In Zeiten von Corona: So läuft die zweite Amtszeit des Christkindes

8.11.2020, 05:28 Uhr
Ein Bild, das es heuer nicht geben wird: Das Nürnberger Christkind Benigna Munsi stand im vergangenen Jahr nach dem Prolog zur Christkindlesmarkteröffnung strahlend auf der Empore der Frauenkirche.

© Michael Matejka, NNZ Ein Bild, das es heuer nicht geben wird: Das Nürnberger Christkind Benigna Munsi stand im vergangenen Jahr nach dem Prolog zur Christkindlesmarkteröffnung strahlend auf der Empore der Frauenkirche.

"Du bist unverkennbar", findet die Frau mit den zwei vollen Einkaufstaschen, die mitten in Passau vor Benigna Munsi stehen bleibt und sagt: "Du bist doch das Nürnberger Christkind." "Das hat mich wirklich umgehauen", sagt Benigna Munsi, der die Situation fast etwas unangenehm war.

Eine der beiden neuen Freundinnen, die sie im Studium kennengelernt hat und mit denen sie an diesem Tag die Pause im Freien verbringt, wusste noch gar nichts von ihrem prominenten weihnachtlichen Ehrenamt.

"Äh, was?"

"Die hat mich mit großen Augen angesehen und gesagt: ,Äh, was?‘", lacht Benigna. So etwas sei ihr auf der Straße – zumindest außerhalb von Nürnberg – noch nie passiert. Und das, obwohl Benigna Munsi weit über die fränkischen Grenzen hinaus vor ziemlich genau einem Jahr einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt hatte. "Leider nicht wegen dem, was ich eigentlich tue", sagt die 18-Jährige. "Das hat mich echt traurig gemacht."

Benigna Munsi strahlt fast immer, egal wann man die 18-Jährige trifft. „Ich bin eigentlich auch immer gut drauf“, sagt sie über sich selbst.

Benigna Munsi strahlt fast immer, egal wann man die 18-Jährige trifft. „Ich bin eigentlich auch immer gut drauf“, sagt sie über sich selbst. © Stefan Hippel

Kurz nach ihrer Wahl musste sich die damals 17-Jährige gegen rassistische Äußerungen der AfD und der NPD auf Facebook wehren. Wie souverän sie das tat und wie sehr sie alle beschämte, die Grundwerte wie Respekt und Menschenfreundlichkeit missachten, ging bundesweit durch die Presse. "Es tut mir leid für die Menschen, die mit so einer Sicht durch die Welt gehen und sich nicht auf das fokussieren können, was wirklich wichtig ist", sagte Benigna Munsi damals – und sieht das bis heute so.

Lebensfreude und Leichtigkeit

Lebensfreude, Frohsinn und Leichtigkeit hat sich Nürnbergs Christkind von einigen wenigen dummen Kommentaren nicht nehmen lassen, "ich war eher überwältigt von dem Rückhalt und den netten Nachrichten, die mich damals erreicht haben", sagt sie.

Viel Zeit zum Verschnaufen hatte Benigna Munsi nach ihrer ersten Amtszeit nicht. Lernen fürs Abitur stand in der ersten Hälfte dieses Jahres auf dem Plan, seit kurzem studiert sie Schauspiel in Passau. Und eigentlich könnten sich die Nürnberger in diesen Tagen von ihrem schauspielerischen Talent selbst überzeugen, wäre da nicht Corona. Benigna Munsi hätte in einem Stück am Staatstheater mitwirken sollen. "Es ist schade, dass wir jetzt nicht spielen können", sagt sie.

Aber auch in Sachen Corona wird einmal mehr deutlich, dass die 18-Jährige an allem noch so Schlechten immer etwas Positives findet: "Während des ersten Lockdowns waren wir mal wieder alle bei uns zu Hause. Das war schon lange nicht mehr so." Mit "alle" meint Benigna Munsi sich und ihre vier Geschwister, die sonst weit verstreut arbeiten oder studieren. "Wir haben zusammen das Gartenhaus renoviert und selbst Möbel gebaut. Das hätten wir sonst nie gemacht, und das hat mich gefreut. Ich weiß aber natürlich auch, dass diese Zeit für andere Menschen sehr, sehr schlimm ist."

"Natürlich war ich traurig"

Benigna Munsi denkt dabei zum Beispiel an die Beschicker des Christkindlesmarkts: "An die habe ich zuerst gedacht, als der Markt abgesagt wurde. Die bereiten sich das ganze Jahr darauf vor. Das ist schlimm." Sie selbst war, als die Stadt die Entscheidung fällte, den Markt abzusagen, gerade bei einer Sprechprobe für den Prolog. "Natürlich war ich traurig, andererseits hat es mich aber auch nicht wirklich überrascht. Es ist die richtige Entscheidung."

Für sie bedeutet diese Entscheidung aber auch eine ungewöhnliche zweite Amtszeit. Benigna Munsi wird, das hat die Stadt Nürnberg bereits entschieden, keine öffentlichen Auftritte haben. An Besuchen in verschiedenen Einrichtungen wie Kindergärten, Seniorenheimen oder Krankenhäusern will man indes – Corona-konform natürlich – festhalten. "Ich freue mich sehr auf diese Besuche. Ich denke, das Christkind kann Menschen gerade in dieser Zeit noch mehr Freude bereiten", sagt Benigna Munsi voller Optimismus – eine weitere Eigenschaft, die sie sich neben Lebensfreude, Frohsinn und Leichtigkeit seit ihrer Wahl vor einem Jahr stets bewahrt hat.

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