Kritik aus Nürnberg: Wird München beim Nahverkehr bevorteilt?

12.5.2019, 05:55 Uhr
Kritik aus Nürnberg: Wird München beim Nahverkehr bevorteilt?

© Archivfoto: Karlheinz Daut

Es ist schon wahr, das kann durchaus irritieren. "In München"; sagt Stefan Schuster, "fährt die S-Bahn teilweise unterirdisch. Und in Nürnberg die U-Bahn teilweise oberirdisch." Für den SPD-Landtagsabgeordneten aus Nürnberg ist das freilich nicht nur kurios. Es ist auch ein Indiz.

Schuster kennt sich aus in den beiden Städten; als Abgeordneter nutzt er hier wie dort den öffentlichen Nahverkehr, fährt mit Bussen und Bahnen. Und er kann vergleichen, wo welche Defizite bestehen, wer wann die Nase vorne hat. Wobei er sofort zugibt, dass die Ausgangslage natürlich höchst unterschiedlich sei, schon der Größe der Städte wegen.

Doch manches ist offensichtlich. Münchens Nahverkehrssystem ist weit besser ausgebaut als das Nürnbergs; über Jahrzehnte ist ein Großteil der Fördermittel in die Landeshauptstadt geflossen. Die wusste das zu nutzen, baute das S-Bahnsystem aus und verbannte in der Stadt die Züge unter die Erde. Die U-Bahnen machen mittlerweile an der Stadtgrenze nicht mehr halt, sondern erschließen zunehmend die Vororte.

"Das könnte Nürnberg auch für sich übernehmen", sagt Stefan Schuster, der die Widerstände kennt in den Vorortgemeinden und umliegenden Städten. Doch während in Nürnberg der Ausbau des U-Bahnnetzes stockt, treibt München seine Tunnel voran — und nicht nur den für die zweite S-Bahn-Stammstrecke. Die Stadt sichert sich damit die Fördertöpfe, an denen andere nur nippen. Vor allem aber muss sie nicht auf billigere Varianten wie die oberirdische U-Bahn ausweichen.

Nürnberg liegt hinten

Kritik aus Nürnberg: Wird München beim Nahverkehr bevorteilt?

© Archivfoto: Karlheinz Daut

Nürnberg hinkt zwangsläufig hinterher. Doch immerhin verteilt der Freistaat seine Mittel inzwischen gerecht zwischen den beiden Städten, vom Mammutprojekt zweite Stammstrecke einmal abgesehen. Nicht nur SPD-Mann Schuster fürchtet, dass der Münchner Tunnel weit mehr Mittel binden wird, als der Stadt zustünden, und dass dies auf Kosten anderer Städte gehen werde. Doch noch fehlen belastbare Belege.

365-Ticket wäre neuer ÖPNV-Anreiz

So schießt der Staat auch den Nürnbergern etliche Millionen zu, damit sie ihre Fahrzeugflotte ausbauen und modernisieren können. Das sei, sagt Schuster, "ein Schritt in die richtige Richtung". Zumal im Herbst das 365-Euro-Ticket kommen soll, wenn auch zunächst nur für Schüler und Auszubildende. "Das wird mehr Menschen dazu bringen, dass sie den ÖPNV nutzen", sagt Schuster. Das sei auch so gewollt – "in der Folge aber müssen wir unser Netz weiter ausbauen. Und da wird es schon wieder schwierig für Nürnberg."

Die Stadt sei auf Hilfe von außen angewiesen, vom Land wie vom Bund, glaubt der SPD-Politiker. Das reichere München ist das zwar auch; doch wie gut die Stadt dasteht, zeigt sich an vielen Stellen. Nachts zum Beispiel, wenn Nürnbergs Busse und Bahnen im Depot bleiben, rollen in München die Nachtlinien, fahren Busse und Straßenbahnen im Halb-Stunden-Takt die ganze Stadt ab. Nürnberg kann sich diesen Service nur an den Wochenenden leisten.

In einem Punkt liegt Nürnberg vorne

Für Schuster kein Problem. Das Alter bringe es mit sich, sagt der 59-Jährige, "dass ich in der Nacht nicht mehr unterwegs bin". Die Jüngeren aber sind es. Und die in München ohnehin. Auch das ist Schuster in München übrigens aufgefallen: "Das mit dem ,Rechts stehen’ und .Links gehen’ auf den Rolltreppen klappt dort hervorragend. Bei uns leider nicht." Es könnte natürlich auch an einer fränkischen Eigenart liegen, die nach Schusters Erfahrungen den Münchnern fremd ist: "Bei uns geht es einfach gemächlicher zu. Die Leute nehmen sich eben Zeit."

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