Messerattacke vor der "Rakete": 20-Jähriger vor Gericht

7.8.2018, 17:34 Uhr

Es scheint, als sei Selim B. (Namen der Beteiligten geändert) in der Nacht vor Silvester 2017 von vornherein auf Provokation aus gewesen. Mehrfach soll er im Raucherbereich der Disco "Rakete" im Nürnberger Süden Mehrzad R. angerempelt haben. Als dieser protestierte, soll B. ihn als "Scheiß-Iraner" beschimpft und geschubst haben. Mehrere Umstehende gingen dazwischen und trennten die streitenden Männer. Daraufhin wandte sich R. von B. ab und beachtete ihn nicht weiter. Laut Zeugenaussagen nutzte der 20-jährige Syrer dies für einen gefährlichen Angriff: Mit einem verdeckt gehaltenen Messer soll Selim B. Mehrzad R. von hinten angegriffen haben.

Laut Zeugen rammte B. das Messer in R.s Brust und verfehlte dessen Herz nur knapp. Mehrzad R.s Brustkorbschlagader wurde verletzt, er musste auf dem Weg ins Klinikum Nürnberg Süd künstlich beatmet werden und kam auf die Intensivstation. Erst fünf Tage später konnte er das Krankenhaus verlassen.

Außerdem, so die Anklage, wollte B. in R.s Hals stechen, erwischte aber zweimal dessen Gesicht, durchtrennte ihm einen Kaumuskel und verletzte seine Ohrmuschel. Bis heute hat Mehrzad R. eine große Narbe durch den Angriff.

Tritte vom Krankenbett aus

Als B. zu einem Stich ausholte, traf er außerdem einen nebenstehenden Mann an der Hand. Während der Attacke scheint er sich auch selbst am Arm verletzt zu haben und musste ins Klinikum Fürth. Dort wurde ihm der Haftbefehl eröffnet. Von seinem Krankenbett aus soll der 20-Jährige auf den Rücken eines Polizisten eingetreten haben, der dank seiner schusssicheren Weste unverletzt blieb. Mit größter Mühe fixierten die Beamten den um sich schlagenden Selim B. daraufhin an sein Bett.

Seit Neujahr sitzt Selim B., ein anerkannter Asylbewerber, in Nürnberg in Untersuchungshaft. Den mutmaßlichen Angriff auf Mehrzad R. wertet die Staatsanwaltschaft als heimtückischen Mordversuch in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen. Außerdem wirft die Anklagebehörde ihm Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und zwei tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte vor.

Im Prozess vor der Jugendkammer I des Landgerichts Nürnberg-Fürth schweigt Selim B. (Verteidiger: Reinhard Kotz), ein muskulöser Mann mit welligem Haar, zunächst. Mehrzad R., der wichtigste Zeuge, bleibt der Verhandlung am ersten Tag fern: Wegen eines Umzugs hat er möglicherweise die Ladung nicht bekommen. Außerdem ist die Tatwaffe verschwunden. Ärzte, die R. untersuchten, gehen aber davon aus, dass dieser mit einem Messer mit fünf bis sieben Zentimeter Klingenlänge attackiert wurde. Eine abgebrochene Glasflasche oder Scherbe komme anhand der Verletzungen eher nicht infrage.

Als Selim B. einen Arzt im Zeugenstand befragt, redet er sich beinahe um Kopf und Kragen. "Hätte man, wenn man so zusticht, nicht das Herz treffen müssen?", übersetzt die Dolmetscherin für ihn. Der Mediziner antwortet: "Nein, das Herz wurde nicht getroffen." Selim B., der sich eigentlich noch nicht zu den Vorwürfen äußern wollte, erwidert: "Ich war besoffen und habe einfach zugestochen, ohne nachzudenken." Der Prozess geht weiter.


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