Fastnachtszug erneut abgesagt

Große Enttäuschung: Nürnbergs Fasching fällt auch heuer aus

Hartmut Voigt

Lokalredaktion Nürnberg

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24.2.2022, 10:36 Uhr
Große Enttäuschung: Nürnbergs Fasching fällt auch heuer aus

© Günter Distler/VNP

"Prunksitzung abgesagt, Kinderfasching abgesagt, Faschingsball abgesagt, Weiberfastnacht abgesagt, Kehraus abgesagt": Die Veranstaltungsseite von Nürnbergs ältestem Faschingsverein, der Alten Großen Nürnberger Karnevalsgesellschaft 1904 (AK 04), ist enttäuschend und äußerst trist. Und so ist auch die Stimmung bei den Nürnberger Narren insgesamt: Wegen Corona haben die meisten Vereine ihre Aktivitäten gestrichen.

100.000 Zuschauer am Straßenrand

Auch der Höhepunkt - Nürnbergs großer Fastnachtszug am 27. Februar - fällt aus. "Wir haben lange überlegt, unter welchen Bedingungen wir doch starten können", berichtet Elvira Reuther, zweiter Vorstand des Fördervereins Nürnberger Fastnachtszug, "aber mit dem starken Anstieg der Corona-Zahlen war klar, dass es nichts wird.

Die Absage fällt schwer, aber die Vernunft muss siegen und die Gesundheit geht eindeutig vor." Wie sollten sich die bis zu 100.000 Zuschauer am Straßenrand schließlich wirksam schützen? Abstand halten geht in dem Gedränge nicht, die leicht übertragbare Omikron-Variante hätte auch im Freien leichtes Spiel.


Das sind Nürnbergs aktuelle Corona-Zahlen - laut Robert-Koch-Institut


Man habe diesmal von vornherein vorsichtiger geplant, meint Reuther, und Sanitäter, Technisches Hilfswerk und Ordnungsdienste noch nicht fest geordert. Nun blickt man nach vorne: Das Datum für den nächsten Fastnachtszug steht fest. Am Sonntag, 19. Februar 2023 soll sich der Tross um 13 Uhr am Stadtpark in Bewegung setzen.

"Natürlich war die Enttäuschung bei unseren Aktiven groß, sie haben schließlich das ganze Jahr auf den Fasching hin gearbeitet", berichtet Gerd Hartinger, Vorstand der AK 04. Aber die übliche Prunksitzung mit bis zu 350 Gästen im Gesellschaftshaus Gartenstadt war unter den gegebenen Bedingungen ausgeschlossen. Selbst mit den kürzlich für Bayern beschlossenen Lockerungen im Kulturbereich hätten nur 50 Prozent der Plätze besetzt sein dürfen. Und wie soll Stimmung aufkommen, wenn sich die Feiernden weit im Raum verteilen, um Abstand zu halten und aus Sicherheitsgründen Masken tragen? Nein, schüttelt Hartinger entschieden den Kopf, in der jetzigen Situation habe es zur Absage keine Alternative gegeben.

Auftritt beim Sommerfest

Trotzdem denkt die AK 04 darüber nach, was man tun könne, damit die Vorbereitungen und das Training der Aktiven nicht vollkommen umsonst waren. Bei einem Sommerfest sollen die Garden ihr Können zeigen. Das heißt aber nicht, dass der Fasching in den August verlegt wird. Das würde nicht passen, merkt Hartinger an, die "Karnevalsession" ist jetzt in der kalten Jahreszeit.

Auch der Festausschuss Nürnberger Fastnacht hat bewegte Wochen hinter sich: "Es war ein laufender Prozess: Was ist noch möglich, wie können wir vorbeugen", erzählt zweiter Vorstand Horst Häusler vom ständigen Abwägen, "doch als die Corona-Variante Omikron durch die Decke gegangen ist, war klar: Es geht nicht, der Fasching fällt aus." Rund 50 Auftritte des Nürnberger Prinzenpaars hätte der Festausschuss organisieren müssen. Nun hofft er, das Prinzenpaar für den Fasching 2023 motivieren zu können.

Motivieren, durchhalten, dabei bleiben - das ist jetzt bei allen Faschingsgesellschaften groß geschrieben. Denn nach dem zweiten ausgefallenen Fasching in Folge befürchten manche Vereine Mitgliederschwund. "Da stellt man sich die Frage: Gibt's noch Leute, die der Fasching überhaupt interessiert?", merkt Manfred Ruff, Vorstand der Knoblauchsländer Buchnesia, etwas bange an, "aber ich bin Optimist".

Besuch in Seniorenheimen

Außerdem: Ganz fällt der Fasching heuer nicht aus, behauptet Ruff. Seniorenheime hätten angefragt, ob die Narren nicht doch zur Aufmunterung der älteren Menschen vorbeischauen wollen. Das würde natürlich nicht mit großer Mannschaft, sondern nur in kleinster Besetzung funktionieren: Lediglich Tanzmariechen, Solisten und eine Gesangsnummer wären dabei. Ob die Auftritte tatsächlich stattfinden, entscheidet sich kurzfristig am Tag zuvor - mit Berücksichtigung der Situation im Altenheim.

Bei Katja Sporer von der Nürnberger Luftflotte glimmt noch ein kleiner Hoffnungsfunke: Zwar hat der Verein alle bisherigen Aktivitäten gestrichen, doch der "Weiberfasching" ist noch nicht gekippt. Die Wahrscheinlichkeit ist aber sehr gering, dass die Veranstaltung stattfindet, weiß die zweite Vorsitzende. Denn die entscheidende Frage sei: Kann man ein derartiges Treffen jetzt verantworten? Eher nicht.

Sporer ist seit 35 Jahren aktiv: Ihr Einstieg war bei der Kindergarde, später trat sie bei den Großen als Gardetänzerin auf, jetzt trainiert sie die Luftflotten-Garde. Sie lebt den Fasching: "Ich vermisse ihn, er geht mir total ab, auch meine Mädels merken das wahnsinnig stark". Die Gemeinschaft, das Miteinander, der Sport im Vereinsheim - das fehle allen. Das Online-Training zuhause für den Gardetanz biete nur bescheidenen Ersatz: "Weder mir, noch meinen Mädels macht das richtig Spaß. Aber sie sind vernünftig. Bei den hohen Inzidenzzahlen wollen sie nicht ihre Gesundheit riskieren." ​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​​

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