Klinikum Nürnberg warnt: Virusmutation sorgt für volle Intensivstation

8.4.2021, 08:31 Uhr
 Blick in eine Intensivstation im Klinikum Nürnberg.

© Foto: Rudi Ott/Klinikum Nürnberg  Blick in eine Intensivstation im Klinikum Nürnberg.

102 Corona-Patienten zählt das Klinikum Nürnberg derzeit. 28 davon liegen auf der Intensivstation, sie müssen rund um die Uhr behandelt, viele künstlich beatmet werden. Ein großes Krankenhaus wie das Klinikum kann das bewältigen, sagt Prof. Dr. Achim Jockwig. Trotzdem ist der Vorstandvorsitzende des Klinikums in Sorge.

Pandemie "ist nicht harmloser"

Denn ein großer Teil der Covid-Patienten ist erst in den vergangenen zwei Wochen ins Krankenhaus gekommen. Tendenz steigend. "Wir befürchten nach einem Jahr Corona eine gewisse Müdigkeit der Menschen beim Einhalten der Hygieneregeln", sagt Jockwig. Deshalb will er wachrütteln. Die Pandemie ist nicht vorbei, "sie ist nicht harmloser - und nichts, was nur Alte betrifft."


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Das sagt auch Dr. Arnim Geise. Er ist Oberarzt am Nordklinikum und leitet die Internistische Intensivstation. Dort ist vor kurzem ein erst 40 Jahre alter Vater von drei Kindern an Corona gestorben. Ohne Vorerkrankungen. 18 Covid-Fälle liegen derzeit auf der Intensivstation, 14 davon aus der dritten Welle. "Wir sehen vermehrt junge Patienten, die noch vor zwei Tagen wegen Husten beim Hausarzt waren und dann schwerkrank bei uns auf der Intensivstation liegen", sagt Geise.

Eben noch fit, wenig später intubiert

Dasselbe Bild zeichnet Prof. Dr. Stefan John. Er leitet die Abteilung Interdisziplinäre Intensivmedizin am Südklinikum. Dort liegen derzeit 13 Patienten auf der Intensivstation. "Im März waren wir schon mal bei drei." Vor allem aber bereitet ihm der viel schnellere Krankheitsverlauf Kopfzerbrechen. Früher seien die Covid-Infizierten länger auf der Normalstation gelegen, "jetzt laufen sie quasi noch normal in die Station rein und müssen danach schon bald intubiert und künstlich beatmet werden".

Mit den 13 Intensivpatienten ist das Klinikum Süd schon ausgelastet, "einer geht vielleicht noch". Zwar könne die Zahl der Intensivbetten stufenweise angehoben werden - doch fehlt es an denen, die sich um die Patienten kümmern.

Qualifiziertes Pflegepersonal fehlt

"Für mehr Betten bräuchten wir auch mehr hochqualifiziertes Personal", sagt Arnim Geise. "Ich müsste also Personal aus dem OP oder der Anästhesie nehmen." Um zwei Intensivbetten zu betreiben, benötigt er 5,5 Intensivpflegekräfte. "Das wären ein bis zwei OPs, die wir zu machen müssten." Doch auch die OPs seien nötig. Dazu sei das Personal ausgelaugt, habe Überstunden ohne Ende. "Aber sie machen weiter."

Immerhin: Rund 5000 von 7000 Mitarbeitern des Klinikums sind inzwischen geimpft. Das ist auch nötig, weiß Prof. Dr. Jörg Steinmann. Denn die aggressivere britische Variante verbreite sich rasend schnell, weiß der Leiter des Instituts für Klinikhygiene. 3000 PCR-Tests machen er und seine Mitarbeiter pro Woche.

90 Prozent erkranken an britischer Mutation

Seit Januar untersuchen sie die Proben auch auf Virusvarianten. "Anfang Februar haben wir noch bei fünf Prozent die britische Variante festgestellt", sagt er. Mitte Februar sind es schon 15, später rund ein Drittel. "Aber seit zwei Wochen sind wir bei über 90 Prozent."

Doch auch zum Schutz gegen diese Mutation hilft vor allem eines, sagen die Mediziner: Abstand- und Hygieneregeln beachten.

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