"Hitlerkuss" im Saal 600: Frau zu Geldstrafe verurteilt

7.6.2016, 14:57 Uhr

Im historischen Schwurgerichtssaal 600 den rechten Arm zum Hitlergruß zu strecken - das ist wohl die ultimative Geste der Provokation. Denkbar, dass die Angeklagte mit dieser Beleidigung, die das Strafgesetzbuch als Verwenden von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen verbietet, aber etwas ganz anderes ausgedrückt hat: ihre Verbundenheit mit dem Neonazi Gerhard Ittner.

Im vergangenen Jahr saß der vorbestrafte Holocaust-Leugner wegen Volksverhetzung und Verunglimpfung des Staates vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth; ein Verfahren, das am 24. März vor der Staatsschutzkammer begann.

Bereits zu Prozessbeginn kam es zum Eklat: Als das Verfahren kurz unterbrochen wurde und sich die Richter zurückzogen, nutzte Ittners damalige Verlobte diese kurze Pause. Die 39-Jährige warf ihrem Lebensgefährten eine Kusshand zu, dann reckte sie im Zuschauerraum den Arm zum Hitlergruß. Mehr als ein Jahr später, das Verfahren hatte sich wegen einer Erkrankung der Angeklagten verzögert, bestreitet sie im Amtsgericht die Vorwürfe. Sie habe nur eine Kusshand gezeigt, eine liebevolle Geste, mit dieser habe sie ihrem damaligen Partner, mittlerweile ist das Paar getrennt, beistehen wollen. Ihr Verteidiger fordert Freispruch.

Staatsanwältin als Zeugin

Doch eine Staatsanwältin, ein Wachtmeister und eine Justizangestellte saßen an jenem Nachmittag im Zuhörerraum und beobachteten die Szene. Ermittlungen wurden eingeleitet und die Frau konterte damals mit einer Gegenfrage: Ob die Zeugen sicher seien, dass sie nicht den Arm nach rechts oben für den "Römischen Gruß" gedreht habe? Der Gruß der italienischen Faschisten ist in Deutschland nicht verboten.

Ein eigenartiger Hinweis, heißt es in der Urteilsbegründung - vor allem, wenn jemand nur eine Kusshand geworfen haben will.