Lärmklage gegen Nürnberger Kindergarten ist gescheitert

12.4.2013, 08:43 Uhr
Lärmklage gegen Nürnberger Kindergarten ist gescheitert

© dpa

Eine Lokomotive mit Kriechröhre, ein Turm mit Rutsche und ein Dschungelweg – noch ahnen die „Wöhrder Stadtteilkinder“ noch nicht einmal, welche Spielstätten in ihrer Kindertagesstätte geplant sind. Doch ein Streit darüber, ob die Jungs und Mädchen überhaupt an der frischen Luft spielen dürfen, ist bereits entbrannt.

„Derzeit ist ein Umbau geplant, damit sich unsere Kinder auch an der frischen Luft kindgerecht austoben können“, notiert die Kindertagesstätte auf ihrer Internetseite, besagter Umbau wurde vom Bauamt der Stadt Nürnberg in einer Größe von 300 Quadratmetern bereits genehmigt. Doch eine Nachbarin will mit einer Klage vor dem Ansbacher Verwaltungsgericht die Spielfläche im Innenhof verhindern, auch weil ihr Balkon zum Hof ausgerichtet ist. „100-prozentig“, so sagt sie, wird sie sich künftig durch das Lachen, Spielen und Weinen von Kindern belästigt fühlen. Doch sie zieht den Kürzeren.

198 Kindergärten gibt es in Nürnberg, rechnen ihr die Richter vor: 54 davon bieten bis zu 44 Plätze an, 66 Kitas bis zu 50 Plätze und 75 Einrichtungen weisen mehr als 50 Plätze auf. Die Wöhrder Einrichtung liegt mit 25 Kindern ab drei Jahren sowie einer Krippengruppe mit 24 Kindern (acht Wochen bis zu drei Jahren) somit im Mittelfeld.

Dass Kinder, wenn sie ausgelassen toben und schreien, auch mal ihre Eltern oder die Nachbarn nerven, versteht sich von selbst. Doch: Das Bundesverwaltungsgericht hat schon 1991 die Maxime aufgestellt, Kinderlärm als sozialadäquat zu bewerten und nicht als „schädliche Umwelteinwirkung“.

Zuletzt wies das Verwaltungsgericht München auch die Klage von Nachbarn ab, die in einem reinen Wohngebiett eine Kinderkrippe mit 48 Plätzen verhindern wollten.

Kita-Betrieb kaum zu verhindern

Die Richter der 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Ansbach haben im aktuellen Verfahren die Prozessbeteiligten eigens zum Ortstermin geladen, die Gruppe aus städtischen Mitarbeitern, Rechtsanwälten und der klagenden Nachbarin besichtigt nicht nur den Innenhof, in dem die Kindertagesstätte die Spielanlage errichten will, vielmehr machen sich die Richter auch in den Nebenstraßen ein Bild von dem Stadtteil. Die Bewohner Wöhrds sind in ihrem allgemeinen Wohngebiet gut versorgt: In der Sulzbacher Straße, aber auch in ihren

Seitenstraßen finden sich Bäckereien, eine Drogerie und eine Reinigung, Friseurgeschäfte und Boutiquen, Gaststätten und Ärzte – ganz im Gegensatz zu einem reinen Wohngebiet. Kindergärten sind dort immer dann zulässig, wenn sie „gebietsverträglich“ sind.

Kinderlärm aus Tagesstätten, Kindergärten oder Spielplätzen gilt seit Mai 2011 auch gesetzlich nicht mehr als „schädliche Umwelteinwirkung“. Damals änderte der Bundestag das Immissionsschutzgesetz und Anwohner haben seither kaum die Möglichkeit, den Betrieb einer Kita im Wohngebiet zu verhindern.

Doch nicht alle Nürnberger nehmen Kinderlärm als Zukunftsmusik wahr, Rechtsdirektor Klaus Stengl berichtet von gelegentlichen Klagen gegen Kindergärten. In speziellen Stadtteilen leben diese Beschwerdeführer nicht, die wenigen Beschwerden kämen aus den unterschiedlichsten Gegenden, so Stengl. Übrigens gingen die lärmempfindlichen Bürger dabei nicht nur wegen Kindergärten auf die Barrikaden, geklagt wurde auch schon gegen einen genehmigten Pfarrsaal und eine Schule.

Die Nachbarin der „Wöhrder Stadtteilkinder“ verlässt den Ortstermin trotz der eindeutigen Gesetzeslage mit einem kleinen Erfolg: Die Spielfläche in dem Innenhof wird mit einem absperrbaren Tor verschlossen. So wird verhindert, dass außerhalb der Betriebszeiten der Tagesstätte (Montag bis Freitag, 7 bis 17 Uhr) dort fremde Kinder spielen.

81 Kommentare