Machtkampf um Spitzenposten in Nürnberger SPD entflammt

2.4.2020, 05:42 Uhr
Führende SPDler ratlos: Parteivize Nasser Ahmed, Bürgermeister Christian Vogel, Bundestagsabgeordnete Gabriela Heinrich, Fraktionschefin Anja Prölß-Kammerer, OB Ulrich Maly sowie Parteichef und OB-Kandidat Thorsten Brehm (v. li.).

© Stefan Hippel Führende SPDler ratlos: Parteivize Nasser Ahmed, Bürgermeister Christian Vogel, Bundestagsabgeordnete Gabriela Heinrich, Fraktionschefin Anja Prölß-Kammerer, OB Ulrich Maly sowie Parteichef und OB-Kandidat Thorsten Brehm (v. li.).

Dieser Satz hat eine Wucht, die sich erst noch so richtig entfalten wird: "Jetzt geht es erst einmal um Strategie und Inhalte. Dann werden die Personalfragen besprochen."


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In der Nürnberger SPD brodelt es. Aber so richtig. Die Sozialdemokraten haben innerhalb von zwei Wochen zwei mächtige Klatschen bekommen bei der Kommunalwahl. Sie sind nur noch zweitstärkste Kraft im Stadtrat, haben gegenüber 2014 gut 19 Prozentpunkte eingebüßt. In der Stichwahl verloren sie dann, wenn auch knapp, noch den OB-Posten. Die große Macht ist weg. Und damit auch so manche Karriere-Hoffnung innerhalb der Partei.

Die Wucht der Niederlagen und Enttäuschungen bei vielen Genossen hat sich am Montag bereits in der Vorstandssitzung des Unterbezirks entladen. Sie traf diejenigen, die bisher das Ruder fest in der Hand hielten (und noch halten), die in den vergangenen Jahren die Geschicke von Partei und Fraktion geleitet und die Stadt mit geführt haben.

Kritik am OB

Da ist Oberbürgermeister Ulrich Maly, der vor seinem Rückzug bereits Parteichef und Fraktionsvize Thorsten Brehm als seinen potenziellen Nachfolger und OB-Kandidaten ausgewählt hat; da ist Bürgermeister Christian Vogel, dem viele Parteimitglieder bessere Chancen bei der OB-Wahl ausgerechnet haben. Damit verbunden war zugleich Kritik an der Wahl Brehms als OB-Kandidaten "im Hinterzimmer". Das sei nicht der stärkste Kandidat gewesen.


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Da ist auch die Fraktionsvorsitzende Anja Prölß-Kammerer, der nun eine Führungs- und Gestaltungsschwäche vorgeworfen wird aus den Reihen der Kritiker. Und die melden sich jetzt zu Wort. Intern – und auch extern, wenn auch nicht offen.

"Es hat deutliche Kritik an der Partei- und Fraktionsführung gegeben", berichten Teilnehmer der Vorstandssitzung. Die Schuld für die Niederlage der Stichwahl nun bei dem Wahlverhalten der Grünen und der Corona-Krise zu suchen, sei inakzeptabel. Bürgermeister Vogel hatte noch am Wahlabend die Grünen-Wähler als "unberechenbar" bezeichnet und damit zum Ausdruck bringen wollen, dass man sich bei den Sozialdemokraten schon eine Wahlempfehlung ihres Kandidaten durch die Spitze der Öko-Partei gewünscht hätte. Maly und Brehm hatten auch die Corona-Krise angeführt. "Da müssen sich führende SPDler schon an die eigene Nase fassen", sagt nicht etwa ein Grüner, sondern ein Vorstandsmitglied der Nürnberger SPD.


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"Ein ,Weiter so wie bisher’ kann es nun bei den Verhandlungen mit der CSU und den Grünen im Rathaus nicht mehr geben", lautet eine deutliche Mahnung. Und bei der Mahnung ist es nach Schilderungen von Vorstandsmitgliedern nicht geblieben.

Jusos mit am Verhandlungstisch

"Es gibt keinen Blankoscheck für die alte Führungsriege mehr", sagt ein hochrangiges Parteimitglied. Nicht ohne Widerstand der Etablierten, dennoch mit Mehrheit, sei beschlossen worden, dass von der selbstbewussten Nachwuchsorganisation, den Jusos, ein Mitglied bei den Verhandlungen über künftige Kooperationen im Rathaus dabei ist. Das ist wie ein Misstrauensvotum gegen die etablierten Spitzenleute.

Es habe aus der Mitgliedschaft viele Rückmeldungen gegeben, so ein Parteimitglied, es künftig anders zu machen. Es gibt in der Nürnberger SPD nach wie vor starke Strömungen, es mit einem rot-grünen Bündnis zu versuchen, auch wenn man sich dafür weitere Bündnispartner im Rat suchen müsste. "Dabei müssen wir auch unser Verhältnis zu den Grünen überprüfen", heißt es.


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Und wenn Strategie und Inhalte geklärt sind, wird es um die Führungsämter gehen.

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