Irischer Knobel-König Kevin Dardis im Fußball-Fieber

19.4.2020, 16:00 Uhr
Kevin Dardis, hier bei den Fränkischen Quizmeisterschaften, berichtet in seinem Podcast über den fränkischen Amateurfußball.

© Roland Fengler Kevin Dardis, hier bei den Fränkischen Quizmeisterschaften, berichtet in seinem Podcast über den fränkischen Amateurfußball.

Kevin Dardis, wissen Sie noch, was Sie am 8. März gemacht haben?

Am 8. März? Da war ich entweder in Kiel oder in Lübeck.

Richtig, Sie waren beim Zweitliga-Spiel zwischen Holstein Kiel und dem Fürther Kleeblatt. Es war das letzte Fußballspiel, das Sie im Stadion gesehen haben. Denken Sie noch oft sehnsüchtig zurück?

Naja, aus dem Gästeblock hatte man keine gute Sicht, vom Spiel habe ich nicht viel gesehen. Ich bin trotzdem immer begeistert, wenn ich ein neues Stadion besuchen kann – selbst, wenn es in den Profiligen ist.

Ansonsten sind Sie als "Der Ire im Block" ja meist im Amateurfußball unterwegs. Was macht der Ire jetzt, da er in keinen Block mehr darf?

Ich lese, spiele Musik daheim und denke über meine Zukunft nach.

Und am Wochenende schauen Sie sich alte Spiele an und schwelgen in Erinnerungen?

Als Mensch, der sehr gern in Stadien ist, finde ich es sehr schwierig, mir Spiele im Fernsehen anzuschauen. Es ist einfach nicht das Gleiche, es fehlt das Drumherum. Die Bratwurst, die Leute um mich herum, wenn die alten Herren bei Landesligaspielen über die Vergangenheit reden. Wenn ich rausschaue und das schöne Wetter sehe, werde ich schon sehnsüchtig und denke mir: Wie schön wäre es jetzt, in Feucht oder Ottensoos zu sein, Fußball zu schauen, ein Bierchen zu trinken und eine Bratwurst zu essen?

Apropos Bratwurst: Es wirkt fast so, als ob Sie auch reisen, um zu sehen, wo es die beste gibt . . .

(lacht) Meine Freundin ist Veganerin, deshalb esse ich daheim gar kein Fleisch. Wenn ich aber auf dem Sportplatz bin, riecht es immer so gut – das gehört einfach dazu.

Dann geben Sie unseren Lesern doch einen Tipp: Wo gibt es die beste Bratwurst im fränkischen Amateurfußball?

Begeistert war ich in Kornburg, danach hab ich sogar angefangen, ein Lied drüber zu schreiben. Auch bei Quelle Fürth war die Wurst sehr lecker.

Ein Lied über Bratwürste in Kornburg. . .

(lacht) Es ging um Bratwürste allgemein – je schlechter der Fußball, desto besser die Bratwurst.

Das werden Sie in Kornburg nicht gern hören. Denn das hieße ja, dort würden sie schlechten Fußball spielen.

Nein, nein. Man kann einfach die Bratwurst aus der Bundesliga nicht mit der aus der Landesliga vergleichen. In der Landesliga wird die Bratwurst immer siegen.

Weil sie meistens wahrscheinlich vom örtlichen Metzger kommt. Lassen Sie uns zurückschauen. In der ersten Folge Ihres Podcasts haben Sie von einer Reise nach Cham berichtet. Warum genau Cham?

Ich hatte damals einfach das Gefühl, dass ich was zu sagen hatte. Es ging mehr um das Gesamterlebnis, um ein Museum. Mittlerweile ist der Stadionbesuch im Podcast wichtiger.

Warum überhaupt ein Podcast über Reisen durch den Fußball? Sie berichten ja auch bei Facebook davon.

Mein Deutsch spielt natürlich eine Rolle. Es ist einfacher, mir zuzuhören als Texte von mir zu lesen. Nachdem ich an 150 bis 200 Abenden pro Jahr auf der Bühne bin und spreche, passt mir das einfach besser. Ich genieße es, über Fußball zu reden. Meine Freundin wird laut lachen, wenn sie das hört.

Sie haben inzwischen sehr viele Stadien und Sportplätzen gesehen und dort viel erlebt. Gibt es einen Moment, der Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Über mein schönstes Fußballerlebnis in Deutschland hab‘ ich bislang noch nicht gesprochen. Es hat nichts mit Amateurfußball zu tun. Damals hat Irland bei einem EM-Qualifikationsspiel gegen den amtierenden Weltmeister Deutschland in Gelsenkirchen in der 93. Minute den Ausgleich geschafft. Ich stand im Gästeblock und es war einfach ein sehr schönes Erlebnis.

Und im Amateurfußball? Oder ist jede Reise wieder ein schönes Erlebnis?

Das haben Sie schön gesagt. Bei meiner Reise nach Cham hat die Heimmannschaft in einem Relegationsspiel 8:1 gegen Vach gewonnen. Das war unglaublich. Als ich zuletzt in Kiel war, hab‘ ich davor zwei Spiele in Lübeck gesehen, in der vierten und sechsten Liga. Und in beiden Spielen hat die Heimmannschaft in der Nachspielzeit das Siegtor geschossen. Solche Erlebnisse sind der Wahnsinn.

Was treibt Sie an? Ist es die, etwas pathetisch formuliert, pure Liebe zum Fußball?

Ich liebe Fußball, das ist klar. Es ist irgendwie ansteckend. Der Amateurfußball hier hat etwas von der ersten Liga in Irland – zumindest in der Vergangenheit, in den 80ern und 90ern. Als ich angefangen hab, ins Stadion gesehen, waren oft nur ein paar Hundert Leute da. Die Stadien waren ein bisschen runtergekommen. Die Regionalliga Bayern erinnert mich zum Beispiel oft daran. Ich habe hier das irische Niveau gefunden. (lacht)

Was jetzt entweder ein Kompliment für den Fußball hier oder ein Argument gegen den irischen ist . . .

In letzter Zeit war ich oft bei Spielen in der Landesliga Nordost, man lernt schnell die Spieler kennen, weiß, wer hervorragend ist. Das ist wie eine soap opera, eine Seifenoper, man will immer mehr lernen.

Lernen Sie dann auch die Menschen kennen? Es sind ja oft die selben auf den Sportplätzen.

Oft spreche ich mit den Leuten, die neben mir stehen. Es gibt im Amateurfußball Gott sei Dank keinen Videobeweis, also redet man über den Schiedsrichter oder über Abseits. So etwas gibt es im Profifußball nicht so sehr, es ist einfach viel familiärer.

Haben Sie mittlerweile einen Lieblingsverein in Franken?

Meine Freundin sagt immer, dass ich ein Fan vom 1. SC Feucht bin. Das stimmt nicht wirklich, aber 2019 habe ich sie 14-mal gesehen, die spielen für die Landesliga wirklich einen sehr attraktiven Fußball. Was mich am meisten begeistert ist, dass die Mannschaft immer versucht, schön zu spielen – egal, wer der Gegner ist. Es ist schon unglaublich: Die Jungs spielen in der sechsten Liga, aber sie sind topfit, nehmen die Sache sehr ernst, genießen es aber trotzdem.

Das klingt jetzt ganz danach, dass Sie bald mit einem Fanschal zu den Spielen gehen.

Ich habe noch keinen, aber vielleicht in der Zukunft, wenn sie aufsteigen dürfen in die Bayernliga. Sie hätten es verdient, weil sie zehn Punkte Vorsprung haben.

Wie nehmen die Vereine Ihre Besuche wahr? Die Kassierer zum Beispiel werden Sie ja irgendwann kennen.

Naja, ich bin fast jede Woche auf einem anderen Sportplatz, also kennt mich kaum jemand. Mit ein paar Leuten aus verschiedenen Vereinen habe ich wegen des Podcasts Kontakt, weil sie sich bei mir bedanken oder sich mit mir treffen wollten. Es ist aber ganz gut, wenn ich weiter anonym bleibe.

Sie bekommen also keine Frei-Bratwurst auf manchen Sportplätzen?

Natürlich nicht. Thomas Hölzl, der Stadionsprecher vom ATSV Erlangen in der Bayernliga Nord, hat den Podcast gehört. Er macht dort bei den Spielen immer ein Halbzeitgespräch und hat mich gefragt, ob ich Lust darauf hätte. Dann hat er gesagt, dass mein Name an der Kasse vermerkt ist, ich also nichts zahlen muss, wenn ich vorbeikomme. Das Angebot habe ich aber nicht angenommen, man muss die Vereine unterstützen, auch wenn es nur acht Euro Eintritt sind.

Das Gespräch aber haben sie gemacht?

Ja, natürlich. Beim ATSV sind leider meistens nur 100 oder 150 Leute da, obwohl sie auch einen guten Fußball spielen.

Beim Hören der Podcast-Folge über den TSV Buch habe ich herzlich gelacht. Sie haben manche Zuschauer mit Waldorf und Statler aus der Muppet Show verglichen. Gab es da Reaktionen darauf?

Sie haben die Folge auf Facebook geteilt, was ich sehr nett fand. Das merke ich an meinen Statistiken, plötzlich sind es 30 Hörer mehr.

Das Bild lässt sich aber nicht nur auf die Bucher übertragen, oder?

Nein, es gibt auf vielen Sportplätzen solche älteren Männer, die alles geben für den Verein, für mich sind die in Buch beispielsweise die Ultras. Und das Schöne ist ja: Die schimpfen natürlich, aber am Ende ist wieder alles gut, weil sie wissen, dass es ohne den Schiedsrichter keinen Fußball gibt.

Sehen Sie selbst eigentlich als Groundhopper?

Nein. Ich habe aber vollen Respekt vor solchen Leuten. Laut meiner App habe ich im letzten Jahr 80 Spiele besucht, andere besuchen 150 oder 200. Die sind die wahren Groundhopper, ich bin eher ein Bratwurstfresser. (lacht) Ich fahre lieber mal nach Raitersaich als in irgendwelche Stadien in Nordrhein/Westfalen. Das ist nicht meine Welt.

Zum Abschluss: Sie waren im März mit dem Kleeblatt in Kiel und waren in Irland Fan der Shamrock Rovers, die ebenfalls die Vereinsfarben Weiß und Grün haben. Ist die Spielvereinigung dann Ihr Verein oder gehen Sie auch mal zum Club?

Ich gehe zu Spielen beider Vereine, aber natürlich bin ich im März nach Kiel gefahren, um Fürth zu sehen. Das Frankenderby ist nichts, was ich wirklich genießen kann. Wenn ich ehrlich bin, war ich aber in der Vergangenheit öfter im Ronhof als im Max-Morlock-Stadion und habe das Kleeblatt auch auswärts häufiger gesehen als den Club.

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