Kommentar zur OB-Wahl in Nürnberg: Söders späte Genugtuung

31.3.2020, 11:32 Uhr
Markus Söder (links) bei der Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten Marcus König und Julia Lehner im Mai 2019.

© Stefan Hippel Markus Söder (links) bei der Vorstellung der Bürgermeisterkandidaten Marcus König und Julia Lehner im Mai 2019.

Es hätte — durch die SPD-Brille betrachtet — so schön sein können: Eine Achse sozialdemokratischer Oberbürgermeister, die sich von Bamberg über Forchheim, Erlangen und Fürth bis nach Schwabach zieht. Alle aufgelisteten Kommunen sind zwar tatsächlich in SPD-Hand, dennoch spricht niemand von einer solchen Achse.Im Gegenteil: Es ist eher von einer Schneise die Rede. Eine, die die CSU mitten ins Herzen der ehemaligen SPD-Hochburg Nürnberg geschlagen hat. Mit der Noris, um im Bild zu bleiben, fehlt der möglichen SPD-Phalanx das Herz.

Mindestens sechs Jahre lang. Vielleicht aber sogar auf unabsehbare Zeit. Denn der erfolgreiche CSU-Kandidat Marcus König hat in seiner Vita nicht den Eindruck aufkommen lassen, ein Traumtänzer zu sein. Nein, der 39-jährige gelernte Bankkaufmann weiß sehr genau, was er will. Er hat sich Stufe um Stufe hochgearbeitet, von der Hauptschule bis ins höchste Amt der Stadt — seine Biografie wäre wie gemalt für einen Sozialdemokraten. Doch Königs Weg nach oben führte über und innerhalb der CSU. Umso größer ist der Katzenjammer am Tag nach einer der schlimmsten Wahlniederlagen in der Geschichte der Nürnberger SPD.

Mit dem Wundenlecken sollte sich die einstige Nummer eins in der Kommunalpolitik nicht aufhalten. Denn die Weichen für die kommenden sechs Jahre müssen rasch gestellt werden: Wer soll als Bürgermeister die SPD-Fahne in der Stadtregierung hochhalten? Wer die Fraktion führen? Und was passiert an der Parteispitze? Es ist ein Déjà-vu der besonderen Art: Was der Bundespartei und auch dem Landesverband vor nicht allzu langer Zeit beschert war, wird nun auch die lokale SPD ereilen: eine muntere Personaldebatte. Mit offenem Ausgang. Nicht wenige werden Ulrich Malys Entschluss, aus dem aktiven Politikerleben auszuscheiden, insgeheim verfluchen.

Aufs falsche Pferd gesetzt?

Die Frage, ob Maly, dessen Wunschkandidat Thorsten Brehm war, aufs falsche Pferd gesetzt hat, ist müßig. Das Spiel ist aus, der Weg in die Zukunft kann nur mit Geschlossenheit erfolgreich begonnen werden. Denn die CSU, daran gibt es keinen Zweifel, wird Nürnberg nicht mehr so leichtfertig aus den Händen geben, wie sie das nach ihrem ersten OB-Intermezzo 2002 getan hat.

Dafür sorgt schon der oberste Parteistratege Markus Söder. Wer den bayerischen Regierungschef kennt, weiß, wie wichtig ihm die Eroberung des Nürnberger Rathauses ist. Jahrelang hat er als eine Art Neben-OB versucht mitzuregieren, ehe er am Ende der Ära Maly in die friedvoll-freundschaftliche Koexistenz überging. Der Wahlerfolg Königs kommt einer späten Genugtuung Söders gleich. Die SPD in der Region darf sich – auf die größeren Städte bezogen – durchaus als Wahlsieger fühlen. Die SPD in Nürnberg hingegen als der große Verlierer.

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