Im Interview: OB König macht Hoffnung auf Klassik Open Air

14.3.2021, 05:51 Uhr

Herr König, vor bald einem Jahr wurden Sie als Oberbürgermeister gewählt. Der Wahlkampf stand schon im Schatten der Pandemie. Wann kehren halbwegs normale Zeiten ins Rathaus ein?

Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass wir in einem Jahr das gleiche Thema in der gleichen Priorität immer noch haben, hätte ich ihn für verrückt gehalten. Wann es normal wird? Schritt für Schritt, auch durch das Impfen und Testen. Wir kommen gut voran und ich hoffe, dass wir eine andere Jahreshälfte 2021 erleben werden.

Marcus König in seinem Amtszimmer.

Marcus König in seinem Amtszimmer. © Michael Matejka

Ist Nürnberg für die dritte Welle vorbereitet?

Wir sind schon mittendrin. Letztlich haben wir vier Werkzeuge: Mit Abstand halten ist es nicht getan. Wir müssen testen, testen, testen. Wir waren eine der ersten Kommunen, die ein Schnelltestzentrum eröffnet hat. Wir werden nächste Woche zwei weitere eröffnen - eines in der Lorenzer und eines in der Sebalder Altstadt. Das auch schon im Vorblick darauf, wenn wir wieder mehr öffnen können: Wenn man in der Stadt einkaufen oder essen gehen möchte, kann man sich dort testen lassen und - wenn man negativ ist - mit der Bestätigung losziehen. Wenn wir mehr öffnen, müssen wir mehr testen. Da verstehe ich nicht, wenn manche Eltern ihr Kind in der Schule nicht auf Corona testen lassen - weil sie Angst vor einem positiven Ergebnis haben. So werden wir das Virus nicht aufhalten. Dann verbringen wir die nächsten Monate im Auf und Zu, Auf und Zu.

Und was sind die anderen beiden Komponenten?

Dann heißt es: impfen, impfen, impfen. Nürnberg liegt im Schnitt ganz gut: Wir haben knapp 60.000 Menschen geimpft, über 10 zehn Prozent der Bevölkerung. Wir werden in den nächsten zwei Wochen zwei dezentrale Impfzentren installieren - einmal in der alten KfZ-Zulassungsstelle im Norden der Stadt und einmal im Citypoint. Damit werden wir unsere Kapazitäten weiter steigern. Und als letzten Punkt hat Nürnberg inzwischen ein echt gutes Contact-Tracing-Team, das die Corona-Nachverfolgung hinbekommt. Wir haben auch noch einmal eine crossmediale Kampagne gestartet, um die Bevölkerung zu sensibilisieren.

Noch wird in Nürnberg nur im Messezentrum geimpft - bald sollen weitere Orte dazu kommen. 

Noch wird in Nürnberg nur im Messezentrum geimpft - bald sollen weitere Orte dazu kommen.  © Stefan Hippel, NN

Corona zeigt einige Defizite auf. Auch den großen Rückstand in puncto Digitalisierung, zuletzt an der verzögerten Öffnung des Tiergartens und der Museen zu beobachten. Wie wollen Sie dem begegnen?

Wir mussten wegen Corona viele Dinge neu organisieren: Es konnten nicht mehr, wie bisher, 1200 Menschen die Schalterhalle des Einwohnermeldeamts aufsuchen, sondern es musste auf Terminvergabe umgestellt werden. Dort schaffen wir derzeit 600 Termine am Tag. Mit dem Bürgerportal “Mein Nürnberg“ und Onlineassistenten wurden inzwischen 350 Vorgänge digitalisiert. Und zum Tiergarten kann man sagen: Ja, wir konnten nicht am Montag öffnen, weil wir erst am Freitagnachmittag erfahren haben, wie die Bedingungen sind. Aber es ist auch ein Beweis für eine leistungsstarke Verwaltung, dass wir innerhalb von zwei Arbeitstagen ein digitales System entwickelt haben, mit dem wir am Mittwoch öffnen konnten.

Defizite hat die Stadt auch im finanziellen Bereich, Corona kostet viel Geld. Der Konzertsaal ist dem schon zum Opfer gefallen ist. Was wird es noch sein?

Das Problem ist durch Corona beschleunigt worden, war aber schon davor da. Wir haben drei Aufgaben für die zukünftigen Haushalte: Wir müssen sparen.Wir müssen manche Dinge streichen und andere schieben. Trotzdem müssen wir investieren. Wir wollen eine leistungsfähige Stadt haben, die attraktiv ist, die wirtschaftlich stark ist und eine hohe Lebensqualität aufweist. Das wird nicht ohne neue Zuweisungen von Land oder Bund gehen.

Was steht auf der Streichliste?

Wir haben eine Matrix mit allen Großprojekten erstellt, die wir uns genau anschauen und dann entscheiden. Da stehen die großen Bauprojekte in den nächsten Jahren drauf: etwa das Opernhaus oder eine Feuerwache. Das muss jetzt bewertet werden. Beim Opernhaus haben wir ein Brandschutz-Thema und müssen uns die Frage stellen, wie wir das lösen können. Den Konzertsaal haben wir schon geschoben, im letzten Haushalt auch den Obstmarkt wieder um ein Jahr nach hinten.

Gleichzeitig hat die Stadt eine Machbarkeitsstudie für das neue Stadion in Auftrag gegeben. Ist für Fußball immer Geld da?

Es geht es um die Frage, wie wir mit dem ganzen Areal umgehen. Da findet viel mehr Sport statt als Fußball: zum Beispiel Leichtathletik oder Eishockey. Letztlich geht es um ein Sportzentrum. Außerdem: Muss denn immer alles die Stadt finanzieren? Womöglich gibt es auch Partner, die man mit ins Boot holen kann.

Sie fordern zur Linderung der Finanznot einen Marshall-Plan für Städte. Bund und Land haben sich dazu noch nicht konkret geäußert. Ist Ihre Initiative gescheitert?

Der Deutsche Städtetag hat sie übernommen, Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auch nicht Nein gesagt. Die Städte bekommen Fördertöpfe, die sehr engmaschig sind. Das wird der jetzigen Problematik nicht mehr gerecht: Es gibt einen Topf für Städtebau, es gibt einen Kulturtopf. Aber eine Kombination gibt es nicht, dabei besteht die Attraktivität von Innenstädten aus mehreren Aspekten: Die Menschen wollen etwas kaufen, gleichzeitig etwas erleben und eine tolle Zeit haben. Das zu realisieren, muss gefördert werden.

Es ist zwar schön, wenn die Innenstadt hübscher wird. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Leerstände stark zu. Dem kann man nicht mit ein wenig Grün begegnen.

Daher ist auch das Teil des Konzepts: Wie können wir Popup-Stores installieren? Wie können wir schnell mit den Eigentümern in Kontakt treten, wenn der ein oder andere eine innovative Idee für einen Leerstand hat? Ich weiß, dass der Grund und Hausbesitzerverein das kritisch sieht, aber manchmal kann es auch sinnvoll sein, wenn die Stadt ein Vorkaufsrecht hat. Etwa, wenn wir sehen, dass es Fehlentwicklungen gibt.

Trotzdem werden nicht alle Menschen, die jetzt online shoppen, wieder in die City zurückkehren. Muss man nicht ganz neu denken?

Früher sind die Menschen in die Stadt gefahren, um einen Pulli zu kaufen. Das ist vorbei. Dafür gehen viele jetzt ins Internet. Man fährt aber in die Stadt, um einen schönen Tag zu verbringen, zu schlendern, zu bummeln und Kultur zu erleben. Man geht ins Zukunftsmuseum. Man schaut sich im Fembohaus die neue Ausstellung an. Man geht auf die Fleischbrücke und trinkt einen Aperol Spritz oder einen Espresso. Und nebenbei kauft man noch einen Pulli. Wir wollen uns auch auf eine App zuschalten, um eine Registrierung zu vereinfachen, wenn Läden wieder öffnen können oder Veranstaltungen stattfinden.

Die Motoren, die Nürnberg stark gemacht haben - etwa der Tourismus oder die Messe - liegen jetzt am Boden. Werden Sie je wieder auf dem alten Niveau sein?

Nein, aber es wird trotzdem wieder aufwärtsgehen. Wir werden eine Messestadt bleiben. Die Menschen wollen nicht nur das Digitale, sondern vieles auch live erleben. Ich glaube, dass wir bei der Messe wieder 70 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreichen können. 30 Prozent werden in der digitalen Welt landen. Aber wir brauchen das Messegeschäft: Deshalb leiden aktuell ja auch die Gastronomie oder der Handel.

Braucht Nürnberg noch den Flughafen?

Ja. Wir brauchen ihn für die Metropolregion. Auch fürs Geschäft: 70 Prozent kommen als Geschäftsreisende nach Nürnberg. Ich versuche, alles daran zu setzen, den Flughafen zu halten, weil er eine Brücke zur Welt ist. Und ich gehe auch davon aus, dass der Reisetourismus wieder funktionieren wird.

Hotellerie, Gastronomie und auch Veranstalter haben harte Zeiten hinter sich. Und jetzt werden wieder Veranstaltungen für 2021 abgesagt. Wie viele dieser Akteure wird es nächstes Jahr noch geben?

Sie werden alle noch da sein, wenn es nach mir geht. Wir tun alles. Wir haben gleich zu Beginn der Krise eine Task Force gegründet, in der wir uns mit Gastronomen, Tourismusbranche, Wirtschaft, Gewerkschaften und Kultur zusammensetzen und klären, welche Wege wir zusammengehen können. Letztes Jahr sind wir der Gastronomie bei der Außenbestuhlung sehr entgegengekommen und für den nächsten Stadtrat gibt es eine Beschlussvorlage, dass wir das für 2021 verlängern. Wir werden bei Brauchtums-Veranstaltungen alle städtischen Gebühren um 50 Prozent senken: Das kostet uns fast 400.000 Euro

Wird das Klassik Open Air stattfinden?

Ja. Wir hoffen es: Man kann Bereiche markieren, in denen sich die Leute aufhalten. Wir werden schauen, dass wir Elemente aus der Blauen Nacht anbieten. Und wir haben auch das Bardentreffen noch nicht abgeschrieben.

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