"Herz des Airports": Exklusiver Blick in den alten Tower

16.1.2020, 14:56 Uhr

© Foto: Flughafen Nürnberg/PR

Man muss schon sehr genau hinschauen, um den alten Tower des Nürnberger Flughafens zu sehen. Doch zwischen der blaustichigen Glasfassade mit dem Konterfei von Albrecht Dürer und der gläsernen Dachlandschaft vor Terminal 1 blinzelt die Krone mit den braunen Rahmen tatsächlich ein bisschen durch. Im Jahr 1955 war das noch ganz anders. Da bildete der 26 Meter hohe Turm am östlichen Rand des Empfangsgebäudes einen optischen Fixpunkt, der auch aus der Ferne den nagelneuen Airport markierte.

Verbunden ist der kantige Ausguck bis heute mit dem Leuchtfeuer, das seit über 20 Jahren nicht mehr brennt. Mitte 1999 nahm die Deutsche Flugsicherung auf der Westseite des Flughafens den neuen, 47 Meter hohen Tower in Betrieb – und der alte stand erst mal fünf Jahre leer. Laut Flughafensprecher Jan Beinßen wurde zuerst ernsthaft über eine Nutzung als Eventfläche samt "Talk im Turm" nachgedacht. Sogar ein Abriss war mal im Gespräch, doch dann entschied sich die Geschäftsführung für den Erhalt und eine erneute Nutzung im Dienst der Sicherheit.


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2005 zog die vorher zwei Stockwerke tiefer angesiedelte Verkehrsabteilung nach oben, die aktuell von Christoph Seibert geleitet wird. Zwischen den leicht schräg stehenden Glasscheiben befinden sich seitdem zweieinhalb Arbeitsplätze mit einem 180-Grad-Blick auf das Vorfeld samt Start- und Landebahn.

Mehrere schwenkbare Kameras

Da im Laufe der Jahre mehrere Gebäude im Umfeld des alten Towers entstanden, die das Sichtfeld einschränken, können die Verkehrsüberwacher am Airport auf mehrere schwenkbare Kameras zugreifen. Jeder Winkel ist einsehbar, inklusive Zoom-Möglichkeit für bestimmte Ecken – dank Flutlicht auch nachts.

Einer der Diensthabenden im alten Tower ist Horst Auer (62), der seit 35 Jahren am Flughafen arbeitet. Seit 1993 ist er bei der Verkehrsabteilung, für die aktuell 24 Beschäftigte in drei Schichten Dienst schieben. Über eine steile, schmale Treppe steigt man in die Kanzel empor, wo die Raumtemperatur an normalen Tagen um die 25 Grad Celsius liegt. An sehr heißen Sommertagen haben aber auch schon 39 Grad in der auf vier Pfeilern ruhenden Plattform geherrscht.

Auf vier Bildschirme werden alle denkbaren Informationen über den Betrieb auf dem drei Kilometer langen Vorfeld geliefert. Dank Radar und Hightech erkennt man genau, ob und welcher Flieger sich auf welcher Position zwischen 1 und 44 befindet. Um die komplexe Tätigkeit zu erleichtern, ist der Arbeitsplatz seit 2011 ergonomisch geformt, erzählt Horst Auer.


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"Bei uns laufen alle Fäden zusammen", sagt er über die zentrale Schaltstelle, die er "das Herz am Flughafen" nennt. Ein heißer Draht besteht überall hin: zu Feuerwehr, Polizei, Rettungs- und Winterdienst, zu den Abteilungen in den Terminals von der Sicherheitskontrolle bis zum Betriebsschutz – und natürlich zur Flugsicherung, die im alten Tower weiter einen Notarbeitsplatz mit Funkgerät bereithält – für den Fall der Fälle.

Wenn man Auer und seine Kollegen beobachtet, wirken sie hochkonzentriert, aber gelassen und sehr souverän. Sie haben alles unter Kontrolle, planen die nächsten Tage voraus. Normalerweise läuft alles wie am Schnürchen. Was von außen einfach aussieht, kann sich schnell ändern. Wenn etwa ein heftiges Gewitter aufzieht und Flugpläne ins Wackeln kommen. Oder wenn im Einzugsgebiet eine Bombe gefunden wird.

"Wir machen den Platz auf und zu"

Dann legt die Flugsicherung in Absprache mit allen Beteiligten samt Stadt und Sprengmeister fest, ob aus Sicherheitsgründen eine Zwangspause nötig wird, was als "worst case" gilt. "Das Wichtigste ist: Der Flugbetrieb muss laufen", erklärt Horst Auer, der die elementare Aufgabe des Diensthabenden in 26 Metern Höhe auch so beschreibt: "Wir machen den Platz zu und auf". Und das spricht dafür, dass der alte Tower immer noch eine sehr wichtige Rolle am Airport spielt.

Wenn während großer Messen jede Menge Privatflieger nach Nürnberg drängen, müssen Flugpläne flugs angepasst werden. Besonders anstrengend sei es während der Fußball-WM im Jahr 2006 gewesen, erzählt Auer. Seitdem weiß er was Stress ist. Beschwerden über Fluglärm bringen ihn seitdem jedenfalls nicht mehr so schnell aus der Ruhe.

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