Maly: Keine Mehrheit für "Tempo 30"

23.4.2013, 08:00 Uhr
Wird am Donnerstag in Frankfurt zum Präsidenten des Deutschen Städtetags gewählt: Nürnbergs OB Ulrich Maly.

© dpa Wird am Donnerstag in Frankfurt zum Präsidenten des Deutschen Städtetags gewählt: Nürnbergs OB Ulrich Maly.

Maly glaubt nicht, dass der Personalwechsel, der auch ein Generationenwechsel ist, eine Kursänderung des Verbands bedeutet, denn die Probleme für die Städte bleiben die gleichen. „Es ist nicht so wie bei den Parteien, wenn ein neuer Vorsitzender kommt. Es ist eher wie bei dem Film ,Und täglich grüßt das Murmeltier‘: Gewerbesteuer, Soziallasten und die Interessenvertretung der kommunalen Ebene gegenüber dem Bund. An diesen Themen wird sich inhaltlich im Grunde nichts ändern“, sagt Maly.

Eine Reform des Solidarpakts hält der designierte Städtetagspräsident für nötig, denn bislang sind auf dieser Förderebene die Städte im Westen ausgeschlossen. „Was sich überlebt hat, ist die Festlegung einer geografischen Förderkulisse bei der Gründung des Solidarpakts. Alle Städte, die im Osten liegen, bekommen etwas, und alle, die im Westen liegen, müssen zahlen. Das wird der heutigen kommunalen Realität nicht gerecht“, erklärt Maly. Es wäre zu überlegen, ob es nicht weiter eine Förderung geben müsse, die Kommunen helfe. „Im Grunde ist das ein kommunaler Finanzausgleich. Entscheidend sollte die Bedürftigkeit sein und nicht die Gebietskulisse“, so der OB.

Eine ganze Reihe von großen Finanzierungssystemen steht in den nächsten Jahren auf dem Prüfstand: Die Klage gegen den Länderfinanzausgleich wurde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, die Laufzeit des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes endet 2019, und auch der Solidarpakt läuft in sechs Jahren aus. „Alle Beteiligten wissen, das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz darf nicht enden, denn dann gibt es keinen öffentlichen Personennahverkehr mehr, wir brauchen deshalb eine Anschlussfinanzierung. Ich glaube, dass die neue Bundesregierung, wer auch immer sie stellt, eine große Reform der Finanzverfassung zusammen mit den Ländern anstreben wird. Hier müssen sich die Städte einmischen, denn es gilt die Claims abzustecken“, sagt Maly.

Für den Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs gibt es schon Beschlüsse des Städtetagspräsidenten. „Für große Projekte brauchen wir die Beteiligung des Bundes, da ist das Kooperationsverbot der Föderalismusreform Unsinn“, stellt Maly fest. Das Kooperationsverbot gilt derzeit schon im Bildungsbereich: Hier darf sich der Bund überhaupt nicht in Länderangelegenheiten einmischen. „Große Verkehrsprojekte haben eine bundesweite Bedeutung, und deshalb muss sie der Bund mitfinanzieren. Wir brauchen auch Geld für Modernisierungen und nicht nur für Neubauten, weil die Schienenprojekte aus den siebziger und achtziger Jahren alle nachgerüstet werden müssen, etwa bei der Signalsteuerung“, erklärt Maly. Derzeit sei aber nur ein eigenständiger Schienenweg förderfähig. „Das müssen wir hinterfragen. Wir verlegen heute Schienen fast nur noch in verdichteten Räumen. Dort ist aber kein Platz mehr für eigenständige Schienenwege, die abgetrennt von Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern verlaufen müssen, wenn sie gefördert werden sollen“, sagt Maly. Das könne nur noch über bevorrechtigte Ampelsteuerungen erfolgen.

Die Debatte über Tempo 30 sieht Maly differenziert. „Kein Mensch hat je flächendeckend Tempo 30 in Städten gefordert. Es gibt die Diskussion, ob die Regelgeschwindigkeit der Straßenverkehrsordnung auf Tempo 30 abgesenkt wird und die Straßen, auf denen schneller gefahren werden kann, anders ausgeschildert werden. Ich persönlich sehe es ganz pragmatisch. Wir hätten in Nürnberg die Hälfte weniger Schilder, weil zwei Drittel des Stadtgebiets Tempo-30-Zonen sind und nur im restlichen Drittel schneller gefahren werden kann“, sagt Maly. Derzeit gebe es im Vorstand des Städtetags aber keine Mehrheit für Tempo 30. Was man sicher brauche, sei eine Diskussionen über die Tempo-30-Zonen. Einige Regelungen hätten sich überlebt. „Es ist verboten, in solchen Zonen Fahrradwege abzumarkieren, das ist manchmal unsinnig. Nach 20 Jahren Verkehrsberuhigung muss man die Regeln noch mal durchdenken“, meint der OB.

Für den künftigen Städtetagspräsidenten sind die Reform des Föderalismus, die Aufhebung des Kooperationsverbots und die kritische Begleitung der Renovierung großer Finanzierungssysteme die wichtigsten Themen. Malys persönliches Ziel ist, dass Bund und Länder mehr Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung entwickeln: „Es krankt daran, dass Bund und Länder die Städte nicht richtig ernst nehmen.“
 

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