Kommunalwahl am Sonntag: Wer wird Nürnbergs neuer Bürgermeister?

11.3.2020, 14:27 Uhr
Kommunalwahl am Sonntag: Wer wird Nürnbergs neuer Bürgermeister?

© Foto: Eduard Weigert

Denn Christian Vogel kann als Zweiter Bürgermeister wohl nur weitermachen, wenn die SPD erneut stärkste Fraktion im Rathaus wird. Und Schulbürgermeister Klemens Gsell (CSU), dritter Mann an der Stadtspitze, ist noch vor der Wahl von seiner eigenen Partei ausgebremst worden. Doch Gsell hofft, dass er auch in der neuen Stadtratsperiode eine tragende Rolle in der Stadtpolitik spielen wird – wenn auch nicht um jeden Preis.

"Klemens ist eben keine Klementine." Mit diesem lapidaren Satz hat Marcus König, OB-Kandidat der CSU, unlängst begründet, weshalb Klemens Gsell keine Chancen mehr auf einen Bürgermeister-Posten hat. Denn die Konservativen, allen voran CSU-Landeschef Markus Söder, wollten an der Seite des OB-Kandidaten unbedingt eine Frau sehen; eine, die in der Stadt noch dazu hohe Bekanntheit genießt. Deshalb kämpft König nun mit Kulturreferentin Julia Lehner um Wählerstimmen. Sie soll im Jahr der Entscheidung über Nürnbergs Bewerbung für die Kulturhauptstadt Kulturbürgermeisterin werden. Immer vorausgesetzt, die CSU vereint bei der Kommunalwahl genügend Stimmen auf sich.

Bürgermeister nein, Referent ja

Dass sich Gsell als Schul- und Sportbürgermeister über Parteigrenzen hinweg Respekt verschafft hat, gilt als unstrittig. Sollte es den 58-Jährigen hart getroffen haben, dass ihn die CSU aus wahltaktischen Gründen als Bürgermeister über die Klinge springen lässt, lässt er sich das zumindest nicht anmerken.

"Das ist ein Amt auf Zeit. Wenn ich nicht damit umgehen könnte, hätte ich den Job nicht machen dürfen. Sie sehen mich da sehr relaxed", sagt Gsell im Gespräch. Es habe ihn ja auch nicht völlig unvorbereitet getroffen. Nur dass Söder das schon in der Öffentlichkeit verkündet hat, ohne mit ihm vorher gesprochen zu haben, hat ihm nicht behagt. Er gehe jetzt aber auch nicht gramgebeugt und mit Rachegedanken durch die Stadt, sagt er im Podcast "Horch amol" der Nürnberger Nachrichten.


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Bürgermeister nein, Referent ja: Laut CSU-Fraktionschef König hat Gsell "das ganz klare Signal, dass wir in Nürnberg einen Menschen brauchen, der Schule und Sport verbindet. Er kann das genauso als Referent tun", so König unlängst im Interview mit dieser Zeitung. Gsell will auch gar nicht ausschließen, dass er in der neuen Stadtratsperiode als Referent dabei sein wird. Seine bevorzugte Variante sei das aber nicht. Er weiß auch ganz genau, was er auf jeden Fall nicht sein will: "Sechs Jahre lang ein Feigenblatt, eine Lame Duck." Nur fürs Administrieren "gebe ich mich nicht her".

Gsell will sich nur dann wieder zur Verfügung stellen, wenn der Bereich Schule und Sport auch bei der künftigen Stadtregierung Gewicht hat und entsprechend bei den Kooperationsverhandlungen zwischen den dann ein Bündnis eingehenden Parteien berücksichtigt wird. Im Moment befürchtet er jedoch, dass das Gegenteil der Fall sein könnte.

Die SPD werde mit ihrer neuen Sozialreferentin Elisabeth Ries stark auf Sozialthemen setzen, prophezeit Gsell. Und so wie es jetzt aussieht, könnten die Grünen ein viel stärkeres Gewicht haben. Die CSU wiederum bilde beim Thema Kultur einen Schwerpunkt, da könnten die Mittel für den Bereich Schule und Sport schrumpfen, befürchtet der aktuelle Schulbürgermeister. "Aber wenn der Wähler am 15. März klar sagt, er möchte den Bereich Schule und Sport vor der Kultur sehen, dann muss man in der CSU neu nachdenken." Gsell kandidiert auf Platz sieben der Stadtratsliste.

Votum für Vogel

Die SPD hat sich dagegen von Anfang an dafür ausgesprochen, dass Christian Vogel Bürgermeister bleiben soll. Auf Plakaten posiert OB-Kandidat Thorsten Brehm neben Vogel, auf einige Bilder durfte dann auch noch eine Frau: SPD-Fraktionschefin Anja Prölß-Kammerer.

"Ich bin froh, dass sich meine Partei eindeutig zu mir bekannt hat", sagt Vogel. Damit er Zweiter Bürgermeister bleibt, müsste die SPD wieder als stärkste Fraktion ins Rathaus gewählt werden – so ist das bislang Praxis. Die zweitgrößte Fraktion wiederum, aktuell die CSU, stellt den Dritten Bürgermeister beziehungsweise eine Bürgermeisterin.


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Nach dem jüngsten in den NN veröffentlichten Stimmungsbarometer stehen die Chancen gut für die SPD. Demnach dürfen sich aber auch die Grünen Hoffnungen auf einen Bürgermeister-Posten machen. Sie favorisieren dafür eine Frau. Andrea Friedel, die Erste auf der Grünen-Liste, käme hier wohl infrage.

Und wenn alle Stricke reißen? "Dann werde ich mir einen Job suchen. Ich bin noch jung genug dafür", sagt Vogel (50). Gsell wiederum könnte wieder als Richter arbeiten.

"Gespannte Erwartung" im Rathaus

Im Rathaus herrscht "gespannte Erwartung", wer bald als neuer Chef das OB-Büro im ersten Stock beziehen wird. So formuliert es Christine Schüßler, Chefin des Bürgermeisteramts. In der Schaltzentrale des Rathauses stellt man sich schon einmal darauf ein, dass man dem oder der Neuen auf dem Chefsessel auf jeden Fall mehr zuarbeiten muss, als das zuletzt bei OB Ulrich Maly (SPD) der Fall war, weil der – nach 18 Jahren im Amt – die Stadt und die Verwaltungsarbeit aus dem Effeff kennt.


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"Wir müssen die Vorarbeit zu einzelnen Terminen intensivieren", ist Schüßler sicher. Die Dienststellen müssten sich noch mehr Gedanken machen, wie sie Inhalte kurz zusammenfassen. Schüßler geht auch davon aus, dass man Malys Nachfolger oder Nachfolgerin bei Reden stärker unterstützen muss. Maly reichen oft ein paar Stichworte für eine rhetorisch astreine Rede.

"Der neue OB könnte auch digitaler werden", fährt Schüßler vorsichtig fort. Er wird das ganz sicher sein. Denn Maly ist bekannt dafür, dass er sich sogar E-Mails ausdrucken lässt. Von Auftritten in den sozialen Netzwerken, in denen sich die aktuellen OB-Kandidaten ganz selbstverständlich bewegen, ganz zu schweigen.

Schüßler war vor ihrem Karrieresprung zur Amtsleiterin persönliche Mitarbeiterin Malys. Sie glaubt, dass ihr Team und sie mit allen gut zusammenarbeiten könnten, die sich jetzt um Malys Nachfolge bewerben und echte Chancen haben.

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