Nach Aus für Gelben Sack: In Nürnberg droht Tonnen-Ärger

7.10.2019, 07:07 Uhr
Nach Aus für Gelben Sack: In Nürnberg droht Tonnen-Ärger

© Foto: Günter Distler

Rund 18.000 Gelbe Tonnen hat die Entsorgungsfirma Hofmann seit Ende September in Nürnberg aufgestellt. Die meisten in der Altstadt. Doch viele Häuser haben keinen Platz für eine zusätzliche Mülltonne. Und die Hausbesitzer wurden nicht darüber informiert, dass die Gelbe Tonne anrollt. Jetzt stehen zig Gefäße auf den Bürgersteigen, erlaubt ist das nicht. Schön anzusehen auch nicht. Schon werden Rufe laut, es doch lieber beim Gelben Sack zu belassen.

Dünnhäutig und schmuddelig: Das schlechte Image des Gelben Sacks führte dazu, dass sich der Stadtrat von ihm verabschiedete. Gelbe Tonnen sind eine saubere Lösung, so die Hoffnung. Doch bis jetzt ist die Umstellung von Sack auf Tonne mit gelbem Deckel für viele vor allem eins: das reine Chaos.

Zunächst bestückte die Büchenbacher Firma Hofmann die Altstadt. "Die Gelbe Tonne wurde uns unangekündigt vors Haus gestellt", erzählt ein Immobilienbesitzer aus dem Sebalder Teil. Ganz nach dem Motto "Friss oder stirb" müsse er jetzt sehen, wo er das 240 Liter-Gefäß für das Acht Parteien-Haus unterstellt. Der Müllraum sei mit Restmüll- und Altpapiertonne bereits voll. Jetzt steht das Gefäß für die Plastikverpackungen eben auf dem Gehsteig.

Keine "Abfallpolizei"

"Wir müssen es wieder abholen lassen", resümiert der Eigentümer. Das geht, niemand ist gezwungen, die Gelbe Tonne zu benutzen. "Aber dann müssen die Mieter den Plastikmüll zum Wertstoffhof fahren, das ist ökologisch totaler Irrsinn." Er rate deshalb seinen Mietern dazu, die Plastikverpackungen einfach mit in der Restmülltonne zu versenken.

Erlaubt ist das nicht, aber eine "Abfallpolizei" gebe es auch nicht, heißt es beim städtischen Abfallwirtschaftsbetrieb. Dort ist man nicht begeistert davon, wie die Firma Hofmann die Gelbe Tonne in Nürnberg einführt. Die Aufstellung verlaufe "kostenoptimiert". Markus Biersack von der Friedrich Hofmann Betriebsgesellschaft mbH kontert: "Die Stadt wollte, dass wir in der Altstadt schon im September mit der Auslieferung der Tonnen beginnen." Es sei schwer gewesen, so schnell genug Gefäße herzukriegen. Zeit, um die Hausbesitzer per Post über die Umstellung zu informieren, blieb nicht. Mittlerweile werden bereits weitere Stadtteile von Hofmann bestückt, "dort gingen über 60.000 Briefe an Hauseigentümer raus", sagt Biersack. Auch auf Wunsch der Stadt, wie er ergänzt. Und billig sei die Info-Post nicht.

"Sie orientieren sich an Kleinstädten"

Rita und Hans Peter Ensinger gehören zwei Häuser in der Ludwig-Feuerbach-Straße im Stadtteil Rennweg. Sie haben keine Post von Hofmann bekommen. Mieter teilten ihnen mit, dass plötzlich eine Gelbe Tonne vor dem Haus stand. "Gehört es sich nicht, über so etwas informiert zu werden?" fragt Rita Ensinger. Platz gebe es im Hof nicht, der sei mit 14 Fahrrädern und den anderen Mülltonnen gut ausgelastet. "Also wohin mit der gelben Tonne?"

 

Nach Informationen aus der Stadtverwaltung gehört es laut Ausschreibung zu den Aufgaben der Firma Hofmann, die Hauseigentümer zu informieren. Das Unternehmen gehe aber mit "einer Mischung aus Naivität und Kostenersparnis" zu Werk. "Sie orientieren sich an Kleinstädten, in denen die Leute die Tonnen schon von der Straße auf ihr Grundstück schieben, aber in der anonymen Großstadt funktioniert das so nicht."

Einige wollen den Sack zurück

Wer die Gelbe Tonne nicht will, kann sie von Hofmann kostenlos wieder abholen lassen. 217 solcher "Rückläufer" gebe es bisher, sagt Markus Biersack. Am vergangenen Freitag haben die Hofmann-Mitarbeiter die ersten Gefäße wieder eingesammelt. Ab Montag werden auch verstärkt die Gelben Tonnen abgeholt, die unerlaubterweise immer noch auf Gehwegen stehen. Auch darüber werden Eigentümer oder Mieter nicht vorab informiert.

Wenn dann die Gelbe Tonne ebenso überraschend wieder verschwunden ist, wie sie auftauchte, sind die Mieter gezwungen, Plastikverpackungen zum Wertstoffhof zu fahren. Das ist eine der Nebenwirkungen des neuen Systems, die viele wurmt. "Warum verstärkt man nicht einfach die Gelben Säcke und holt sie alle sieben Tage ab?" fragt ein User auf der Facebook-Seite der NN-Lokalredaktion. Er ist nicht der einzige, der am liebsten den Sack zurück hätte.

Behälter zu klein

In der Altstadt werden die Gelben Tonnen bereits geleert – wenn sie genutzt werden. Denn als hätte es die Systemumstellung nicht gegeben, lagen in den letzten Tagen wie gehabt viele Gelbe Säcke herum. "Wir holen sie auch noch bis Mitte Januar ab", sagt Biersack. Aus Kulanz.

In allen anderen Stadtteilen werden die Gelben Tonnen erst ab 1. Januar 2020 geleert. Dass sie bereits jetzt aufgestellt werden, stößt ebenfalls bei der Stadt auf Kritik. "Das ist doch den Leuten nicht zu vermitteln, dass sie die Tonnen jetzt schon auf dem Grundstück stehen habe, aber erst in drei Monaten nutzen können", ist dort zu hören.

Dass viele die Gelbe Tonne auch viel zu klein finden, um den sperrigen Verpackungsmüll aufzunehmen, erscheint bei all dem Zwirl nur noch wie ein Petitesse am Rande. Die Größe der Gelben Tonne orientiert sich an der Restmülltonne eines Hauses. "Es kann aber jederzeit ein zusätzliches oder größeres Gefäß bei uns bestellt werden", sagt Biersack. Im übrigen führe Hofman nur aus, was die Stadt aufgetragen habe. Und dort heißt es auf Nachfrage: Die Entsorgung des Mülls mit dem Grünen Punkt ist eine privatwirtschaftliche Sache. Nicht unsere.

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