Streit um Corona-Maßnahmen

Maskenverweigerer an Nürnberger Tankstellen: "Es ist schon die Polizei angerückt"

24.9.2021, 07:07 Uhr
Wenn Kunden beim Bezahlen ihrer Tankrechnung keine Maske tragen wollen, stehen Tankstellenmitarbeiter schnell vor einem Dilemma.

© Bernd Wüstneck, dpa Wenn Kunden beim Bezahlen ihrer Tankrechnung keine Maske tragen wollen, stehen Tankstellenmitarbeiter schnell vor einem Dilemma.

Es ist etwa ein Jahr und fünf Monate her: Ende April vergangenen Jahres verkündete Ministerpräsident Markus Söder für Bayern die Einführung einer Maskenpflicht im Einzelhandel. Seitdem ist der Mund-Nasen-Schutz Teil des Alltags, für viele zunächst als buntes Stoffteil mit Herzchenmuster, Paillettenbesatz oder politischer Botschaft, dann als OP- oder FFP2-Maske.

"Wir diskutieren da nicht lange"

Klementina Trajchevska arbeitet zu diesem Zeitpunkt erst seit wenigen Monaten an der Kasse einer Nürnberger Supol-Tankstelle, als sie sich auf einen neuen Typ Kunden einstellen muss: Maskenverweigerer. "Wenn die noch nichts gekauft haben, sagen wir, sie müssen gehen", sagt die Kassiererin. Aber nicht immer ist es so einfach.

"Das Problem ist, dass die Kunden die Ware draußen schon im Auto haben", sagt der Mitarbeiter einer Avia-Tankstelle in Nürnberg, der anonym bleiben will. Abweisen geht nicht, schließlich soll die Rechnung bezahlt werden. Wenn der Kunde dabei keine Maske aufsetzen will, eskaliert die Situation auch mal. "Wir diskutieren da nicht lange", sagt der Tankwart. "Da wird das Kennzeichen notiert" - und wenn der Kunde trotz allem nicht mit Maske zahlen will, rückt die Polizei an.

"Viele sind aggressiv"

So weit ist es bei Trajchevska noch nicht gekommen. Unangenehm sind die Begegnungen trotzdem. "Viele sind aggressiv", sagt die Kassiererin. Das bestätigt auch Derya Kiran, die an der OMV-Tankstelle in der Regensburger Straße arbeitet. "Manche Leute vergessen es, andere wollen nicht", sagt sie. "Wenn man sie dann daran erinnert, werden sie sauer." Vor allem, wenn sie dann vor Ort eine Maske kaufen müssen, die natürlich teurer sei.

"Die Probleme gibt es seit dem ersten Tag", macht der Avia-Tankwart, der anonym bleiben will, klar. Zwar seien neun von zehn Fällen "locker", viele vergäßen die Maske auch einfach im Auto. Andere werden ausfallend, beleidigen, werden aggressiv, fangen Diskussionen an. "Denen sag ich, hör mal, wir machen hier unseren Job, geh nach Berlin und beschwer dich da." Manchmal löst sich der Streit dann in einem Lächeln auf - manchmal aber auch nicht.

Bei Verstößen droht ein Bußgeld

Tankstellenbetreiber haben dabei einen schweren Stand. Sie wollen die Rechnung kassieren und gleichzeig die Regeln einhalten. Zwar wird bei Verstößen gegen die Maskenpflicht nur für den Kunden ein Bußgeld fällig, wie im aktuellen Bußgeldkatalog "Corona-Pandemie" des Freistaats nachzulesen ist. Trotzdem wollen manche Tankwarte nicht als Querulanten dastehen. "Da sind ja auch gerne mal Hilfssheriffs unterwegs, die ihr Handy hochhalten und sagen, hier werden die Regeln nicht befolgt", erklärt der Avia-Mitarbeiter das Dilemma. Dazu kommt, dass bei der Filiale in der Essenweinstraße wegen der Nähe zum Polizeipräsidium auch regelmäßig Polizisten zum Tanken vorbeikommen.

Im Ernstfall setzen die Beamten allerdings selbst auf Deeskalation: In einem Fall sei der Kunde ohne Maske schließlich allein im Laden bedient worden, erst danach wurde der Kassenbereich auch wieder für andere geöffnet. "Handeln mit Augenmaß, das war schon immer unsere Strategie", erklärt Polizeisprecher Rainer Seebauer das Vorgehen. "So konnten wir vieles auch regeln, ohne Bußgelder zu verteilen."

Für die Mitarbeiter an Tankstellen bleibt es trotzdem eine Herausforderung. Während Restaurantbetreiber, Kinobesitzer und Hoteliers Gäste ohne Maske einfach abweisen können, müssen sie die Tankkosten irgendwie eintreiben. Die Stimmung wird hier also besonders schnell aggressiv. "Natürlich gibt es auch die ein oder andere Diskussion", beschreibt etwa Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer beim Hotel- und Gaststättenverband Bayern (Dehoga), die Situation in seiner Branche. Jede neue Maßnahme sei eine Belastung für die Belegschaft. "Für die Zukunft wäre es vielleicht sinnvoll, die Verantwortung mehr hin zum Gast und weg vom Gastgeber zu schieben."

Problem in Städten größer?

Allerdings scheint es auch regionale Unterschiede zu geben. "Hier im ländlichen Raum ist es nicht so schlimm", sagt Manfred George. Er ist stellvertretender Vorsitzender des Tankstellengewerbes in Bayern und betreibt eine Filiale im oberfränkischen Bad Staffelstein. "Wenn einer total uneinsichtig ist, habe ich mein Personal angewiesen zu fragen, was er braucht, dann reichen wir es raus." Denn auch, wenn es selten vorkommt: "Man kann ganz schnell eine Anzeige haben, wenn man solche Leute reinlässt."

Hinweis: In einer früheren Version des Artikels wurde der Eindruck erweckt, dass Tankstellenbetreibern ein Bußgeld droht, wenn Kunden die Maskenpflicht nicht einhalten. Laut dem aktuell gültigen bayerischen Bußgeldkatalog zur Corona-Pandemie (Stand: 3. September 2021) ist dies aber nicht der Fall, sondern nur bei Verstößen gegen die 3G-Regeln; Kunden müssen dagegen sowohl bei Verstößen gegen die Maskenpflicht als auch die 3G-Regeln mit einem Bußgeld rechnen.

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