Kreuz-Debatte: Nürnbergs Grüne kassieren Rüffel von Maly

24.5.2018, 18:13 Uhr
Kreuz-Debatte: Nürnbergs Grüne kassieren Rüffel von Maly

© Foto: Peter Kneffel/dpa

Achim Mletzko, Chef der grünen Stadtratsfraktion, ist "entsetzt und zutiefst enttäuscht". Das sagt er, nachdem er einen Brief von Oberbürgermeister Maly gelesen hat. Darin rüffelt der OB die drittgrößte Fraktion im Stadtrat dafür, einen Antrag zum Kreuz-Erlass gestellt zu haben.

Er halte die Idee, "einen solchen Antrag zu schreiben, für suboptimal", schreibt Maly. Und später erläutert er auch seine Gründe: Kruzifix-Debatten polarisierten und spalteten. "Unstreitig ist, dass solche Debatten nicht verletzungsfrei ablaufen, und deshalb bedauere ich den Antrag..., weil er die Debatte dort anfachen will, wo sie überhaupt nicht stattfinden müsste."

Mletzko findet diese Antwort verwunderlich. Schließlich wird landauf, landab über den Kreuz-Ukas diskutiert. Dass sich Maly mit einem persönlichen Brief der öffentlichen Debatte im Stadtrat entziehen wolle, hält der Grünen-Politiker für falsch. Was Mletzko besonders wurmt: Die Grünen wollen sich nicht unterstellen lassen, dass sie durch ihren Antrag "zur Spaltung beitragen" (Mletzko).

Der Antrag der Grünen stammt von Anfang Mai und greift den ab 1. Juni geltenden Kreuz-Erlass von Ministerpräsident Söder auf. Die grüne Fraktion steht dem Kreuz-Zwang ablehnend gegenüber und wollte wissen, wie die Stadt "das verpflichtende Anbringen eines religiösen Symbols in staatlichen Gebäuden vor dem Hintergrund der weltanschaulichen Neutralitätspflicht des Staats" bewertet. Und sie fragte nach, ob der OB der Empfehlung der Staatsregierung folgen will, dass auch Gemeinden im Foyer ihrer Gebäude Kreuze aufhängen sollen.

Das wird er nicht, was für die Grünen keine Überraschung sein dürfte. "Wir haben nicht vor, uns anzuschließen", sagt Bürgermeisteramtschefin Christine Schüßler. "Für kommunale Ämtergebäude ist nichts veranlasst, und ich habe auch nicht vor, irgendwas zu veranlassen", so Maly. In den Behörden der Stadt hingen weder Kreuze noch das Konterfei des jeweiligen Bundespräsidenten, trotzdem seien sie zweifelsfrei als städtische Behörden erkennbar und sogar funktionsfähig, fährt er fort.

Maly macht in dem an die Grünen adressierten Schreiben keinen Hehl daraus, dass er Söders Vorstoß nicht gutheißt. Das Stadtoberhaupt findet, dass das Kreuz nichts in der politischen Auseinandersetzung verloren hat. Maly begründet das mit seinem Respekt vor dem christlichen Symbol des Kreuzes, der ausgeprägt sei, "gerade weil ich keiner Kirche angehöre".

Auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Anja Prölß-Kammerer kann wenig mit dem Beschluss des bayerischen Kabinetts anfangen. Sie sei froh, dass dieser nur für staatliche Gebäude gelte. "Dass das Kreuz politisch instrumentalisiert wird, finde ich schwierig. Das hat etwas von Ausgrenzung."

König auf Söder-Linie

Marcus König, Chef der CSU-Fraktion im Stadtrat, ist dagegen im Großen und Ganzen auf Söder-Linie. Er habe kein Problem damit, dass Kreuze aufgehängt werden. Es sei für ihn ein Zeichen des Glaubens, wenn auch nicht unbedingt der Kultur, wie er sagt. "Ich bin mit dem Kreuz groß geworden. Es hängt bei mir im Büro eines und daheim bei uns", fährt König fort. Er glaubt aber nicht, dass die Kreuz-Debatte in der Stadt ein Riesenthema wird. Deshalb war er auch nicht dafür, dass seine Fraktion einen entsprechenden Antrag stellt.

Ganz und gar kreuzfrei sind städtische Gebäude übrigens nicht. Manfred Hierl, Leiter des Amts für allgemeinbildende Schulen, weiß zumindest von einem städtischen Gymnasium, in dem seit langem Kreuze hängen. Das sei nie diskutiert worden, sagt er. Auch in den Grundschulen sind Kreuze angebracht. Es ist eine Entscheidung der jeweiligen Schule auf der Basis des Kruzifix-Urteils des Bundesverfassungsgerichts.

Maly graut offenbar davor, dass irgendjemand dieses Fass aufmachen könnte. Er wolle "eigentlich keine öffentliche Erörterung der Sachlage bezogen auf die Nürnberger Schulen", schreibt er an die Grünen.

Für die staatlichen Behörden in Nürnberg werden derweil Kreuze beschafft. Das Wasserwirtschaftsamt hat für vier Gebäude Kreuze bestellt. Die Justiz kann auf Alt-Bestände zurückgreifen. "Wir haben noch Kreuze", sagt Sprecher Friedrich Weitner. Nur für den Haupteingang des Justizpalastes muss noch eines gefunden werden. Im hiesigen Ableger des Finanzministeriums war man besonders schnell: Hier hängt das Kreuz schon.

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