Nach Feuerlöscher-Wurf auf U-Bahn: Club-Fan vor Gericht

6.7.2015, 16:23 Uhr
Am 11. August 2014 soll der Angeklagte einen Feuerlöscher auf die Fahrerkabine eines entgegenkommenden U-Bahn-Zuges geworfen haben.

© Paul Brodnjak Am 11. August 2014 soll der Angeklagte einen Feuerlöscher auf die Fahrerkabine eines entgegenkommenden U-Bahn-Zuges geworfen haben.

Treffen der 1. FC Nürnberg und die Spielvereinigung Greuther Fürth aufeinander, wird dies als Risikospiel eingestuft. Vor dem Derby am 11. August 2014 kochten die Emotionen besonders hoch. Vor allem junge Männer, die Pyrotechnik und Drohgebärden für Fan-Kultur halten - die Wochenzeitung Zeit titulierte diese Halbstarken einmal als „Zigarettenbürschle“ -, trafen sich an jenem Nachmittag zum martialischen Marsch vom Nürnberger Hauptmarkt Richtung U-Bahnhof Weißer Turm.

Diese „Fans“ skandierten hässliche Parolen, ließen Knaller explodieren und vernebelten die Luft mit Rauchbomben. Gäste von Straßencafés verdrückten sich - die Straßen gehörten den Schlachtenbummlern. Die Stimmung war aggressiv und aufgepeitscht. Um die Sicherheit der normalen Fahrgäste nicht zu gefährden, setzte die VAG Sonderzüge ein. Ohne Stopp ging es bis zur Stadthalle in Fürth.

In diesen Sonderzug stieg gegen 17 Uhr auch der 24-jährige Nürnberger, den die Staatsanwaltschaft für jenen Club-Fan hält, der aus einem demolierten Fenster einen Feuerlöscher auf eine entgegenkommende U-Bahn schleuderte - bereits vier Tage nach dem Anschlag wurde der Mann geschnappt. Die Soko „Derby“ kam ihm aufgrund von Zeugenaussagen, Fingerabdrücken im Zug und auf dem Feuerlöscher auf die Spur. Seither sitzt der mutmaßliche Täter in Untersuchungshaft und schweigt zu den Vorwürfen, bisher hat sich auch sein Verteidiger Iñigo Schmitt-Reinholtz öffentlich nicht geäußert.

Es steht viel auf dem Spiel in diesem Verfahren - denn grundsätzlich sieht das Gesetz für einen Mordversuch dieselbe Strafe vor wie für einem vollendeten Mord, also lebenslang. Doch das Gesetz erlaubt, von einer lebenslangen Strafe abzusehen. Und davon wird in der Regel Gebrauch gemacht.

Die Staatsanwaltschaft ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass sie die hässliche Attacke vor dem Derby für einen hinterhältigen Anschlag hält, und nun sieht die Anklagebehörde das Mordmerkmal der Heimtücke erfüllt.

Randale im Waggon

Die Ermittler sind sicher, dass der 24-Jährige und andere „Fans“ in dem Waggon randalierten - und zwar sofort, als sich der Zug an der U-Bahnhaltestelle Weißer Turm in Bewegung setzte. Die Chaoten zertrümmerten vier Fensterscheiben, der 24-Jährige soll die Verglasung eines Türflügels zerstoßen haben. Schon vorher hielten es einige im Zug für eine gute Idee, im Tunnel und in Bahnhöfen Böller aus den gekippten Oberlichtern zu werfen.

Angeblich fand es der 24-Jährige lustig, mit dem Feuerlöscher aus dem demolierten Fenster zu sprühen. Als der leer war, wurde der Feuerlöscher aus dem Fenster geworfen - vielleicht, weil der Sprüher das Beweisstück loswerden wollte, meint Rechtsanwalt Schmitt-Reinholtz. Die Anklage unterstellt dagegen, dass der 24-Jährige den Feuerlöscher zwischen den U-Bahnhöfen Eberhardshof und Muggenhof - dort fährt die U-Bahn oberirdisch - gezielt auf die Frontscheibe der entgegenkommenden U-Bahn schleuderte.

Urteil Ende August erwartet

Es ist genau diese Fragen, die zentral in der Beweisaufnahme des Prozesses werden dürfte. Derzeit rechnet die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth mit zwölf Verhandlungstagen, das Urteil wollen die Richter nach derzeitiger Planung Ende August sprechen.

Das Wurfgeschoss prallte zwar von der Scheibe ab, doch im Inneren der Kabine lösten sich Glasscherben. Die Zugführerin erlitt Schnittwunden im Gesicht und an den Armen.

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