Journalismus - Hauptsache krass?

6.6.2019, 15:52 Uhr
Journalismus - Hauptsache krass?

© Stefan Klüter; Illustration: Ralph Meidl

Wo sind bereits wichtige Grenzen gefallen, wo werden sie (noch) berücksichtigt? Die Zuschauer werden selbst spüren, welche Gefühle strittige Texte und Bilder bei ihnen auslösen. 

Eine der Expertinnen auf dem Podium ist Gina Schad. Sie studierte an der Humboldt-Universität Berlin Medienwissenschaft, bereits während ihres Studiums startete sie dort mit der Plattform medienfische.de eine Interviewreihe zum digitalen Wandel. Seit 2015 forscht sie an der Universität Siegen zum Thema Privatheit.

Frau Schad, wenige "laute" Kommentare sind für das Gros der schlimmen Kommentare im Netz verantwortlich. Ist es also nicht übertrieben, von einer allgemeinen Verrohung der Tonart zu sprechen?

Gina Schad: Es ist übertrieben, weil es ja, wie Sie auch schon festgestellt haben, eben nicht alle sind, die sich negativ äußern. Es sind einige wenige, die Falschmeldungen verbreiten, die Stimmung vergiften, Hass schüren und dazu die sozialen Medien ganz gezielt benutzen. Auf der anderen Seite gibt es die Empörung. Die sind wir jedoch alle, und viele von uns machen gerne mit, da kann Twitter an manchen Tagen schon anstrengend sein. 

In welcher Weise färbt der Trend zur Empörung auf die Berichterstattung in den Medien ab?

Schad: Die Medien leben ja nun mal schon immer von Verkaufszahlen, oder nehmen wir jetzt mal das Netz: von Klickzahlen. Natürlich lassen sich Medien auch anstecken; weniger vielleicht Medien wie traditionelle Tageszeitungen, die ich sehr schätze, aber auch hier geht es um ebendiese Herausforderungen. Dem kann sich keine Zeitung – erscheint sie nun "analog" oder digital – ganz entziehen. Es gibt zunehmend Häuser, die Empörung quasi als Verkaufsmodell entdeckt haben. Dies gilt es natürlich kritisch zu hinterfragen.


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Bei welchen Themen sind Medien besonders anfällig, die Beherrschung zu verlieren?

Schad:  Es gibt zahlreiche Themen, die polarisieren: Feminismus, Geflüchtete, Gesundheit - die Liste ist lang. Auch Qualitätsmedien tappen da ab und zu in die Falle. Meist bekommen die entsprechenden Redakteure oder das Medium an sich heftigen Gegenwind, gerade bei Twitter. Und das zu Recht. Debatten können dazu beitragen, dass ein Thema ausdiskutiert wird und auch in Medienhäusern ein Umdenken stattfindet.

Was muss passieren, damit der negative Trend gestoppt werden kann?

Schad: Die sozialen Medien dienen häufig als Verstärker von Meinungen, und Empörung klickt sich nun mal einfach gut. Ändern können nur die Redaktionen selbst etwas bzw. die Medienhäuser. Aber auch die Nutzer im Netz, die durch ihre Kommentare bei Facebook oder Instagram seriösen Journalismus einfordern können. 

17.07.2019 / 19 Uhr / Museum für Kommunikation, Lessingstraße 6, Nürnberg

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