Zweckentfremdungsverbot

Mieter statt Touristen: So will Nürnberg Wohnungen erhalten

15.6.2021, 05:55 Uhr
Nur noch Touristen willkommen, aber keine Mieter? Das soll das Nürnberger Verbot zur Zweckentfremdung verhindern.

© Britta Pedersen/dpa, NNZ Nur noch Touristen willkommen, aber keine Mieter? Das soll das Nürnberger Verbot zur Zweckentfremdung verhindern.

Eine bezahlbare Mietwohnung in Nürnberg zu finden, ist nicht unbedingt einfach. Um die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu entspannen, hatte die Stadt im Mai 2019 ein Zweckentfremdungsverbot erlassen. Seitdem dürfen Mietwohnungen nicht mehr ohne Weiteres beispielsweise in Ferienwohnungen für Touristen oder Arbeiterunterkünfte umgewandelt werden, oder aber langfristig leer stehen.

Auf Antrag von CSU und Linken-Stadtratsfraktion hat Wirtschaftsreferent Michael Fraas (CSU) dem Stadtplanungsausschuss Bericht erstattet, welche Wirkung das Verbot nach zwei Jahren zeigt. Bei insgesamt 147 Wohnungen wurde die zweckfremde Nutzung demnach unterbunden.


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Davon wurden 143 bereits anderweitig genutzt, bei vier weiteren Unterkünften war diese geplant, aber nicht umgesetzt. Es gehe dabei um eine Wohnfläche von über 8.500 Quadratmeter, so der Referent, mehr als 38 Millionen Euro würde es kosten, diese Fläche als geförderten Wohnraum neu zu bauen.

Hinter dieser Zahl steckt viel Arbeit. Insgesamt drei Stellen hat das zuständige Sachgebiet, das die Angaben in Verdachtsmeldungen auswertet, mühsam Informationen zusammenträgt und Wohnungen vor Ort ansieht. Immer wieder reagierten die Vermieter mit Unverständnis und versuchten, Informationen zu verschleiern, berichtet Michael Fraas. In Mails habe es bereits heftige Schmähungen bis hin zu Hitler-Vergleichen gegeben. Umso wichtiger sei es für die Mitarbeiter, den Stadtrat hinter sich zu wissen.

Die Umsetzung des Zweckentfremdungsverbots hat dabei erst begonnen. Insgesamt 947 Wohnungen wurden vom Stab Wohnen bis Ende April erfasst, die meisten als Touristenunterkunft oder wegen Leerstands. 80 Verdachtsmeldungen erwiesen sich als unbegründet, in 38 Fällen konnten Verfahren eingestellt oder Anträge genehmigt werden.

Immerhin 274 Verfahren laufen derzeit, und Meldungen zu 406 weiteren Wohnungen sind noch unbearbeitet. Dies liege daran, wie aufwendig die Arbeit sei, begründet der Wirtschaftsreferent. Daher würden die Mitarbeiter der Stadt priorisieren und zunächst die Fälle bearbeiten, wo die Rechtslage eindeutig oder der Schaden für den Mietmarkt sehr groß sei.

Geht es nach dem Willen der SPD, soll das Zweckentfremdungsverbot nicht die einzige Maßnahme zur Entspannung des Wohnungsmarktes bleiben. Auf Antrag der Fraktion wird derzeit geprüft, inwiefern Tendenzen zu Verdrängung von weniger wohlhabenden Mietern im Stadtgebiet zu beobachten sind. Im Herbst diesen Jahres sollen dazu Zahlen vorgestellt werden. Dann könnte auch die Debatte um eine Erhaltungssatzung an Fahrt gewinnen. Diese soll verhindern, dass die Wohnbevölkerung beliebter Viertel beispielsweise durch starke Modernisierung verdrängt wird.

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