Sicherheitsbericht

Mehr Gewalt gegen Polizei: Nürnbergs Stadtrat ist empört - OB kündigt Unterstützung an

19.5.2021, 20:14 Uhr
Kollegen eilen einem Beamten zu Hilfe, der bei einer Demonstration - hier in einem anderen Bundesland - von Rechtsextremen attackiert wurde. Gewaltsame Übergriffe auf Polizeibeamte, Feuerwehrleute und Mitarbeiter im Rettungsdienst und sowie andere Ordnungskräfte haben weiter zugenommen.  

© Martin Schutt/dpa Kollegen eilen einem Beamten zu Hilfe, der bei einer Demonstration - hier in einem anderen Bundesland - von Rechtsextremen attackiert wurde. Gewaltsame Übergriffe auf Polizeibeamte, Feuerwehrleute und Mitarbeiter im Rettungsdienst und sowie andere Ordnungskräfte haben weiter zugenommen.  

Dürfen sich die Nürnbergerinnen und Nürnberger wie auch die Besucherinnen und Besucher in der Stadt sicher fühlen? "Ja", fasst der mittelfränkische Polizeipräsident Roman Fertinger die Übersicht über Straftaten und Aufklärungserfolge im vergangenen Jahr zusammen.

Der Rückgang der Kriminalität gegenüber 2019 sei aber nicht allein auf Corona zurückzuführen, erläutert der Behördenleiter. Natürlich wurden schon deshalb weniger Ladendiebstähle angezeigt, weil die Geschäfte monatelang geschlossen waren. Und Wohnungseinbrecher hatten weniger Gelegenheit, ihrem verbrecherischen Handwerk nachgehen, wenn die Leute viel mehr Zeit zuhause verbringen (müssen) als sonst. Sogar das Minus bei Gewaltkriminalität sei zumindest teilweise auf den Ausfall fast aller Großveranstaltungen zurückzuführen.

Um die insgesamt positive Entwicklung zu belegen, wählte Fertinger noch eine größere Zeitspanne: Noch 2016 seien in der Stadt Nürnberg knapp 46.000 Straftaten erfasst worden, 2020 waren es knapp 37.000. Das zieht sich durch verschiedene Deliktsbereiche, seien es Körperverletzungen oder auch schwerer Diebstahl.

Weniger "Straßenkriminalität"

Besonders erfreulich - weil wichtig für das allgemeine Sicherheitsgefühl - ist der Rückgang bei allem, was unter der Rubrik "Straßenkriminalität" zusammengefasst wird. In Zeiten von Ausgangssperren und flächendeckenden Schließungen nicht überraschend, aber auch hier sei bereits seit 2016 ein Minus zu verzeichnen. Im Umkehrschluss soll das natürlich unterstreichen, wie gut und erfolgreich die Nürnberger Polizei arbeitet. Über alle Fraktionsgrenzen hinweg sparten die Stadträtinnen und -räte denn auch nicht mit Anerkennung.

Weniger zufrieden ist die Polizei noch mit der vergleichsweise hohen Zahl von Sachbeschädigungen und Vandalismus, einschließlich der freilich oft schwer aufzuklärenden Graffiti-Schmierereien. Dabei zieht die Stadt mit der Polizei an einem Strang: "Das wird nicht geduldet, wo immer möglich, werden wir auch Schadenersatz einklagen", unterstrich Bürgermeister Christian Vogel mit Hinweis auf die immensen Reinigungskosten.

Besonders besorgniserregend sind freilich die weiterhin steigenden Beleidigungen und wüsten Attacken gegenüber Polizeibeamtinnen und -beamten, aber auch Angehörigen anderer Hilfs- und Rettungsdienste bis hin zum kommunalen Außendienst. "Nürnberg ist da leider ein Schwerpunkt", sagte Fertinger, "im vergangenen Jahr wurden mehr als 500 Kolleginnen und Kollegen im Streifendienst angegriffen". In zwei von drei Fällen seien Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenmissbrauch im Spiel. Bei Großveranstaltungen mit entsprechend starken Polizeikräften sei es dagegen in Nürnberg - anders als beispielsweise in östlichen Bundesländern - bisher kaum zu nennenswerten Attacken gekommen.

OB fordert breite Debatte

Angesichts solcher Tendenzen zur Enthemmung und auch "Verrohung" mahnte Oberbürgermeister Marcus König eine "breite gesellschaftliche Debatte über die Akzeptanz staatlicher Maßnahmen und die unbedingte Geltung des Gewaltmonopols" an. Das gehe aber nur mit "Transparenz bei den Zahlen und den Fakten". Alle Angriffe müssten mit voller Härte verfolgt und geahndet werden. "Wir lassen unsere Polizistinnen und Polizisten nicht im Stich."

Vollen Rückhalt versprach der Leitende Kriminaldirektor Holger Plank aber auch allen, die sich in der Kommunalpolitik engagieren und sich üblen Belästigungen, Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt sehen. Der Kampf gegen den Hass, der aus den Sozialen Netzwerken "trieft", werde als Schwerpunkt gesehen. Parallel dazu kündigte Fertinger auch die Bildung eines neuen Fachdezernats für Cyber-Kriminalität in Nürnberg an.

Junge Kräfte rücken nach

Personell ist wenigstens etwas Entlastung in Sicht: Im Herbst erwartet die mittelfränkische Polizei gut 100 neue, junge Kolleginnen und Kollegen - 30 mehr, als sich in Pension gehen. Mit einer anderen Auswirkung von Corona hat vor allem Herbert Donner zu tun: Er ist seit kurzem neuer Chef der Schutzpolizei in Nürnberg - und mit seinem Stab stark durch Kundgebungen und Demonstrationen gefordert. Allein in den ersten vier Monaten des Jahres habe es bereits fast 500 angemeldete Versammlungen gegeben, dreimal so viele wie Anfang 2020. Dafür gab es weder Stadioneinsätze noch Volksfeste...