Mut zum Neuaufbruch: Nürnberger Osterkirche feiert das Leben

3.4.2021, 21:05 Uhr
Heike Altenberger setzt sich in der Worzeldorfer Osterkirchengemeinde dafür ein, dass es rund ums Pfarrzentrum grünt und blüht - und auch im übertragenen Sinn und in Krisenzeiten soll hier Neues wachsen und gedeihen. 

© NNZ Heike Altenberger setzt sich in der Worzeldorfer Osterkirchengemeinde dafür ein, dass es rund ums Pfarrzentrum grünt und blüht - und auch im übertragenen Sinn und in Krisenzeiten soll hier Neues wachsen und gedeihen. 

Krokusse, gelbe Narzissen, Blausternchen: Eine bunte Blumenpracht empfängt die Kirchgänger und Besucher des Gemeindehauses. Dazu kommen Sträucher und Stauden. Dass hier möglichst früh schon etwas blüht, war die einzige Vorgabe. "Mir ist dabei auch eine ökologische Auswahl wichtig", sagt Heike Altenberger. Und freut sich, dass ihr Pfarrerin Beate Kimmel-Uhlendorf und der Kirchenvorstand freie Hand lässt.

So kümmert sich die Biologin mit zwei Mitstreiterinnen aus der Gemeinde ehrenamtlich um die Pflege der Anlage. Natürlich verstehen sie ihren Einsatz auch als Beitrag zur Botschaft, dass hier etwas blüht und wächst. Und können nur den Kopf darüber schütteln, wie im Zuge der Gemeindehaussanierung vor ein paar Jahren auch nur der Gedanke aufkommen konnte, statt Beete anzulegen nur Kies auszubreiten. Aber ja: Ohne helfende Hände wäre vielleicht nichts anderes als die Steinwüste übrig geblieben.

An diesem Osterfest aber will die Gemeinde das Motiv mit einer besonderen Aktion aufgreifen: Im Kirchhof soll neues Leben aufblühen, ganz praktisch. Unter dem Motto "100 Gründe, das Leben zu feiern" kann jede und jeder sich überraschen und inspirieren lassen – und andere anstecken. Schon früher hatte die Gemeinde immer wieder mal für Aufsehen gesorgt wie etwa vor sechs Jahren mit einer Talent-Aktion.

In die drückende Pandemie-Zeit passt die neue Osteraktion mehr denn je: "Wir können und dürfen immer wieder neu anzufangen und darauf zu vertrauen, dass mit Gottes Hilfe etwas daraus werden kann", fasst die Pfarrerin den Kern von Karfreitag und Ostern zusammen – und dafür stehe auch die Osterkirche und ihre Gemeinde.

Andere Treffpunkte fehlen

Natürlich nicht nur bei eigenen Projekten wie bei der aufwändigen Um- und Neugestaltung des Gemeindezentrums vor ein paar Jahren, sondern vor allem für den Stadtteil. "Wir verstehen uns hier als lebendiges Zentrum." Zumal es sonst weder kommunale Treffpunkte gebt und in den vergangenen Jahren auch etliche Gaststätten aufgegeben haben. Dabei haben die Lockdown-Regeln – wie überall – das soziale Leben der Gemeinde ziemlich abgewürgt. Ob Bibelstunde oder Tanztreff, Literaturnachmittag, Sprachkurs, Männer- oder Geschichtskreis: "Das ist alles zusammengebrochen und digital nicht aufzufangen", stellt Kimmel-Uhlendorf unumwunden fest.

Zur Hälfte lahmgelegt ist daher auch der Betrieb im Kleinen Laden, den die Gemeinde mitten im Einkaufszentrum betreibt, quasi am Puls des Stadtteils. Nur der Verkauf von Nahrungsmitteln aus fairem Handel und einem ergänzenden Sortiment läuft weiter – und bietet Gelegenheit zu wenigstens kurzen Begegnungen und Gesprächen. Dass wenigstens noch Gottesdienste gefeiert werden dürfen, hält auch die Geistliche nicht für selbstverständlich.

Aber aus vielen Gesprächen wisse sie, wie sehr alle, die kommen können und wollen, das als Anker und Kraftquelle empfinden. Auch deshalb hält sie nicht viel davon, sie einfach abzufilmen und ins Netz zu stellen. "Das gibt es Besseres – das Angebot im Internet und im Fernsehen ist ja reichlich." Die Bereitschaft zur Unterstützung habe unter alledem, jedenfalls bisher, nicht gelitten. Im Gegenteil: Als Helfer gesucht wurden, zum Beispiel um Einkäufe für Nachbarn in Quarantäne zu übernehmen, meldeten sich mehr als genug Freiwillige.

Kreative Jugend

Nicht unterkriegen ließ und lässt sich unterdessen die Jugend – natürlich über Online-Formate, auf die sie mit neuer und zusätzlicher Kreativität setzt. "Wir probieren was aus und bieten Raum für offene Diskussionen, dass sich Jugendliche sich untereinander austauschen und ihren Glauben finden können", betonen Josephine Goldmann und Emily Bussian. Auch Spiele- und Quizabende auf Online-Plattformen gehören dazu – und müssen darüber hinwegtrösten, dass an Gruppentreffen und Zeltlager vorerst nicht zu denken ist.

Kompensieren sollte das zum Beispiel eine "Weltverbesserungschallenge" für die Fastenzeit – mit Vorschlägen für jeden Tag, vom Müllsammeln bis zum Verzicht auf Palmöl. Die Schülerinnen und ihr Team dürfen eigenverantwortlich viel gestalten, sogar große Teile der Vorbereitung auf die Konfirmation. "Ich will wissen, was passiert, aber ich muss nicht alles in der Hand haben", meint die Pfarrerin. Das Vertrauen lohnt sich: Die offene Atmosphäre wissen gerade Jugendliche zu schätzen – über die Konfirmation hinaus.

"Zur Hoffnung berufen"

Freilich profitiert die Osterkirchengemeinde dabei davon, dass in Worzeldorf und Herpersdorf als ziemlich homogenen Wohngebiete auch jüngere Familien stark vertreten sind. So können hier im Herbst mehr als 30 Mädchen und Jungs konfirmiert werden – mehr als in den meisten anderen Gemeinden der Stadt. Als prägend empfinden Aktive wie der Musiker Joachim Roller und Brigitte Schön, die sich seit Jahren im Kleinen Laden engagiert, die Devise "Zur Hoffnung berufen", die der damalige Landesbischof Johannes Hanselmann der Gemeinde zur Einweihung ihrer Kirche 1978 auf den Weg mitgab.

Das Leitwort schlug schon den Bogen zum Evangelischen Kirchentag im darauf folgenden Jahr. "Damals haben wir Gäste aus allen anderen deutschen Osterkirchengemeinden eingeladen", erinnert sich Hans Bosch, der 1968 als erster Pfarrer nach Worzeldorf gekommen war, die Gemeinde jahrzehntelang betreute – und ihr auch im Ruhestand die Treue hält. Inzwischen rückt der nächste Kirchentag in Nürnberg näher. Den hofft er, in gut zwei Jahren, unbedingt noch mitzuerleben.

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