Laufer Mordprozess: Ehemann will von Tat nichts geahnt haben

10.9.2020, 18:57 Uhr
 Um seine Ex-Freundin zurückzugewinnen soll der 32-jährige Michael M. deren Geliebten ermordet haben.

© Andreas Kirchmayer (PZ)  Um seine Ex-Freundin zurückzugewinnen soll der 32-jährige Michael M. deren Geliebten ermordet haben.

Die Blutlache im Gras ließ Erwin H. an einen Jäger denken, gut möglich, dass hier ein Reh aufgebrochen wurde. Hier, im Wald zwischen Lauf und Schönberg, sei ein Ansitz, die Jäger haben einen guten Blick, so Erwin H.: Er sitzt als Zeuge im Schwurgericht und schildert, dass es geregnet hatte. "Deshalb wollte ich mal schauen, ob’s Pfiffer gibt."

Am 14. Juli 2019 gegen 7.20 Uhr fielen ihm erst Blut- und Schleifspuren im Gras am Rand eines Schotterweges auf, als er auch einen Turnschuh liegen sah, wurde er misstrauisch. Er ging einige Schritte weiter und sah nun, in einer Senke, etwa vier Meter entfernt, einen Mann liegen. Dessen Körper war seltsam verdreht. H. stieg gleich wieder in sein Auto und fuhr nach Lauf zurück.


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"Ich holte meine Frau ab, allein wollte ich nicht zur Polizei gehen", erklärt der 52-Jährige vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.

Wenig später fuhren mehrere Autos zu dem Waldstück, Erwin H. zeigte den Polizisten den Fundort, ein Beamter sei "käsweiß" geworden, sagt H., ergänzt, dass ihm dieser Polizist auch gesagte habe, es sei "besser so" gewesen, dass er sich dem Leichnam nicht genähert hat. Und dies nicht nur, weil der Pilzsammler vielleicht Spuren zerstört hätte.

Körper wies 27 Stichwunden auf

Original: In Wald bei Lauf im Landkreis Nürnberger Land geschah der Mord: Die Spuren führten die Ermittler schnell zu Michael M.

Original: In Wald bei Lauf im Landkreis Nürnberger Land geschah der Mord: Die Spuren führten die Ermittler schnell zu Michael M. © Foto: NEWS5/Friedrich

Ein Jahr später werden Bilder dieses Waldstücks und des Leichnams von Christian B. (27) im Sitzungssaal betrachtet: Mehrere Ermittler erklären die Spurenlage am Fundort, die ersten Fotografien stammen aus größerer Entfernung, es folgen Nahaufnahmen.

Christian B. trägt nur einen Turnschuh, sein zweiter Fuß ist nackt, der Kopf leuchtet als roter Fleck. Die Nahaufnahmen zeigen eine stark verdreckte Vorderseite der Jeans: Im hohen Gras am Wegrand wurden Schleifspuren hinterlassen – Indizien, die belegen, dass der Leichnam zum Fundort gezogen wurde.

Der Mann wurde brutal getötet. Sein Körper weist 27 Stichwunden auf, der Täter schlug seinem Opfer mindestens 22 Mal – mit einem bislang nicht identifiziertem Gegenstand – auf den Kopf. Die Rechtsmedizin hat ein schweres, offenes Schädel-Hirn-Trauma festgestellt.


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Ein grausamer Fund, doch Pilzsammler Erwin H. entdeckte den Toten nur wenige Stunden nach der Tat – und verhinderte so mutmaßlich einen zweiten Mord, denn bereits am Abend wurde Michael M. (32) festgenommen. Er hatte zuletzt mit Christian B. telefoniert. In M.s Auto klebte Blut, nahe der Leiche wurden Trittspuren entdeckt – und als die Ermittler M.s Wohnung durchsuchten, fanden sie Schuhe, deren Größe und Profil zu den Spuren im Wald passten, feuchte Erde klebte an deren Sohlen.

Michael M. sollte Nebenbuhler aus dem Weg räumen

Treffen die Vorwürfe des Staatsanwalts zu, lockte M. sein Opfer in jener Nacht kurz nach Mitternacht aus dem Haus, tötete Christian B. und legte dessen Leichnam im Wald ab. Angestiftet hatte ihn seine Geliebte, Sarah D. (33) – und angeblich forderte sie ihn auch zum Mord an ihrem Ehemann Horst D. auf.

Ihr Plan: Michael M. sollte die beiden Nebenbuhler aus dem Weg räumen und zu ihr ziehen, genauer in das Haus ihres Ehemannes.

Vor zehn Jahren, im Jahr 2010, hatten Horst und Sarah D. geheiratet, sie lernten sich über eine Annonce in der Zeitung kennen. Horst D. arbeitet als Bäcker, und weil er mitten in der Nacht zur Arbeit muss, nahm er Rücksicht auf seine Frau und schlief auf dem Sofa statt im Ehebett, schildert er am Donnerstag als Zeuge. Derzeit läuft die Scheidung, und heute weiß Horst D. nicht mehr, was er glauben soll. Als Noch-Ehemann der Angeklagten Sarah D. darf er die Aussage verweigern, doch er will sprechen – jedoch fallen seine Antworten knapp aus.

Wie die Ehe war, wollen die Richter wissen, "normal", sagt Horst D., er habe immer wieder mal gefragt, ob "alles passt", und "ja, hat sie g’sagt".

Ehemann betrogen und belogen

Ob es Zeichen der Zuneigung über "passt scho" hinaus auch gab, wird nicht recht klar, doch das Eheleben war offenbar eingeschlafen.

Redseliger wird er erst, als er berichtet, dass seine Frau plötzlich ein zweites Auto hatte, Christian B. hatte es ihr besorgt. Auch mehrere Handys besaß die Gattin, was der gehörnte Mann nicht ahnte. Erst vor Wochen habe er bemerkte, dass diese Geräte auf seinen Namen liefen, und er die Rechnungen bezahlt hatte.

Wie es sich anfühlt, von der Frau hintergangen und betrogen zu werden, in einer Ehe gelebt zu haben, in der sie ihm nach dem Leben trachtete? "Vielleicht hab’ ich mir alles nur gut geredet", sagt er und erwähnt dann doch noch die "komische Sache mit dem Nudelauflauf".

"Einfach so", habe ihm Michael M., übrigens auch Arbeitskollege von Horst D., mal einen Nudelauflauf daheim vorbei gebracht. Er wolle "nichts unterstellen", sagt der Zeuge, aber im "Nachhinein" wäre das schon sehr seltsam. Gegessen habe die Speise jedenfalls nicht. Der Prozess geht weiter.