Kommentar: Söder als Kanzlerkandidat - Kann er? Will er? Muss er?

8.2.2021, 11:32 Uhr
Bei einer Videokonferenz mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gab sich Markus Söder bereits staatsmännisch. 

© Peter Kneffel, dpa Bei einer Videokonferenz mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gab sich Markus Söder bereits staatsmännisch. 

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hält sich bei politischen Voraussagen eher zurück. Er ist zu sehr Pragmatiker und weiß, wie schnell sich in der Politik der Wind drehen kann. Am Wochenende hat der Landesvater von den Grünen nicht nur Annalena Baerbock, Robert Habeck und Armin Laschet, sondern auch Markus Söder genannt, die "Kanzler können".

Für den gebürtigen Nürnberger eine Ehre, wenn ihm der politische Gegner nicht nur die Kandidatur zutraut, sondern auch das Amt des Kanzlers. Noch dazu segelt Söder bei Umfragen voran. Eine reife Leistung, wenn man bedenkt, dass der Nürnberger noch vor zwei Jahren als der unbeliebteste Ministerpräsident in Deutschland galt.


Söder im Exklusiv-Interview: "Schwarz-Grün kann interessant sein"


Bislang hat Söder aber noch nicht die leiseste Andeutung gemacht, ob er die Kanzlerkandidatur überhaupt will, selbst wenn die CDU mitmachen würde. Er verweist stets auf Ostern, wo er und Laschet gemeinsam den Kanzlerkandidaten verkünden wollen.

Nachdem Friedrich Merz und Norbert Röttgen bei der Wahl zum Parteivorsitzenden der CDU gegen Laschet den kürzeren gezogen haben und Gesundheitsminister Jens Spahn bei der Lösung der Pandemie-Krise mächtig unter Druck geraten ist, bleiben nur noch Laschet und Söder als Kandidaten übrig. Außenseiter oder Außenseiterinnen, die eine Chance haben, die Union in eine am Ende erfolgreiche Bundestagswahl zu führen, sind nicht einmal im Ansatz zu erkennen.

Dass Söder und Laschet die Bekanntgabe, wer Spitzenkandidat wird, hinauszögern, liegt an Corona. Eine falsche Entscheidung im politischen Alltag, die erhebliche Folgen hat, und der Kandidat ist erledigt. Söder, so lässt sich vermuten, wird nur dann Kanzlerkandidat machen wollen, wenn Chancen und Umfragen für Laschet ausgesprochen schlecht sind.

In München so viel Macht wie in Berlin

Für seine Zurückhaltung hat der Nürnberger etliche Gründe. Seine politischen Überväter, Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber, haben es trotz sehr guter Ausgangspositionen nicht geschafft, eine Bundestagswahl zu gewinnen.

Mentalitätsgeschichtlich gibt es offenbar in Deutschland Vorbehalte gegen Führungsfiguren aus Bayern. Das wäre bei Söder auch nicht anders: Was würde in einem Wahlkampf nicht alles aus seiner Vergangenheit gegen ihn persönlich ausgeschlachtet werden. Als Bayerns Ministerpräsident hat Söder mindestens genauso viel Macht wie als Kanzler in einer wackeligen Koalitionsregierung in Berlin. Für die CSU ist außerdem Bayern viel wichtiger als der Bund und würde Söder tatsächlich nach Berlin gehen, dann dürfte es erhebliche Diadochenkämpfe geben. Ein populärer Nachfolger oder eine populäre Nachfolgerin für Söder ist in der CSU derzeit nicht vorhanden.

Söder, keine Frage, kann Kanzler, und er könnte auch mit den Grünen, doch, ob er es will, ist unwahrscheinlich. Er macht es nur, wenn er muss.

Verwandte Themen


27 Kommentare