Relikte aus dem Mittelalter

Nürnberg: Archäologinnen finden bei Grabung am Burgberg neue Spuren

22.6.2021, 09:11 Uhr
Nürnberg:  Archäologinnen finden bei Grabung am Burgberg neue Spuren

© VNP/Hartmut Voigt

Glasscherben, Getreidesamen, abgeriebene Münzen, verkohlte Holzreste, Keramikbruch: Auf einem kleinen Camping-Tischchen haben die Archäologinnen Ragnhildur Arnadottir und Simone Glaß von der Fürther Grabungsfirma exTerra Archäologie einige Funde fein säuberlich zurecht gelegt. Sie stammen aus der Baugrube an der Winklerstraße 33. Dort am Fuß des Burgbergs soll eine Tiefgarage mit zwölf Stellplätzen entstehen.

Wie immer, wenn auf geschichtsträchtigem Untergrund gebaut wird, haben Archäologen den ersten Zugriff. Sie sichern Spuren der Vergangenheit, ehe Bagger das Areal abräumen.


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In diesem Fall hat es sich besonders gelohnt. Das Team ist auf Reste eines Holzhauses gestoßen. Es wurde im elften Jahrhundert errichtet, ist aber schon zu Beginn des 13. Jahrhunderts abgebrannt. Mit Blick auf andere, bereits abgeschlossene Baustellen in der Nachbarschaft lassen sich so Mosaiksteine für die früheste Besiedlung Nürnbergs zusammensetzen.

Strategisch geschickte Lage

Die Häuschen waren nicht aus Stein, sondern aus Holz. Sie standen am Burghang, von dort hatte man die Pegnitz, die Talaue und dichte Wälder im Blick. Eine strategisch geschickte Lage, so konnten die Bewohner nicht so leicht von Feinden überrumpelt werden.

Eiche als Baumaterial war im Mittelalter reichhaltig vorhanden. Dies zeigt sich nicht nur in der aktuellen Baustelle Winklerstraße 33. Vor etlichen Jahren hatte man bei Grabungen in der Irrerstraße Reste eines abgebrannten Holzhauses mit Leiter, Fenster und Bett aus dem 12. Jahrhundert freigelegt - in Fachkreisen war das eine Sensation. Auch in der Weißgerbergasse 10 und auf dem Grundstück der Industrie-und Handelskammer war man auf Reste von Holzhäusern gestoßen.

Ein gehobener Haushalt

Simone Glaß hält irisierende Glasscherben in der Hand, die im Sonnenlicht funkeln. Der schillernde Effekt stammt aber nicht von hochwertiger Glasbläserei. "Es ist vielmehr ein Zersetzungsprozess über die Jahrhunderte hinweg", sagt die Grabungsleiterin. Filigran sind die zerbrechlichen Glasstücke, man muss sie vorsichtig behandeln - sonst zerbröseln sie zwischen den Fingern. Schließlich ist ein wesentlicher Bestandteil von Glas Sand.

Reste von typisch-mittelalterlichen Trinkgefäßen, sogenannten Nuppenbechern, Keramiktöpfe zum Kochen und weitere Funde weisen ihrer Einschätzung nach auf einen gehobenen Haushalt hin. Eine Münze von König Rudolf von Habsburg aus dem 13 Jahrhundert kam im sandigen Untergrund ebenso zum Vorschein wie der Torso eines Spielzeugpferds mit Reiter aus weißem Ton.

"Typische Nürnberger Parzelle"

Nach dem Brand im 13. Jahrhundert scheint das Grundstück nicht mehr bebaut worden zu sein, möglicherweise hat man es als Hof mit einem (noch erhaltenen) Sandstein-Brunnen genutzt. "Es sieht nach der typischen Nürnberger Parzelle aus, eng bebaut mit Vorderhaus, Hof und eventuell noch Rückgebäude", berichtet Nürnbergs Stadtarchäologe John Zeitler. Die Wohnform war in der Nürnberger Altstadt weit verbreitet.

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