Hygienekonzepte stehen

Bordelle geschlossen, aber: Hinter Nürnbergs Frauentormauer werden wieder Geschäfte gemacht

29.6.2021, 17:27 Uhr
Obwohl Bordelle offiziell immer noch geschlossen haben, werden hinter der Nürnberger Frauentormauer wieder Freier empfangen.

© Roland Fengler Obwohl Bordelle offiziell immer noch geschlossen haben, werden hinter der Nürnberger Frauentormauer wieder Freier empfangen.

Nach mehreren Monaten Unterbrechung werden an der Frauentormauer wieder Geschäfte gemacht. Obwohl Bordelle geschlossen haben müssen, wie die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung bestimmt. Demnach ist seit Mittwoch nur der Betrieb von kleineren "Prostitutionsstätten" erlaubt. Wie kann das sein?

Der Unterschied zwischen beiden Betriebsarten ist, dass sich in Bordellen, wie auch in Laufhäusern oder Saunaklubs, viele Personen gleichzeitig aufhalten. Ähnlich wie in einer Disko. In Prostitutionsstätten befinden sich entsprechend weniger Menschen. "Aber im Prinzip darf alles wieder öffnen", sagt Manuela Göring vom Verein Kassandra, der Beratungsstelle für Prostituierte.

Gemeinschaftsräume sind zu

Der Dreh in Nürnberg: Auch größere Betriebe, wie sie hinter der Frauentormauer häufig sind, dürfen Kunden empfangen, wenn sie vorab eine Terminvereinbarung anbieten und über ein Hygienekonzept verfügen. Zudem muss ein 1:1-Kontakt gewährleistet sein. In den großen Clubs seien lediglich die Gemeinschaftsräume geschlossen, "dort gibt es nur Zimmerbetrieb", erklärt Göring. "Das heißt also, der Kunde muss einen Termin ausmachen, er wird an der Haustür abgeholt und danach wieder zur Tür gebracht."

Robert Pollack, Abteilungsleiter des Nürnberger Ordnungsamts, betont: "Der herkömmliche Laufhausbetrieb ist nicht zulässig." Die Sexarbeiterinnen müssen die Kontaktdaten der Kunden erfassen und eine medizinische Maske tragen – soweit es „die Art der Leistung“ zulässt, so das bayerische Gesundheitsministerium.

Das Nürnberger Gesundheitsamt erwartet in den nächsten zwei Monaten einen regelrechen Ansturm von hunderten Prostituierten. Norbert Kellermann, Leiter der Fachstelle für sexuelle Gesundheit, rechnet mit 500 bis 850 Menschen, die sich jetzt für die Arbeit in einer Prostitutionsstätte beraten lassen möchten. Sexarbeiterinnen wollen sich nun möglichst schnell anmelden, um ihre Tätigkeit anbieten zu können. Eine Anmeldung bekommt aber nur, wer sich einmal jährlich gesundheitlich beraten lässt. Unter-21-Jährige werden jedes halbe Jahr beraten.

Vor dem coronabedingten Betriebsverbot leistete das Gesundheitsamt 800 bis 1.200 solcher Beratungen – verteilt über das ganze Jahr. Denn viele der Prostituierten reisen regelmäßig neu aus den Nachbarländern ein, arbeiten in Nürnberg einige Wochen und reisen dann wieder aus. Daraus ergeben sich die Schwankungen der Anmeldungen.

Viele der schon jetzt tätigen Prostituierten verfügen über einen alten Ausweis, der noch gültig ist. Oder der Ausweis wurde in einem anderen Bundesland oder in einer anderen Stadt während des Lockdowns ausgestellt, erklärt Beraterin Göring.

Schwierige Zeiten

Die letzten Monate seien für Sexarbeiterinnen finanziell eine sehr schwere Zeit gewesen. "Die mussten acht Monate ohne Einkommen überbrücken, wer kann das schon? Wir von Kassandra haben viel zum Thema Existenzsicherung beraten, diese Frauen sind ja alles Solo-Selbstständige. Viele haben Hartz IV erhalten, aber bei einigen ging auch das nicht."

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