Mehr Kameras: Nürnberg weitet Videoüberwachung aus

12.4.2014, 07:57 Uhr
Mehr Kameras: Nürnberg weitet Videoüberwachung aus

© Distler

Diese Zahl ließ Bayerns obersten Datenschützer aufhorchen: Innerhalb von vier Jahren hat sich die Zahl der Videokameras im öffentlichen Raum im Freistaat von 11.000 auf 17.000 Stück erhöht. Der starke Anstieg sei merkwürdig, findet Thomas Petri, Landesbeauftragter für den Datenschutz. Und das ist wohl noch vorsichtig formuliert. Petris Mitarbeiter versuchen herauszufinden, wer über die Stränge schlägt. Regelmäßig verteilt der Datenschützer Rüffel. „Wir haben immer wieder Kommunen dabei, wo wir sagen: abbauen!“

Wie es in Nürnberg aussieht? Petri kann dazu noch nichts sagen. Fakt ist: In der Stadt wird die Videoüberwachung ausgedehnt. An der Zufahrt zur Kongresshalle, an der Kunstvilla, vor Kinderhorten und am Ordnungsamt sind neue Kameras beziehungsweise Klingeln mit Kameras geplant.

Auch an Nürnbergs U-Bahnhöfen sind Kameras installiert.

Auch an Nürnbergs U-Bahnhöfen sind Kameras installiert.

Sogar Schulen rücken in den Fokus. Weil am Schulzentrum Südwest reihenweise Räder gestohlen wurden, sollen die Abstellplätze überwacht werden. Auch der Eingang für die Mitarbeiter der Verwaltung der Berufsschulen 4 und 14 soll in den Ferien per Video beobachtet werden, damit Fremde nicht ins Schulhaus gelangen.

Im Krematorium wird gefilmt

Die städtische Datenschutzbeauftragte Marie Jungnickl hat auf einen Antrag der FDP-Stadtratsfraktion hin einen Bericht über die Videoüberwachung in Nürnberg verfasst. Die ist an mehr Stellen gang und gäbe als bislang bekannt. „Die Museen machen einen großen Teil aus“, sagt Jungnickl. Kulturgüter sollen mit Hilfe von Aufzeichnungen geschützt werden. Deshalb schauen Kameras nicht nur in Ausstellungen zu, sondern auch im Stadtarchiv oder im Handschriftenlesesaal der Stadtbibliothek.

„Daneben gibt es einzelne Kameras zur Überwachung eigener Liegenschaften“, heißt es im Bericht der Datenschutzbeauftragten. Die Liste ist lang.

Kameras haben Kläranlage und Müllverbrennung im Auge. Die Feuerwehr überwacht ihr Gelände. Wer in den Tiergarten will, wird an den Kassen gefilmt. Raubtier-Gehege werden überwacht. Besucher werden zum Teil mit in den Fokus genommen. Auch am Großmarkt stehen Kameras. Gefilmt wird, wer in der Stadtbibliothek am Automaten Bücher zurückgibt. Auch das Parkhaus am Theater wird überwacht. Im Krematorium filmt eine Kamera sogar die Einäscherung.

Umkleiden sind tabu

Die Aufzählung geht munter so weiter: An den Eingängen am Rathaus sind Kameras. Auch an den Zugängen und Kassen der städtischen Schwimmbäder grüßt „Big Brother“. Teilweise werden Sprungtürme, Rutschen oder Außenbecken (Hallenbad Nordost), im Südstadtbad auch das Becken im Innern, das Außengelände und der Spielbereich gefilmt. Da mutet es fast schon beruhigend an, dass in Umkleiden, Duschen oder in der Sauna dann doch nicht gefilmt wird.

Die Stadt führt Sicherheitsgründe an. Im Bayerischen Datenschutzgesetz sind die Voraussetzungen für die Videoüberwachung geregelt. Es müssen Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum von Personen oder Kulturgüter, Verkehrsmittel oder bauliche Anlagen gefährdet sein.


Die Aufzeichnungen werden zwischen 24 Stunden und drei Wochen gespeichert. Die Filme werden laut Jungnickl nur dann gesichtet, wenn es Hinweise auf Diebstahl oder Sachbeschädigungen beispielsweise gibt. Beim Ansehen gelte das „Vieraugenprinzip“. Die beiden Berechtigten erhalten ein zweigeteiltes Passwort, jeder kennt nur seinen Teil. Anders sieht es bei Kameras an Pforten aus. Da können die Mitarbeiter an der Pforte direkt auf die Bilder schauen, aber laut Jungnickl nichts Gespeichertes abrufen.

Auch Polizei und VAG setzen Videoüberwachung ein. Die Bahn will die Überwachung am Hauptbahnhof ausbauen. Und nicht zuletzt bauen viele Unternehmen auf Videoüberwachung. Kameras sind am Stadion und in der Arena, in Apotheken, Tankstellen oder Kaufhäusern installiert. Über das Ausmaß privater Videoüberwachung gibt es keine verlässlichen Zahlen. Unternehmen müssen den Einsatz nirgendwo melden.
 

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