Mord in Gibitzenhof: Lebenslange Haft für Angeklagten

27.7.2016, 11:32 Uhr
Am 13. Januar 2016 verblutete ein Nürnberger (54) in einer Wohnung im Stadtteil Gibitzenhof – hinterrücks erstochen von einem 31-Jährigen. Am Mittwoch wurde der Angeklagte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

© Eduard Weigert Am 13. Januar 2016 verblutete ein Nürnberger (54) in einer Wohnung im Stadtteil Gibitzenhof – hinterrücks erstochen von einem 31-Jährigen. Am Mittwoch wurde der Angeklagte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Am Mittwoch wurde vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth das Urteil gesprochen. Der 31-jährige Angeklagte wurde wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Am Dienstag hatten Staatsanwalt und Nebenklägerin in ihren Schlussplädoyers eine Verurteilung wegen Mordes gefordert. Als ausgebildete Jägerin, so Anwältin Andrea Kühne, könne sie sich die Wucht des Messerstichs  gut vorstellen: Die beiden Männer saßen am frühen Abend in Wohnbereich der Ein-Zimmer-Wohnung in der Nürnberger Südstadt und tranken Bier, plötzlich stand der Angeklagte Jaan S. auf, rammte dem anderen ein 33 Zentimeter langes Küchenmesser in den Rücken, zog es mit einer seitlichen Bewegung wieder heraus und durchtrennte drei Rippen des 54-jährigen Robert E.;  der Mann sei mit einem lauten Stöhnen aufgestanden, habe sich an der Tischplatte festgehalten, dann sei er zu Boden gefallen.

Vier Prozesstage hat die Schwurgerichtskammer eingeplant, um den Mord an dem 54-jährigen Nürnberger aufzuklären. Das Motiv für die Tat liegt noch immer im Dunkeln, obwohl es eine Augenzeugin gibt.

Fassungslos sei sie, über die eiskalte Tat und deren Sinnlosigkeit, sagt Anwältin Kühne, als Nebenklägerin vertritt sie die Töchter (22 und 25 Jahre) des getöteten Robert E. (Namen der Zeugen geändert); die jungen Frauen haben nun beide Elternteile verloren, erst kurz zuvor war die Mutter einer schweren Erkrankung erlegen. An jenem Januar-Abend hatten sie auf ihren Vater gewartet, er wollte helfen, einen Schrank aufzubauen – stattdessen kam die Polizei und überbrachte die Todesnachricht. Die Nebenklägerin geht, ebenso wie Staatsanwalt Matthias Held, von einem heimtückisch begangenen Mord aus.

Eigenwilliges Trio

Es war ein eigenwilliges Trio, das gemeinsam in jener Wohnung im Nürnberger Stadtteil Gibitzenhof lebte: Mieterin war Irene F. (55), sie ließ beide Männer bei sich wohnen – für den in Indien geborenen Angeklagten Jaan S. habe sie mütterliche Gefühle entwickelt, schildert die Zeugin, seit Frühjahr 2015 lebte er bei ihr. Und da sein Asylantrag abgelehnt worden war, erklärte sie Ende August 2015  beim für Jaan S. zuständigen Ausländeramt in Amberg, den Mann wahlweise zu heiraten oder zu adoptieren.

Erklären kann sie sich die Bluttat nicht, so hat Irene F. im Zeugenstand behauptet, vielleicht stritten die Männer um Geld, mutmaßt sie. Gesehen hat sie nach eigenen Angaben nur, wie Robert E. stöhnend aufstand und zu Boden stürzte.

Möglich auch, dass Jaan S. in Robert E. einen Nebenbuhler witterte, doch letztlich ist auch dies pure Spekulation. Doch fest steht: Irene F. störte zunehmend, dass Jaan S. aggressiv auftrat. Und im Herbst 2015 zog auch Robert E. zu ihr – Alkohol sei "das verbindende Element" in dieser Dreiecksbeziehung gewesen, sagt Strafverteidiger Jochen Horn. Er spricht von einer Spontantat, einen Mordplan vermag er nicht zu erkennen – eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren für Totschlag halte er für schuld- und tatangemessen.

Überdies habe eine Haarprobe gezeigt, dass Jaan S. Crystal konsumierte, ein Alkoholproblem kommt hinzu, S. gehöre in eine Entziehungsanstalt.