Ja zum Tempolimit: Beckstein und Roth beim NN-Talk

22.11.2019, 15:02 Uhr
Günther Beckstein und Claudia Roth debattierten am Donnerstag beim NN-Talk über Klimaschutz und die aktuellen Zustände bei Union und Grünen.

© Michael Matejka Günther Beckstein und Claudia Roth debattierten am Donnerstag beim NN-Talk über Klimaschutz und die aktuellen Zustände bei Union und Grünen.

In seiner Zeit als aktiver Politiker hat sich Günter Beckstein (75) einmal zu dem Zitat hinreißen lassen: "Alle Meinungen, die Claudia Roth vertritt, halte ich für falsch." Darüber kann er beim NN-Talk in voll besetzten Marmorsaal des Nürnberger Presseclubs immer noch spitzbübisch grinsen.

Sein Gegenüber, die Grünenpolitikerin Claudia Roth (64), nimmt es mit Humor und gibt Kontra: "Ging mir ja genauso!", erklärt sie dem Moderator des Abends, NN-Chefredakteur Alexander Jungkunz. Vom heutigen Erscheinungsbild ihrer Parteien sind die beide gleichermaßen überrascht: Während früher die Union nach außen hin stets ein geschlossenes Bild abgab und sich die Grünen auf ihren Parteitagen fetzen konnten wie die Kesselflicker, sieht es heute nahezu umgekehrt aus. "Die Harmonie bei den Grünen ist ja fast schon unheimlich", frotzelt Beckstein und schiebt gleich hinterher: "Wer heute Streit auf einem Parteitag sehen will, der muss zur CSU gehen."

Debatte schwappt auf Klimawandel

Das will Roth so nicht ganz stehen lassen und berichtet von nach wie vor intensiven Debatten. "Aber es stimmt schon, die Geschlossenheit ist heute eine unserer großen Stärken", fügt sie hinzu. Angesprochen auf die "10 grünen Gebote", welche die CSU gerade über die sozialen Netzwerke verbreitet (z.B. "Du sollst kein Fleisch essen", "Du sollst nicht in den Urlaub fliegen" oder "Du soll gendergerecht sprechen") reagieren die beiden auf dem Podium emotional. Claudia Roth ("Ich bin eine bekennende Wurstliebhaberin!") kann die dumpfe Schnitzelverbots-Debatte einfach nicht mehr hören.

"Die Grünen wollen niemandem das Fleischessen verbieten", erläutert sie, "aber man wird doch mal laut darüber nachdenken dürfen, was unser Fleischkonsum in Brasilien oder Argentinien für Folgen hat – Stichwort Rodungen für Weideland", sagt sie kämpferisch. So gelangen die beiden Diskutanten rasch zum Thema Klimawandel. Den diversen Szenarien, wonach der Meeresspiegel bei einem Temperaturanstieg von x Grad um y Meter ansteigt, kann Beckstein rein gar nichts abgewinnen. "Wir können das Wetter ja nicht mal für 14 Tage zuverlässig vorhersagen, und da will einer wissen, wie es in 30 oder 50 Jahren hier aussieht? "Das kann nicht funktionieren", poltert er.

"Und du machst dann Innenministerin!"

Claudia Roth sieht in diesem Punkt die Politik gefordert: "Neben Äthiopien, Afghanistan und Nordkorea ist Deutschland das einzige Land der Welt, in dem es noch kein Tempolimit gibt, das kann ja wohl nicht wahr sein", erregt sie sich. Beckstein, gewiss kein Klimawandelleugner, ist überzeugt, dass die Welt nur dann die Wende schafft, wenn die entsprechenden Technologien entwickelt werden – "und die haben wir heute schlicht nicht."

Wobei er jeden einzelnen in die Verantwortung zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes nimmt: "Wenn es nach mir ginge, gäbe es ein generelles Tempolimit von 120 km/h", sagt er - und toppt damit noch die Forderung der Grünen, die sich viele Jahre für ein Tempolimit von 130 auf Autobahnen ausgesprochen hatten. Vielleicht komme es eines Tages ja dazu, wenn Schwarz-Grün in Berlin am Ruder sei, orakeln beide. "Genau: Günther Beckstein wird dann der Klimawandelbeauftragte der Bundesregierung!", witzelt Claudia Roth. "Und du machst dann Innenministerin!", gibt der 75-Jährige fröhlich zurück und sorgt für heiteres Gelächter zum Ausklang eines überaus unterhaltsamen Abends.

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