Mit Tracht durch die Nacht?

21.9.2012, 15:00 Uhr

Wer bei Wirke oder C&A aus einer Laune heraus eine Tracht erstanden hat, der trägt die freilich jetzt gern auf – wenn man sich das schon mal geleistet hat, dann will man auch gesehen werden. Flankiert werden die Dirndl vom Landhaus-Stil, der sich jedoch eher bei den älteren Semestern wiederfindet.

Allen ist eins gemein: Bereitwillig zahlen sie geschickt getarnte Bierpreise, die, gemünzt aufs Oktoberfest, alljährlich für Schlagzeilen sorgen. Aber halt nicht hier, weil da bedient man sich einer List, schenkt „halbe Bier“ in 0,4 Litern aus, und ein kleiner Dreisatz ermittelt, dass man sich dann nicht so weit weg befindet von den 9,10 pro Maß auf der Wies’n. Dafür sparen wir uns das Benzin, und der Heimweg ist auch gleich viel schöner, wenn er nach mehreren Stunden schweißtreibend „knallrotem Gummiboot“ und „Sierra Madre del Sur“ nur fünf Minuten dauert.

Ach was, Heimweg! Weiterziehweg! In Tracht vielleicht in die Prinzenbar (Karl-Grillenberger-Straße), da is o’zapft und es darf weitergeschunkelt werden. Oder wir halten das Niveau im Schmelztiegel (Bergstraße) – das macht auch doppelt lustig im Kopf, wenn man seinen Seiher erst den Berg hinaufgehechelt hat, um dann hyperventilierend in den Keller zu steigen. Schon spart man sich die nächste Runde Bier. Die wäre im Hirsch (Vogelweiherstraße) allemal günstiger: „3-2-1“ und los!

Ohne Tracht (und hoffentlich auch ohne Club-Schals): Die „Streetheart Club Session“ in der Muz (Fürther Straße), die dritte Sommerspezialausgabe von „Disko2000“ im Stereo (Klaragasse) sowie das gute alte „Crossfire“ im Nano (Königstraße) und nebendran „Tonkonzum“ in der Kulturkellerei. Für alle anderen bleiben Mach, Indabahn, Goija und Marquée – heißt alles anders, nimmt sich aber nix.

Am Samstag gehen wir dann gemütlich auf dem Herbstmarkt einen Teleskopbesen kaufen. Oder ein Schaffell und eine Gundel-Pfanne, und weil wir dann so schön in heimatlicher Stimmung sind, kaufen wir uns verschämt einen ersten Lebkuchen und finden uns ganz wild dabei.

Wild mit dem Allerwertesten gewackelt wird dann abends wieder im K4 (Königstraße), wenn Herr Hantel seit langem mal wieder seinen „Bucovina Club“ abzieht. Die Trachtenfreunde unter Euch pilgern bitte derweil weit aus der Stadt hinaus, nämlich ins Terminal (Flughafenstraße) zum, hört hört, „Oktoberfest“ oder verirren sich zum Opernball und setzen dem Sicherheitspersonal dezidiert auseinander, dass in Bayern eine Tracht sehr wohl opernballtauglich ist und man sich darob Einlass zu begehren durchaus berechtigt fühlt. Wäre immerhin mal wieder eine gute Gelegenheit, es in die Zeitung zu schaffen.

Wir feiern einstweilen fleißig Geburtstage, nämlich einen großen 9-Jährigen in der Rakete (Vogelweiherstraße), ordnungsgemäß elektronisch und ohne Sperrstunde, und einen kleinen 1-Jährigen im K-Sechs (Hallplatz), das zum krönenden Abschluss der Dreitagesparty nichts Besseres zu tun hat, als sich die Squiek-Night ins Haus zu holen. Und am Sonntag? Geh’ ich nochmal aufs Altstadtfest und schunkle mit meinem Teleskopbesen, das Schaffell um die Schultern geschlungen. Hat ja auch was von Tracht.
 

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