktuation gebe es nämlich immer – nicht nur wegen der Zurückstellung. "Schließlich ziehen manche der angehenden Erstklässler weg und zu."

Immer mehr Familien in schwierigen Lebenslagen, die steigenden Schuleingangsuntersuchungen, der zunehmende Förder- und Beratungsbedarf von Kindern – all dies sorgt dafür, dass die Fachstelle kaum noch ihre Pflichtaufgaben erfüllen kann. Zwei Arztstellen und zwei Arzthelferinnen mehr könnten die Situation entschärfen, sagt Beier. Der Stadtrat wird am Mittwoch über den Bericht diskutieren. "Ich bin optimistisch, dass der Bericht den Stadträten die Dringlichkeit der Situation zeigt."

Hier finden Sie eine interaktive Karte, auf der alle Grundschulen in Nürnberg, ihr Betreuungsangebot und unter anderem auch ein Verweis auf deren Homepage eingezeichnet sind: (Sollte die Karte nicht angezeigt werden, benutzen Sie bitte diesen Link.)

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