Filmprojekt

Im Königreich des Abfalls: Nürnberger drehen Doku in Südostasien

21.5.2019, 16:00 Uhr
Die größte Müllhalde Südostasiens ist gleichzeitig die Heimat vieler Kinder.

© Foto: Michael Horschelt Die größte Müllhalde Südostasiens ist gleichzeitig die Heimat vieler Kinder.

Die Luft ist stickig, heiß und feucht. Der säuerliche Gestank von organischen Abfällen setzt sich in der Nase fest. Milliarden von Fliegen landen auf Körper und Gesicht. Man geht nicht durch den Müll, man watet. Der dreckige Schlamm legt sich auf die nackten Füße der Arbeiter von Bantar Gebang. "Scavenger" werden sie genannt, sie durchsuchen den riesigen Müllberg nach Dingen, die sie verkaufen, wiederverwenden oder auch essen können. 6000 Familien leben dort, in der Nähe der indonesischen Hauptstadt Jakarta. Sie leben vom und im Müll.

Im Königreich des Abfalls: Nürnberger drehen Doku in Südostasien

© Foto: Thomas Correll

Wenn Michael Horschelt von seinem ersten Besuch in Bantar Gebang erzählt, merkt man ihm seine Fassungslosigkeit angesichts der dortigen Umstände an. Der 27-jährige Nürnberger hat Architektur studiert, er interessiert sich für alternative Formen des Bauens, etwa mit Müll als Material. In Indonesien verbringt er ein Studienjahr, reist durch das Land – und stößt auf die gigantische Müllhalde, auf deren 110 Hektar Fläche jeden Tag 8000 Tonnen Unrat abgelagert werden; der gesamte Abfall der Millionenmetropole Jakarta.

Zunächst ist Horschelt angeekelt, dann erschüttert. Doch schließlich lernt er Resa Boenard kennen. Plötzlich beginnt der junge Mann, das Leben zu sehen, die lachenden Kinder. Und mit ihnen die Hoffnung, auch an diesem fürchterlichen Ort. Resa Boenard hat das "Kingdom of BGBJ" gegründet, eine Art inoffizielles Gemeindezentrum mit Schule und angeschlossenem Hostel. "BG" steht für Bantar Gebang, "Biji" heißt auf Indonesisch "Samen säen".

"Samen der Hoffnung"

"Die Kinder sind Samen der Hoffnung und irgendwann wachsen sie zu Bäumen heran", so beschreibt Horschelt die Philosophie hinter Boenards Projekt. Unterricht, Freizeitaktivitäten, kreative Beschäftigungen, gesunde Nahrung – Boenard versorgt die Kinder der Müllsammler mit Dingen, die sie sonst nicht bekommen würden. Finanziert wird das Ganze durch Spenden und den Betrieb des Hostels, in dem Reisende aus der ganzen Welt unterkommen, die diesen ungewöhnlichen Ort besuchen. Boenard kommt selbst aus Bantar Gebang, hatte das Glück, studieren zu können – und ist zurückgekehrt. Horschelt, der sich mittlerweile mit ihr angefreundet hat, nennt sie "die Mutter Theresa des 21. Jahrhunderts".

In dem Nürnberger reift schließlich der Entschluss, etwas zu tun. Nicht irgendwann, sondern so schnell wie möglich. Mit vier Freunden, die zum Teil auch aus Nürnberg stammen, will er einen Film drehen. "Das hat sich angeboten", sagt er, denn man habe gemeinsam das passende Know-how. Ein Regisseur ist dabei, ein Kameramann, ein Grafikdesigner und ein Web-Developer.

Crowdfunding gestartet

Es soll eine Dokumentation entstehen, die nicht den Müll, sondern die Menschen in den Mittelpunkt stellt und auf das "Kingdom of BGBJ" aufmerksam macht. Der Film soll durch Crowdfunding finanziert werden, Geld verdienen wollen die jungen Männer damit nicht. Horschelt wirbt bereits bei verschiedenen Stellen um Unterstützung, denn der Zeitplan steht: "Mitte Juni beginnen die Dreharbeiten. Wir werden das Projekt auf jeden Fall durchziehen." 10 000 Euro wollen Horschelt und seine Mitstreiter auftreiben, 3000 Euro für die Flugtickets, 2000 Euro als direkte Spende ans "Kingdom of BGBJ", und der Rest wird für Equipment und Produktion des Films ausgegeben.

Ist der Film erst abgedreht, will man mit Filmfestivals, Sendern und Videoplattformen verhandeln. "Die kompletten Einnahmen gehen nach Bantar Gebang", betont Horschelt.

Er ist überzeugt davon, dass die Schönheit und Hoffnung in diesem Königreich des Abfalls die Kinobesucher ebenso fesseln wird wie ihn selbst. Und er will konstruktiv sein, will zeigen, wie mit menschenunwürdigen Umständen menschlich umgegangen wird. Schließlich sei die Müllproblematik bei weitem nicht auf Indonesien oder Südostasien beschränkt, findet er: "Das geht jeden von uns etwas an."

Unterstützen kann man das Projekt auf
www.gofundme.com/koenigreich.

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