Erste Kostenkalkulation

Kommentar: 500 Millionen sollen für die Oper genügen

23.11.2021, 06:43 Uhr
Allein die Sanierung des Nürnberger Opernhauses soll 370 Millionen Euro kosten. Das ist deutlich weniger als bislang vermutet wurde.

© Sebastian Gulden, NNZ Allein die Sanierung des Nürnberger Opernhauses soll 370 Millionen Euro kosten. Das ist deutlich weniger als bislang vermutet wurde.

Die erste substantielle Kostenschätzung für die Sanierung des Opernhauses liegt jetzt vor und sie ist aufgrund des Vergleichsszenarios mit der Oper unter den Linden plausibel. 370 Millionen für die Sanierung des Opernhauses am Ring. Bis zu 50 Millionen Euro für die Gestaltung des Umfelds und 130 Millionen für die Einrichtung des Interims in die Kongresshalle, das klingt realistisch und hat ein sachliches Fundament.

Realistisches Raumprogramm

Dass das ganz Projekt plötzliche keine Milliarde mehr kosten soll, liegt daran, dass aufgrund eines realistischen Raumprogramms Berechnungen angestellt wurden und nicht auf der Basis der maximal vorgetragenen Wünsche des Staatstheaters. Auch der Vergleich mit dem Stuttgarter Opernhaus war in der Vergangenheit wenig dienlich. Die Schwaben haben zwar ein ähnlich altes Haus wie Nürnberg, bei der Platzzahl aber eines der größten Opernhäuser in Europa und damit viel höhere Sanierungskosten als Nürnberg. Manchmal hatte man den Eindruck, dass die eine Milliarde, die für die Sanierung des Opernhauses in Nürnberg regelmäßig genannt wurde, der Hebel sein soll, um das Projekt zu verhindern.

Kein Opernhaus für Reiche

Diese Willkür hat Methode. Da wurde der alte Instrumentenkoffer für den Streit zwischen Hoch- und Soziokultur wieder ausgepackt. Dabei wird übersehen, dass die Besucher des Opernhauses nur selten zu den Reichen und Schönen dieser Region gehören, denn diese Gruppe fährt nach München.

Zum überwiegenden Teil sind sie Musikliebhaber, die aus allen gesellschaftlichen Gruppen stammen. Die Kostenschätzungen, die jetzt endlich vorliegen, beenden hoffentlich auch die Geisterdebatte, dass die Münchner eine Konzertsaal zum Schnäppchenpreis für 42 Millionen Euro bauen können und die Nürnberger zu doof dafür sind. Der Aufführungssaal kostet in Nürnberg genau so viel. Die Kosten berücksichtigen aber nur den nackte Saal – in beiden Städten.

2025 wird zugesperrt

Auf der Basis der jetzt vorgelegten Kostenschätzung sollten die Planungen der Verwaltung für das Opernhaus-Interim vorangetrieben werden. Es eilt, denn 2025 wird das Opernhaus aus Brandschutzgründen zugesperrt. Die anhebende Debatte, ob das Kongresshallentorso kulturell genutzt werden kann, also, ob es eine Interimsspielstätte für das Opernhaus überhaupt dort geben darf, weil die Wirkmacht der Nazi-Architektur eingeschränkt werden könnte, entwickelt sich zu einer Nürnberger Groteske: Die Kongresshalle war nie fertig und konnte die Besucher des Reichsparteitagsgeländes nie beeindrucken.

Die Wirkmacht der Nazi-Kulissen

Was Besseres kann doch Nürnberg nicht passieren, wenn die Wirkmacht der Nazi-Kulissen kulturell dekonstruiert wird. Vom Blick in den Innenhof der Kongresshalle lässt sich niemand mehr beeindrucken. An der Erinnerungsarbeit auf dem ehemaligen Reichsparteitagsgelände wird nichts gestrichen, die Reste werden nicht zerstört. Die Stadt sollte aufhören das Reichsparteitagsgelände mit einer Dignität auszustatten, die nur die Schauseite des Nationalsozialismus überhöht. Das gehört sich nicht.

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