Nach Hanau: Ist es verwerflich, jetzt Fasching zu feiern?

24.2.2020, 13:52 Uhr
Nach Hanau: Ist es verwerflich, jetzt Fasching zu feiern?

Dass Feiern nämlich nicht heißen muss, die dramatischen Geschehnisse und die gefährlichen politischen Wucherungen zu ignorieren, zeigte mit seiner AfD-Kritik etwa Peter Kuhn am Veitshöchheimer Fasching, in Narrenhochburgen wie Köln sollen heute sogar Motivwagen zum Thema Hanau fahren. Am eindrücklichsten aber war die Büttenrede des rheinischen Messdieners Andreas Schmitt, der mit seiner Wutpredigt gegen Rechts bei der ZDF-Schau "Mainz bliebt Mainz, wie es singt und lacht" einen Tag nach den Schüssen von Hanau zum Internethit wurde.

Der beleibte Endfünfziger begann mit kleinen Sticheleinen und redete sich dann in Rage. "Die Demokratie, die werden wir schützen, eure Gesinnung wird euch nix nützen. Unsere Kinder werden nicht mehr für euch erfrieren, auf keinem Schlachtfeld mehr krepieren, und auch nicht kämpfen bis zuletzt, während ihr euch in den Führerbunker setzt."

Damit war er noch lang nicht fertig: "Solltet ihr für jedes Nazi-Opfer eine Schweigeminute gestalten, müsstet ihr 38 Jahr‘ lang eure Schandmäuler halten. Es war millionenfacher Völkermord, ihr braunen Wichte, und kein Vogelschiss der deutschen Geschichte. Die Morde von Hanau, die Schüsse auf die Synagoge in Halle – ob Juden, Christen, Muslime, das war ein Angriff auf alle. Wir leben hier zusammen, die Demokratie wird triumphieren, dieses Land werdet ihr niemals regieren!"

Als Spaßbremse nimmt Schmitt, der im normalen Leben SPD-Stadtrat von Nieder-Olm und Mitarbeiter in der EDV-Abteilung des Bischöflichen Ordinariats Main ist, an diesem Abend keiner wahr. Im Gegenteil: Waschweiber, Superhelden und Ölscheichs, die zuvor noch trunken schunkelten, reißt seine Rede von den Plätzen. Applaus auch via Internet, You-Tube-Star Rezo nennt Schmitt nach dessen Auftritt gar einen "nicen Typ".


Demo in Nürnberg: Schweigeminute für Opfer in Hanau


Die Angegriffenen selbst schimpfen ihn stattdessen "Dummbabbler" und "Volksverhetzer". Dem Karneval jedenfalls hat Büttenredner Schmitt mit seinem polternd-leidenschaftlichen Auftritt einen Gefallen getan. Mit seinem: "Ihr nehmt uns die Freiheit nicht!" macht er klar: Weder lassen wir uns durch islamistischen Terror von Weihnachtsmärkten verjagen, noch wird rechtes Gedankengut uns die Freude am Feiern austreiben.

Verwandte Themen


5 Kommentare